Der UN-Sicherheitsrat hat am 12. Dezember 2025 die Al-Shabaab-Sanktionen gegen Somalia verlängert und die Arbeit des zuständigen Expertengremiums fortgeschrieben. Mit Resolution 2806 (2025) werden zentrale Elemente des Sanktionsregimes fortgeführt, darunter das Mandat des Panels of Experts bis Ende 2026 sowie die maritime Kontrolle zur Durchsetzung des Waffenembargos, des Holzkohle-Exportverbots und des Verbots von Komponenten für improvisierte Sprengsätze. Zugleich präzisiert die Resolution die Anforderungen an Waffenlieferungen nach Somalia, indem sie die Rolle der Bundesregierung in Mogadischu bei Notifizierung und Koordinierung stärker betont.
Resolution 2806 (2025): Verlängerung von Panel of Experts und maritimer Kontrolle
Der Sicherheitsrat verlängerte die Mandatsdauer des Panels of Experts, das den Sanktionsausschuss 2713 zu Al-Shabaab unterstützt, bis zum 31. Dezember 2026. Der Rat will das Mandat des Panels zudem bis zum 30. November 2026 überprüfen. Parallel verlängerte der Sicherheitsrat bis zum 30. November 2026 die Autorisierung für maritime Interdiktion, um das Embargo gegen illegale Waffenimporte, das Verbot von Holzkohle-Exporten sowie das Verbot von Komponenten für improvisierte Sprengsätze durchzusetzen. Andere Elemente des Regimes, darunter allgemeine und gezielte Waffenembargo-Bestimmungen, Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten, bleiben demnach ohne feste Befristung bestehen.
Wie Security Council Report berichtet, war der Verhandlungsprozess zur Resolution ungewöhnlich konfliktgeladen. Der von Großbritannien als „Penholder“ vorgelegte Text durchlief mehrere Runden mit „Silence Procedure“, die von verschiedenen Staaten und Gruppierungen gebrochen wurden. Erst nach bilateralen Gesprächen wurde der Text in einer überarbeiteten Fassung „in blue“ gestellt und anschließend zur Abstimmung gebracht.
A3+ und Somalias Forderung: Sanktionen enger auf Al-Shabaab zuschneiden
Ein zentrales Motiv der Verhandlungen war der Wunsch Somalias, das Sanktionsregime stärker auf Al-Shabaab als Entität zu fokussieren und gleichzeitig der Bundesregierung Somalias größere Autorität über den Zufluss von Waffen und militärischer Ausrüstung zu geben. Nach Darstellung von Security Council Report wurde diese Linie maßgeblich von der A3+-Gruppe geprägt, bestehend aus Algerien, Sierra Leone, Somalia und Guyana. Unterstützung erhielt die Stoßrichtung demnach unter anderem von China, Pakistan und Russland.

Im Kern zielte Somalias Position auf eine „Rekalibrierung“ des Regimes: Das Instrumentarium solle wirksamer gegen Al-Shabaab sein, zugleich müsse Mogadischu den Zufluss von Waffen nach Somalia stärker kontrollieren können.
Diese Debatte berührte sowohl den Umgang mit zusätzlichen Kontrollen zur Verhinderung von Waffenbeschaffung durch Al-Shabaab als auch die Frage, wie Lieferungen an föderale Gliedstaaten und private Sicherheitsunternehmen reguliert werden.
Technische Bewertung des Waffenembargos: Streit über Prüfmaßstab und Zuständigkeit
Eine der umstrittensten Passagen betraf die Frage, unter welchen Voraussetzungen zusätzliche Kontrollen gelockert oder aufgehoben werden könnten. Laut Security Council Report hatte Großbritannien zunächst vorgeschlagen, dass der Rat beabsichtige, diese Maßnahmen „gegebenenfalls“ auf Grundlage einer technischen Bewertung des Waffenembargos und nach Bestätigung zu beenden, dass notwendige Gesetze, Regeln und administrative Verfahren etabliert seien.
Mehrere Ratsmitglieder, darunter Frankreich, Griechenland, Slowenien, Dänemark und die Republik Korea, drängten darauf, dass der Sicherheitsrat die zentrale Rolle bei der Entscheidung über Änderungen behalten müsse. Sie verwiesen darauf, dass eine technische Bewertung eine sachliche Grundlage liefern solle. Andere Mitglieder, darunter Frankreich und die USA, setzten sich dem Bericht zufolge dafür ein, dass der Text nicht nur „aufheben“, sondern auch „revidieren“ als Option abbildet, um das Spektrum möglicher Anpassungen zu erweitern.
Demgegenüber lehnte die A3+-Gruppe nach Darstellung von Security Council Report die Anforderung einer technischen Bewertung ab. Stattdessen sollte es ausreichen, wenn die Bundesregierung Somalias bestätigt, dass die erforderlichen gesetzlichen und administrativen Voraussetzungen geschaffen sind. Um die Gegensätze zu überbrücken, wurde im Text in blue laut Bericht eine Kompromissformel verankert: Der Sicherheitsrat beabsichtige, die Maßnahmen zu „überprüfen“, informiert durch Berichte einschließlich einer technischen Bewertung, und auf Basis seiner eigenen Bewertung über eine Aufhebung zu entscheiden, sofern Voraussetzungen erfüllt sind. Der Versuch einzelner Staaten, zusätzlich den Begriff „implementiert“ neben „etabliert“ aufzunehmen, scheiterte laut Bericht am Widerstand der A3+-Gruppe und wurde wieder gestrichen.
