UNSMIL: Mandatsverlängerung mit politischen und wirtschaftlichen Auftrag

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 31. Oktober 2025 einstimmig die Resolution 2796 verabschiedet und das Mandat der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) um ein Jahr bis zum 31. Oktober 2026 verlängert. Der Sicherheitsrat bekräftigt die volle Unterstützung für die Sondervertreterin des Generalsekretärs und Leiterin der Mission, Hanna S. Tetteh, und ruft alle libyschen Akteure zur konstruktiven Mitwirkung an einem libysch geführten und libysch verantworteten politischen Prozess auf. Die Entschließung stellt klar, dass es in Libyen keine militärische Lösung geben kann und fordert die Unterlassung jeder Handlung, die Spannungen verschärfen, Zivilpersonen gefährden oder den politischen Prozess sowie den Waffenstillstand vom 23. Oktober 2020 unterminieren könnte.

Politischer Kontext in Libyen

Die politische Blockade hält an. Auf der einen Seite steht die international anerkannte Regierung der Nationalen Einheit in Tripolis unter Premierminister Abdul Hamid Mohammed Dbeiba mit beratender Unterstützung des Obersten Staatsrats. Auf der anderen Seite agiert im Osten die Regierung der Nationalen Stabilität unter Premierminister Osama Hamad, gestützt vom Repräsentantenhaus und der Libyschen Nationalarmee unter dem Kommando von General Khalifa Haftar.

Zentrale Streitfrage bleibt die Formierung einer einheitlichen Übergangsregierung zur Organisation nationaler Wahlen. Während östliche Akteure eine solche Regierung befürworten, lehnen die Regierung in Tripolis und Teile des Obersten Staatsrats den Schritt ab. Die festgefahrene Lage dauert seit der auf unbestimmte Zeit verschobenen Wahl von 2021 an.

Strategische Überprüfung und Schwerpunktsetzung auf Wirtschaft

Die strategische Überprüfung des Generalsekretärs vom 30. September bestätigt den Kernauftrag von UNSMIL, einen politischen Ausweg aus dem libyschen Konflikt zu unterstützen. Empfohlen wird eine Bündelung der Arbeitsstränge entlang dieses Ziels.

Der wirtschaftliche Handlungsstrang soll gestärkt werden, da ökonomische Fragen für Übergang und Stabilität zentral sind. Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit bleiben integrale Bestandteile des politischen Prozesses. Vorgesehen ist außerdem, die führende Rolle der Vereinten Nationen in den Arbeitsgruppen des Berliner Prozesses zu konsolidieren. Bei der Sicherheitsdimension wird die Mission angehalten, den Schwerpunkt von der Waffenstillstandsumsetzung auf vertrauensbildende Maßnahmen und die Zusammenführung von Militär- und Sicherheitsinstitutionen zu verlagern.

Operativ empfiehlt die Überprüfung eine verlässlichere Präsenz im Osten und Süden Libyens sowie gezielte Erweiterungen in Bengasi und Sabha. Diese Schritte sollen die Repräsentativität und Inklusivität der Mission erhöhen. Erweiterungen haben innerhalb bestehender Ressourcen und durch Effizienzgewinne, Personalrealignment und externe Unterstützungsdienste zu erfolgen. Die Resolution verlangt Berichte über die Umsetzung der Empfehlungen einschließlich Effizienzfortschritten sowie eine Priorisierung und Reorganisation von Aufgaben, wo angezeigt.

Politische Roadmap und Structured Dialogue

Die im August 2025 vorgestellte politische Roadmap der Sondervertreterin stützt sich auf drei Säulen. Erstens die Verabschiedung eines technisch tragfähigen und politisch umsetzbaren Rahmens für Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Zweitens die Zusammenführung der Institutionen unter einer neuen einheitlichen Regierung. Drittens die Einleitung eines strukturierten Dialogs zu Governance, Wirtschaft, Sicherheit sowie Versöhnung und Menschenrechten.

