Deutsche Sicherheitspolitik im Mittelmeer: Bundestag berät Verlängerung der Mandate für „Irini“ und „Sea Guardian“

Der Bundestag befasst sich am 15. Oktober 2025 mit zwei sicherheitspolitisch relevanten Mandatsverlängerungen der Bundeswehr. Die Bundesregierung beantragt die Fortführung der Beteiligung an der EU-geführten Operation Eunavfor Med Irini sowie der NATO-Mission Sea Guardian. Beide Mandate laufen turnusgemäß Ende November aus und sollen um jeweils ein Jahr verlängert werden. Für die weitere Beratung ist der Auswärtige Ausschuss federführend vorgesehen.

Parlamentarische Beratung über zwei Auslandseinsätze im Mittelmeerraum

Während Irini der Überwachung des UN-Waffenembargos gegen Libyen dient, zielt Sea Guardian auf maritime Sicherheitslagen im Mittelmeer und die Eindämmung illegaler Waffentransporte im erweiterten Mittelmeerraum. Die Bundesregierung begründet beide Mandate mit der strategischen Bedeutung des Mittelmeers als sicherheitspolitischer Raum zwischen Europa, Nordafrika und der Sahelzone.

Operation Irini: Durchsetzung des UN-Waffenembargos gegen Libyen

Mit der Verlängerung des Irini-Mandats soll die Bundeswehr weiterhin bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung stellen. Auftrag der Mission ist die Seeraumüberwachung zur Unterbindung unerlaubter Waffenlieferungen nach Libyen. Nach Angaben der Bundesregierung kommt es trotz des 2020 vereinbarten Waffenstillstands weiterhin zu illegalen Waffentransfers und zur Präsenz ausländischer Kämpfer und Sicherheitsakteure auf beiden Seiten des libyschen Konflikts.

Die Bundesregierung verweist darauf, dass ein Abzug dieser Kräfte sowie die Demobilisierung und Entwaffnung libyscher Milizen bislang nicht umgesetzt wurden. Ziel sei es, den von den Vereinten Nationen moderierten politischen Prozess zu unterstützen und Voraussetzungen für Stabilisierung zu schaffen. Die Kontrolle der Seewege gilt dabei als zentrales Instrument, um die Konfliktdynamik nicht durch neue Waffenströme zu verstärken.

Libyen als sicherheitspolitischer Knotenpunkt

Libyen bleibt ein geopolitischer Brennpunkt zwischen Mittelmeer, Sahel und europäischer Nachbarschaftspolitik. Internationale Akteure aus dem Nahen Osten, Russland und regionalen Milizenstrukturen nutzen das Land als Einflussraum. Die EU betrachtet das Waffenembargo als sicherheitspolitische Mindestmaßnahme, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Zugleich ist Libyen Transitland für Migrations- und Schmuggelrouten durch das zentrale Mittelmeer.

Die deutsche Beteiligung an Irini wird außen- und sicherheitspolitisch mit ordnungsstabilisierenden Maßnahmen verknüpft, die über klassische Verteidigungspolitik hinausreichen. Die Bundesregierung formuliert dies als Beitrag zu „Seeraumüberwachung, Lagebildaufklärung und Unterstützung der internationalen Ordnung“.

Sea Guardian: NATO-Fokus auf maritime Sicherheit und Terrorabwehr

Parallel zur EU-Mission soll auch die NATO-Operation Sea Guardian fortgeführt werden. Hier sind bis zu 550 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen. Die Mission umfasst das Mittelmeer außerhalb der Küstengewässer sowie die Straße von Gibraltar. Auftrag ist die maritime Lagebilderstellung, der Informationsaustausch innerhalb des Bündnisses sowie der Beitrag zur Bekämpfung terroristischer Netzwerke und zur Eindämmung illegaler Waffenströme.

Nach Angaben der Bundesregierung unterstützt Sea Guardian die maritime Sicherheit im erweiterten Mittelmeerraum und ergänzt damit Irini in einer NATO-geführten Struktur. Ein Einsatz in nationalen Küstenzonen erfolgt nur auf ausdrückliche Zustimmung des betroffenen Anrainerstaates und nach vorheriger Billigung durch den Nordatlantikrat sowie den Deutschen Bundestag.

Multilaterale Sicherheitsarchitektur zwischen EU, NATO und UN

Beide Mandate zeigen, wie sich deutsche Sicherheitspolitik zunehmend an multilateralen Strukturen orientiert. Während Irini direkt auf ein Mandat der Vereinten Nationen zur Durchsetzung des Waffenembargos verweist, ist Sea Guardian Teil des NATO-Sicherheitskonzepts für das Mittelmeer. Die Bundesregierung positioniert sich damit als Akteur, der sowohl europäische als auch transatlantische Formate bedient und zugleich auf die Kompatibilität mit UN-Sanktionsregimen verweist.

Die Debatte um die Verlängerung steht vor dem Hintergrund einer langfristigen strategischen Ausrichtung. Die Bundesregierung betont, dass eine politische Stabilisierung Libyens nicht allein durch diplomatische Mittel erreicht werden kann, sondern einer kombinierten Präsenz aus Beobachtung, Abschreckung und ordnungspolitischer Rahmung bedarf.

Afrika- und Mittelmeerpolitik als sicherheitspolitischer Raum

Die Verlängerung der Mandate verweist auf die sicherheitspolitische Verflechtung zwischen Europa und Nordafrika. Libyen gilt als Schnittstelle zwischen den Konflikten im Sahel, den Waffenströmen in Richtung Mali, Niger und Sudan sowie den Migrationsrouten Richtung zentralem Mittelmeer. Beide Missionen werden als Bausteine eines umfassenderen Ansatzes gesehen, bei dem sicherheitspolitische, entwicklungspolitische und diplomatische Maßnahmen miteinander verknüpft werden sollen.

Mit der Fortführung von Irini und Sea Guardian signalisiert die Bundesregierung Kontinuität und Bindung an internationale Verpflichtungen. Die Mandatsgestaltung verdeutlicht zugleich, dass maritime Sicherheit im Mittelmeer als strategisch relevant eingestuft wird – nicht nur aus militärischer Perspektive, sondern als Teil einer breiteren europäischen Außen- und Afrikapolitik.

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