Liberia: Politische Krise im Parlament – US-Botschaft fordert Lösungen

Inmitten einer angespannten politischen Situation in Liberia hat die US-Botschaft in Monrovia die politischen Führer des Landes dazu aufgerufen, den Konflikt im Parlament friedlich und im Einklang mit der Verfassung zu lösen. Hintergrund der Krise ist der Versuch einer Gruppe von Abgeordneten, den Sprecher des Repräsentantenhauses, J. Fonati Koffa, abzusetzen. Die Spannungen, die sich daraus ergeben haben, drohen, die politische Stabilität und das Vertrauen in Liberias demokratische Institutionen zu erschüttern.

Eskalierende Spannungen im Parlament

Die Krise begann, als eine Gruppe von Abgeordneten, die sich als „Majority Bloc“ bezeichnet, vor einem Monat Schritte unternahm, um Koffa als Sprecher abzusetzen. Am 21. November erklärte die Gruppe den Posten offiziell für vakant und wählte den Abgeordneten Richard Nagbe Koon aus Montserrado County als neuen Sprecher. Koffa und seine Unterstützer reagierten mit der Einreichung einer Klage beim Obersten Gerichtshof und bezeichneten die Absetzung als verfassungswidrig.

In seiner Klage argumentiert Koffa, dass die Absetzung gegen Artikel 20 und 49 der liberianischen Verfassung verstoße. Laut diesen Vorschriften ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen erforderlich, um einen Sprecher abzusetzen. Darüber hinaus müsse der Prozess transparent und unter Einhaltung des Rechts auf Anhörung sowie anderer Verfahrensrechte durchgeführt werden. Koffa behauptet, dass nur 40 der 73 Abgeordneten an der fraglichen Sitzung teilgenommen hätten – weit unter der erforderlichen Mehrheit von 49 Stimmen.

Ein weiteres Problem sind sechs Abgeordnete, die ihre Unterstützung für die Absetzung kurz vor der Abstimmung zurückgezogen haben sollen. Diese Rücknahmen seien nach Angaben von Koffa ignoriert worden, was die Legitimität des Verfahrens weiter infrage stelle.

US-Botschaft ruft zur Mäßigung auf

In einer offiziellen Erklärung hat die US-Botschaft alle politischen Akteure aufgefordert, die Spannungen zu deeskalieren und den Rechtsstaat zu respektieren. Der US-Botschafter in Liberia, Mark Toner, traf sich am Montag mit dem ehemaligen Präsidenten George Weah, um die aktuelle Lage zu besprechen. In der Erklärung der Botschaft heißt es:

„Die Vereinigten Staaten möchten, dass Liberias politischer Prozess friedlich und unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips abläuft. Mehr denn je müssen Liberias Führer – sowohl die gegenwärtigen als auch die früheren – Einheit demonstrieren, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen.“

Die Botschaft hob hervor, dass der Konflikt nicht nur eine politische Frage sei, sondern eine ernste Bewährungsprobe für die demokratischen Grundsätze und die Verfassungsordnung des Landes.

Kritik an der Regierung von Präsident Boakai

Der ehemalige Präsident George Weah hat sich kritisch zu den Entwicklungen geäußert und die Regierung von Präsident Joseph Boakai beschuldigt, die Demokratie zu gefährden. Während einer Ansprache in seiner Kirche warnte Weah, dass der Versuch, Koffa abzusetzen, eine organisierte Untergrabung der Verfassung sei.

„Sie versuchen, den Sprecher unrechtmäßig zu stürzen. Das ist ein Angriff auf die Demokratie,“ erklärte Weah. Er warf der Regierung vor, politische Rivalen zu manipulieren, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, und betonte, dass solche Praktiken an Liberias konfliktbelastete Vergangenheit erinnern könnten.

Weah kritisierte auch Präsident Boakai persönlich und beschuldigte ihn, die Verfassung nicht entschlossen zu verteidigen. In einer emotionalen Rede forderte er alle Liberianer auf, wachsam zu bleiben und ihre demokratischen Rechte zu schützen.

Die Bedeutung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs

Am 26. November wird der Oberste Gerichtshof die Parteien in dem Streit anhören, um über die Rechtmäßigkeit der Absetzung von Koffa zu entscheiden. Die Entscheidung wird von Beobachtern als richtungsweisend für die Zukunft Liberias angesehen, da sie das Engagement des Landes für Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prozesse bestätigen könnte.

Koffa fordert, dass das Gericht die Sitzung vom 21. November für verfassungswidrig erklärt, die Absetzung als null und nichtig zurückweist und die ursprüngliche Ordnung im Parlament wiederherstellt. Darüber hinaus verlangt er, dass jegliche Maßnahmen, die auf der Absetzung basieren, rückgängig gemacht werden.

Bedeutung für die Demokratie Liberias

Die Entwicklungen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, mit denen Liberias junge Demokratie konfrontiert ist. Die Situation erinnert an frühere politische Krisen, bei denen Verfassungsfragen zu Konflikten führten. Der Konflikt zeigt auch die Bedeutung unabhängiger Institutionen wie des Obersten Gerichtshofs, die in der Lage sein müssen, politische Spannungen auf Grundlage der Verfassung zu lösen.

Internationale Akteure wie die USA und regionale Organisationen wie ECOWAS beobachten die Lage genau. Die US-Botschaftsaufforderung zur Einheit und Beachtung der Rechtsstaatlichkeit unterstreicht die Bedeutung eines friedlichen und rechtmäßigen Prozesses, der das Vertrauen in Liberias Institutionen stärkt.

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