Private Sicherheitsunternehmen: Notifizierung oder vorherige Zustimmung?
Ein weiterer Verhandlungsschwerpunkt war die Regelung für private Sicherheitsunternehmen (Private Security Companies, PSCs), die Waffen nach Somalia importieren. Somalia und die A3+-Partner setzten sich laut Security Council Report für mehr nationale Kontrolle ein. PSCs sollten nicht nur die Bundesregierung informieren, sondern vor dem Import eine vorherige Zustimmung Mogadischus einholen müssen. Diese Position wurde als Teil einer breiteren Strategie beschrieben, alle Waffenströme im Land unter föderale Regulierung zu bringen.
Einzelne Ratsmitglieder äußerten dem Bericht zufolge Vorbehalte mit Blick auf Sicherheitsbedürfnisse diplomatischer Missionen und auf PSCs, die für solche Schutzaufgaben vertraglich gebunden sind. Als Kompromiss wurde die Formulierung aufgenommen, die Bundesregierung zu ermutigen, sicherzustellen, dass PSCs die erforderliche Genehmigung einholen, bevor sie Waffen, Munition oder militärische Ausrüstung importieren. Zudem wurden die Regelungen zur Notifizierung von Lieferungen an föderale Gliedstaaten oder lizenzierte PSCs so präzisiert, dass Notifizierungen der Bundesregierung eine „angemessene Überprüfung und Erwägung“ ermöglichen sollen.
Maritime Interdiktion und Somalias Souveränität
Im Abschnitt zur maritimen Interdiktionsautorisation war nach Darstellung von Security Council Report zunächst eine Formulierung vorgesehen, wonach die maritimen Maßnahmen Somalias souveränes Recht nicht beeinträchtigen sollten, bilateral maritime Sicherheitskooperationen mit Mitgliedstaaten einzugehen. Im Entwurf in blue blieb diese Passage erhalten, allerdings wurde auf Wunsch Somalias der Zusatz „gegebenenfalls“ entfernt. Diese Änderung unterstreicht die Sensibilität des Rats für Souveränitätsfragen, die in den Verhandlungen wiederholt als Argument gegen als zu weit empfundene Konditionalitäten genutzt wurden.
Panel of Experts: Mandat gestrafft, Zusammensetzung geändert, thematische Berichte reduziert
Die Resolution verändert nach Angaben von Security Council Report auch die Arbeitsweise des Panels of Experts. Der ursprüngliche Entwurf sah eine gestraffte Mandatsbeschreibung und eine Anpassung der Zusammensetzung vor. Die Zahl der Expertinnen und Experten wurde demnach auf fünf festgelegt, während frühere Panels aus sechs Mitgliedern bestanden. Außerdem wurde klargestellt, dass Panelmitglieder „angemessen“ stationiert sein sollten, unter Berücksichtigung der Anforderungen der Mandatsumsetzung und administrativer Erfordernisse.
Besonders umstritten war eine Bestimmung, die das Panel zu aktiver Kooperation mit anderen Sanktionsregimen und deren Expertengremien anhalten sollte, insbesondere bei der Untersuchung gelisteter Gruppen mit regionaler Präsenz. Die A3+-Staaten sowie China, Russland und Pakistan wollten diese Bestimmung laut Security Council Report streichen, um den Fokus strikt auf Al-Shabaab zu begrenzen. Die Passage wurde im Verlauf der Verhandlungen entfernt.
Auch bei der Berichterstattung gab es Auseinandersetzungen. Die A3+-Gruppe argumentierte laut Bericht, thematische Berichte seien entbehrlich, da bereits Zwischen- und Abschlussberichte existierten. Großbritannien und weitere Mitglieder hielten dem entgegen, solche Berichte seien hilfreich für die Entscheidungsfindung des Rates. Der Kompromiss sah demnach vor, nur einen thematischen Bericht bis zum 30. Juni 2026 anzufordern, statt mindestens zwei, wie ursprünglich geplant.
Kinder, Waffenströme und der Verweis auf Jemen

Wie Security Council Report darlegt, stritten die Mitglieder auch über Formulierungen zu Waffen- und Munitionsflüssen von Jemen nach Somalia. Einige Mitglieder wollten die Sprache verschärfen, um etwa Ausbildung von Al-Shabaab-Kämpfern in Jemen deutlicher zu verurteilen. Andere Mitglieder setzten sich dafür ein, die bereits in einer früheren Resolution enthaltene Formulierung beizubehalten. Im Entwurf in blue wurde schließlich die Sprache aus der vorangegangenen Resolution beibehalten.
