In Tansania ist es am Tag der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu schweren Unruhen gekommen. Nach Berichten lokaler und internationaler Medien brachen in mehreren Städten Proteste aus, nachdem Sicherheitskräfte gegen oppositionelle Anhänger und Demonstrierende vorgegangen waren. Die Regierung verhängte daraufhin eine landesweite Ausgangssperre ab 18 Uhr Ortszeit.
Eskalation am Wahltag in Tansania
Nach Angaben der Polizei soll die Maßnahme „dem Schutz von Leben und Eigentum“ dienen. Sie gilt landesweit, Ausnahmen bestehen nur für medizinisches Personal, Notdienste und akkreditierte Wahlbeobachter. Zeitgleich wurde der Zugang zum Internet unterbrochen, was Kommunikation und unabhängige Berichterstattung erheblich erschwert.
Tanzanians have reached a breaking point years of silence, fear, and empty promises are over. When leadership becomes deaf to the cries of its people, the streets become the voice of truth.
— Paul (@ouma_neko) October 29, 2025
Never underestimate the power of a people united by pain, hunger, and betrayal. You can… pic.twitter.com/ATvE9M9XrA
Die Behörden haben internationale Medienvertreter an der Einreise gehindert, wodurch unabhängige Beobachtungen der Ereignisse kaum möglich sind. Trotz der restriktiven Maßnahmen melden lokale Quellen Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften in Dar es Salaam, Dodoma, Arusha und Mwanza.
Mehrere Oppositionspolitiker wurden Berichten zufolge festgenommen, einige gelten als vermisst. Laut The Maravi Post und Al Jazeera betrifft dies insbesondere führende Mitglieder der Partei Chadema sowie Vertreter der Bewegung ACT-Wazalendo.
Wahlen ohne zentrale Oppositionskandidaten

Die Abstimmung findet unter außergewöhnlichen politischen Bedingungen statt. Präsidentin Samia Suluhu Hassan gilt als klare Favoritin, nachdem die wichtigsten Oppositionsparteien von der Wahl ausgeschlossen wurden.
Tundu Lissu, Vorsitzender der Chadema-Partei, befindet sich derzeit in Haft, wo er sich wegen Hochverrats verantworten muss. Auch Luhaga Mpina, Kandidat von ACT-Wazalendo, wurde durch eine Entscheidung des Generalstaatsanwalts von der Wahl ausgeschlossen. Damit stehen Hassan nur Kandidaten kleinerer Parteien gegenüber.
Laut der nationalen Wahlkommission sind über 37 Millionen Wählerinnen und Wähler registriert. Die Wahllokale waren von 7 bis 16 Uhr geöffnet, die Bekanntgabe der Ergebnisse wird innerhalb von drei Tagen erwartet.
Internationale Reaktionen und Menschenrechtsbedenken
Die Vereinten Nationen und mehrere Menschenrechtsorganisationen äußerten Besorgnis über das Vorgehen der Regierung. Laut UN-Menschenrechtsexperten wurden in Tansania seit 2019 über 200 Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen dokumentiert. Amnesty International berichtet von einer „Welle der Angst“ mit Fällen von Folter und außergerichtlichen Tötungen.
Auch die Europäische Union und die Vereinigten Staaten beobachten die Lage mit wachsender Sorge. In einer Sicherheitswarnung rät die US-Botschaft in Dar es Salaam allen US-Bürgern, Demonstrationen zu meiden und sich von Menschenansammlungen fernzuhalten. Mehrere Hauptstraßen, darunter die Zufahrt zum Julius-Nyerere-Flughafen, wurden wegen Straßensperren geschlossen.
Politische Spannungen und wirtschaftlicher Kontext
Präsidentin Hassan, die seit 2021 im Amt ist und als eine der wenigen weiblichen Staatsoberhäupter Afrikas gilt, hatte zunächst für eine Lockerung der politischen Kontrolle und für Pressefreiheit geworben. Doch seit 2023 mehren sich Berichte über erneute Repressionen, Festnahmen und Überwachung von Regierungsgegnern.
Unaeza hisi utani….🔥🔥 pic.twitter.com/hzilLw4zDl
— Pro Era🇹🇿 (@DiaMadiya) October 29, 2025
Wirtschaftlich blieb das Land bislang stabil: Das Wirtschaftswachstum lag 2024 laut Weltbank bei 5,5 Prozent, getragen durch Landwirtschaft, Tourismus und Bergbau. Dennoch überlagern politische Spannungen zunehmend die Wahrnehmung des Landes als stabile Demokratie Ostafrikas.
Ungewisse Lage und internationale Forderungen nach Zurückhaltung
Analysten sehen in der aktuellen Eskalation ein Symptom wachsender Machtkonzentration innerhalb der Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM), die seit der Unabhängigkeit 1961 ununterbrochen regiert.
Internationale Beobachter, darunter Delegationen der Afrikanischen Union und der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), fordern Zurückhaltung und einen offenen Dialog zwischen Regierung und Opposition, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Wie lange die Ausgangssperre in Kraft bleibt, ist unklar. Die Behörden kündigten an, die Lage täglich neu zu bewerten. Für die Bevölkerung bedeutet dies jedoch bereits jetzt eine Phase der Unsicherheit, eingeschränkter Bewegungsfreiheit und Angst vor weiterer Gewalt