Bundesregierung zeigt sich besorgt über weltweite Einschränkungen der Religionsfreiheit

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel, hat in einem Gespräch mit Mitgliedern des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe deutliche Sorgen über die weltweite Lage der Religionsfreiheit geäußert. Nach Angaben des hib verwies er darauf, dass rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Staaten leben, in denen religiöse Praxis eingeschränkt ist und Angehörige religiöser Minderheiten systematischer Diskriminierung ausgesetzt sind. Die zunehmende Politisierung und Instrumentalisierung von Religion stelle auch Demokratien vor Herausforderungen und verschärfe den Druck auf religiöse Gemeinschaften.

Beispiele systematischer Einschränkungen der Religionsfreiheit

Rachel nannte mehrere Länder, in denen aus seiner Sicht gravierende Verstöße gegen die Religionsfreiheit stattfinden. Als besonders eklatantes Beispiel führte er China an. Die Politik der Zentralregierung ziele dort auf eine umfassende Sinisierung ethnischer und religiöser Minderheiten ab. Betroffen seien insbesondere Uiguren und Tibeter, aber auch Christen und Muslime.

In Iran berichtete Rachel von einer systematischen Verfolgung der Bahai. Angehörige dieser Glaubensgemeinschaft würden überwacht, von Bildung ausgeschlossen und hätten kaum Möglichkeiten, einer regulären Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch die öffentliche Ausübung ihrer Religion sei ihnen weitgehend untersagt.

Bedeutung der Religionsfreiheit in der deutschen Außenpolitik

Als Beauftragter der Bundesregierung sieht Rachel seine Aufgabe darin, die weltweite Entwicklung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit eng zu beobachten und auf ihre Einhaltung hinzuwirken. Er betonte die Notwendigkeit, die religiöse Dimension in außenpolitischen Analysen stärker mitzudenken, insbesondere in Krisenregionen. Religiöse Akteure könnten dort wichtige Rollen übernehmen, da sie oftmals über gesellschaftliche Autorität verfügten und Zugang zu lokalen Gemeinschaften hätten. Dies sei auch im Kontext der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele von Bedeutung.

Rachel hob hervor, dass die Verortung seines Amtes im Auswärtigen Amt den Informationsfluss verbessert habe. Über die deutschen Auslandsvertretungen ließen sich Lagebilder zur Situation der Religionsfreiheit zielgerichteter erheben und in die politische Arbeit einfließen. Ziel sei es, Religions- und Weltanschauungsfreiheit als eigenständiges Thema der Außenpolitik zu etablieren.

Internationale Netzwerke und Partnerstrukturen

Auf Fragen der Abgeordneten verwies Rachel auf Kooperationen mit internationalen Fachnetzwerken wie dem Internationalen Institut für Religionsfreiheit (IIRF) sowie der „International Freedom of Religion or Belief Alliance“. An der Konferenz der Allianz in Prag habe er im November teilgenommen. Solche Netzwerke ermöglichten einen systematischen Austausch über Entwicklungen, Risiken und politische Handlungsoptionen.

Religion zwischen Friedenspotenzial und politischer Instrumentalisierung

Rachel unterstrich, dass Religion ein erhebliches Potenzial für Frieden und Verständigung besitze. Er verwies dabei auf das Treffen von Papst Leo XIV. in Istanbul mit Bartholomäus I., dem Patriarchen der griechisch-orthodoxen Kirche. Das Gespräch sei ein wichtiges Zeichen für ökumenische Annäherung gewesen.

Gleichzeitig warnte er vor dem Missbrauch religiöser Autorität. Als Beispiel nannte er Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der den Angriffskrieg gegen die Ukraine verteidigt habe. Solche Formen religiöser Legitimierung politischer Gewalt trügen zur Polarisierung bei.

Rolle des Religionsbeauftragten im politischen Diskurs

Rachel erklärte, er sehe seinen Beitrag insbesondere darin, zu differenzierten Bewertungen beizutragen und einseitigen oder polarisierenden Sichtweisen entgegenzutreten. Eine präzise Analyse religiöser Dynamiken sei für die deutsche Außen- und Menschenrechtspolitik essenziell, um Spannungen in Krisenregionen besser zu verstehen und internationale Partnerschaften zielgerichtet auszubauen.

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