China schlug laut Bericht außerdem vor, eine Passage zu streichen, die das Panel um Empfehlungen an den Sanktionsausschuss bittet, wie die somalische Regierung bei der Bearbeitung von Verstößen gegen Kinder unterstützt werden kann. Begründet wurde dies damit, dass das Mandat thematisch dem Sonderbeauftragten für Kinder und bewaffnete Konflikte zugeordnet sei. Mehrere Mitglieder, darunter Griechenland und Slowenien, plädierten für den Erhalt der Passage, die im Endtext nach Darstellung von Security Council Report beibehalten wurde.
Sexualisierte Gewalt: Streit um Begriffe und Expertisen im Panel
Kontrovers verliefen nach Angaben von Security Council Report auch Passagen zu sexualisierter Gewalt. Die USA verlangten demnach, konsistent mit ihrer Position seit Januar 2025, die Entfernung des Begriffs „gender“. Russland wollte zudem die Formulierung streichen, die das Panel auffordert, Gender als Querschnittsthema in Ermittlungen und Berichten zu behandeln. Andere Mitglieder, darunter Dänemark und Slowenien, wollten die Bezüge erhalten. Der schließlich gefundene Text fordert nach Darstellung des Berichts den Generalsekretär auf, entsprechende Expertise im Panel vorzusehen, im Einklang mit Resolution 2467 vom 23. April 2019, und verlangt, dass diese Expertise in allen Aspekten der Untersuchungen und Berichte angewandt wird.
Einstimmige Annahme: Mitgliedstaaten sollen Schmuggel verhindern, Lieferungen nur mit Koordinierung und Notifizierung

In der späteren Darstellung zur Annahme der Resolution heißt es, der Sicherheitsrat habe die Sanktionen gegen Waffenlieferungen nach Somalia bis zum 30. November 2026 verlängert und die Autorisierung zur Abfangung entsprechender Lieferungen bekräftigt. Der Rat rief Mitgliedstaaten auf, „angemessene Schritte“ zu unternehmen, um Waffenschmuggel nach Somalia zu verhindern.
Zugleich betonte der Sicherheitsrat, dass Lieferungen von Waffen, Munition und militärischer Ausrüstung an Somalia nur in Koordinierung mit der Bundesregierung Somalias und mit vorheriger Notifizierung an diese erfolgen dürfen, damit eine „angemessene Überprüfung und Erwägung“ möglich ist. Für Lieferungen an föderale Gliedstaaten und an lizenzierte private Sicherheitsunternehmen soll der liefernde Staat ebenfalls die Bundesregierung informieren, wiederum mit dem Ziel, eine Überprüfung zu ermöglichen. Der Rat erklärte zudem seine Absicht, die Bestimmungen der Resolution zu überprüfen und zu revidieren und spätestens bis zum 30. November 2026 über Verlängerung oder Änderung zu entscheiden.
Reaktionen im Rat: UK, Russland, China und USA setzen Akzente
Nach der einstimmigen Annahme äußerten mehrere Delegationen spezifische Schwerpunkte.
Der Vertreter des Vereinigten Königreichs sagte, die Resolution enthalte ein starkes Maßnahmenpaket, um Al-Shabaab zu schwächen. Er erklärte zudem, der Text skizziere einen „angemessenen Pfad“ für mögliche künftige Änderungen am Waffenembargo. Außerdem äußerte er Sorge über anerkannte Verbindungen zwischen Al-Shabaab und der Huthi-Bewegung in Jemen und ermutigte die zuständigen Sanktionsausschüsse zu enger Kooperation.
Die Vertreterin Russlands mahnte, das Augenmerk müsse strikt auf Al-Shabaab bleiben. Sie warnte vor „kontraproduktiven“ Versuchen einiger Mitglieder, den Mandatsrahmen künstlich auszuweiten, da dies Politisierung und übermäßige Berichtslasten fördern könne. Gleichzeitig begrüßte sie, dass eine als Lücke wahrgenommene automatische Ausnahme für Waffenlieferungen an private Sicherheitsfirmen nun geschlossen sei.
Chinas Vertreter begrüßte die einstimmige Annahme und betonte, Sanktionen zur Eindämmung von Waffenströmen müssten strikt beachtet werden. Er hob die vollständige Wahrung der somalischen Souveränität hervor, insbesondere bei jeder Diskussion über Lockerung oder Aufhebung von Sanktionen. Auch China plädierte für eine enge Fokussierung auf Al-Shabaab.
Die Vertreterin der USA erklärte, die Maßnahmen seien wesentlich, um Druck auf Al-Shabaab und andere destabilisierende Akteure aufrechtzuerhalten. Sie äußerte jedoch Enttäuschung darüber, dass einige Ratsmitglieder Widerstand gegen ausdrückliche Verweise auf wachsende Beziehungen zwischen Al-Shabaab und den Houthis geleistet hätten. Außerdem verwies sie auf Vorbehalte zu einer Formulierung in der Präambel und erklärte, ihre Delegation habe stattdessen eine Formulierung befürwortet, die das Ende „aller Formen sexualisierter Gewalt“ fordert.