Mit Beginn der Nominierungsphase baut UNSMIL den Structured Dialogue als Plattform auf, die konkrete Politikempfehlungen erarbeitet, ein gemeinsames Verständnis fördert und hemmende Konfliktursachen adressiert. Der Dialog ist kein Beschlussorgan. Rund 120 libysche Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden einbezogen. Ein Frauen-Caucus wird eingerichtet. Eine digitale Plattform soll die Beteiligung junger Menschen stärken. Die Mission sieht einen Frauenanteil von 35 Prozent vor und öffnet zusätzliche Formate für öffentliche Beiträge, darunter Online-Befragungen sowie Präsenz- und virtuelle Treffen. Die Auswahl erfolgt nach Expertise in Governance, Wirtschaft, Sicherheit sowie nationaler Versöhnung und Menschenrechten.

Verhandlungsverlauf im Sicherheitsrat

Wie der Security Council Report berichtet, spiegeln die Verhandlungen über den Resolutionstext unterschiedliche Schwerpunktsetzungen der Mitglieder wider. Das federführende Vereinigte Königreich legte Mitte Oktober einen Entwurf vor, der nach mehreren Überarbeitungen in der Fassung in Blau eingebracht wurde.

Umstritten waren Formulierungen zur Sicherheitslage in Tripolis. In der Endfassung wird eine regionale Zuspitzung vermieden und auf die landesweite Lage abgestellt. Bei der politischen Roadmap wurde statt einer Billigung eine Begrüßung der drei Säulen vereinbart. In Bezug auf sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt gab es Anpassungen einzelner Passagen. Die Sprache zur Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit bleibt im Kern erhalten. Die Empfehlung einer gezielten Präsenzverstärkung in Bengasi und Sabha wurde aufgenommen, zugleich jedoch an die Bedingung geknüpft, im Rahmen bestehender Ressourcen zu bleiben.

Positionen der Mitgliedstaaten

Die Gruppe Algerien, Guyana, Sierra Leone und Somalia betonte, Libyen stehe an einem Scheideweg. Eine Roadmap müsse in libyscher Verantwortung zu freien, fairen und transparenten Wahlen führen. Zugleich wurde vor dem Zufluss von Waffen gewarnt und der sofortige Abzug ausländischer Kräfte, Kämpfer und Söldner gefordert.

Das Vereinigte Königreich verwies auf die Bedeutung eines libysch geführten Fahrplans entlang der drei Säulen und auf die Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und humanitären Prinzipien. Frankreich hob den Nutzen der strategischen Überprüfung hervor und den Fokus auf die Wiederbelebung des politischen Prozesses.

Die Vereinigten Staaten unterstützten die Verlängerung, kritisierten jedoch aus ihrer Sicht ablenkende oder spaltende Formulierungen, unter anderem zu Geschlechter- und Nachhaltigkeitsthemen, und forderten eine auf den Kernauftrag ausgerichtete Mission.

China unterstrich die Notwendigkeit eines inklusiven politischen Prozesses und nationaler Einheit sowie die Vermeidung externer Einmischung. Griechenland verwies auf Souveränität und territoriale Integrität Libyens sowie auf die Bedeutung der Stabilität des Landes auch im Kontext irregulärer Migration. Die Russische Föderation begrüßte die stärkere Einbindung externer Unterstützungsprozesse wie des Berliner Prozesses und verwies auf die lange Dauer des libyschen Übergangs.

Waffenstillstand und externer Einfluss

Die Resolution bekräftigt die vollständige Umsetzung des Waffenstillstands vom 23. Oktober 2020. Dazu zählen Maßnahmen zur Umsetzung des Aktionsplans für den Abzug von Söldnern, ausländischen Kämpfern und ausländischen Streitkräften, der am 8. Oktober 2021 von der Gemeinsamen Militärkommission 5+5 in Genf vereinbart wurde. Alle Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Souveränität, Unabhängigkeit, territoriale Integrität und nationale Einheit Libyens zu achten und von externer Einflussnahme abzusehen, die die Stabilität des Landes und der Region gefährden könnte.

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