Die Bundesregierung hat dem Bundestag ihren Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Gesellschaftspolitik vorgelegt. Das Dokument beschreibt Ziele, Programme und Mittelverwendung der deutschen Kultur- und Bildungspolitik im Ausland für das Jahr 2024. Afrika nimmt darin eine wachsende, jedoch strukturell begrenzte Rolle ein. Der Bericht zeigt, wie Deutschland kulturelle Zusammenarbeit, Zivilgesellschaftsförderung und die Aufarbeitung kolonialer Vergangenheit gegenüber afrikanischen Staaten politisch einordnet.
Auswärtige Kulturpolitik als strategisches Instrument
Die Auswärtige Kultur- und Gesellschaftspolitik gilt als eine der drei Säulen der deutschen Außenpolitik neben Diplomatie und Außenwirtschaft. Sie umfasst Kulturförderung, Bildungs- und Wissenschaftskooperationen, Medienarbeit sowie den Austausch mit Zivilgesellschaften. Der aktuelle Bundestagsbericht dient der parlamentarischen Rechenschaft und beschreibt die politischen Leitlinien sowie die Umsetzung im Jahr 2024.

Für diesen Bereich stellte die Bundesregierung rund zwei Milliarden Euro bereit. Die Mittel flossen überwiegend über etablierte Mittlerorganisationen wie das Goethe-Institut, den Deutschen Akademischen Austauschdienst, das Institut für Auslandsbeziehungen und die Deutsche Welle. Regionale Budgets werden im Bericht nicht gesondert ausgewiesen. Afrika ist daher kein eigenständiger Finanzschwerpunkt, sondern Teil globaler und thematischer Programme.
Afrika als Querschnittsthema der Kulturpolitik

Afrika erscheint im Bericht nicht als isolierter Handlungsraum, sondern als Querschnittsthema in mehreren Politikfeldern. Besonders sichtbar ist dies in der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Bundesregierung betont, dass kulturelle und gesellschaftliche Kooperationen in afrikanischen Staaten zunehmend als Beitrag zu Stabilität, Teilhabe und politischem Dialog verstanden werden.
Ein zentrales Beispiel ist das Programm ZANMO, das auf die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen in afrikanischen Ländern abzielt. Im Fokus stehen Medienfreiheit, der Umgang mit Desinformation, die Förderung von Kulturschaffenden sowie die Beteiligung junger Menschen und von Frauen an öffentlichen Diskursen. Afrika wird in diesem Zusammenhang als Region beschrieben, in der kulturelle Zusammenarbeit zugleich eine politische Dimension besitzt.
Museumskooperationen und Provenienzforschung
Ein weiterer Schwerpunkt mit starkem Afrika-Bezug liegt im Bereich der Museums- und Sammlungsarbeit. Der Bericht verweist auf zahlreiche Kooperationen deutscher Museen mit Partnerinstitutionen in afrikanischen Ländern, darunter Namibia, Nigeria, Kamerun, Tansania, Angola und Togo.
Diese Zusammenarbeit konzentriert sich auf Provenienzforschung, den Umgang mit Sammlungen aus kolonialen Kontexten und auf Qualifizierungsprogramme für Museumspersonal. Initiativen wie TheMuseumsLab bringen Fachkräfte aus Afrika und Europa zusammen und sollen langfristige Netzwerke schaffen. Die Bundesregierung stellt diese Programme als Teil eines dialogorientierten Ansatzes dar, der wissenschaftliche Aufarbeitung mit institutioneller Kooperation verbindet.
Kolonialismus als anerkannte, aber begrenzte Erinnerungspolitik
Der Bericht erkennt Kolonialismus ausdrücklich als Teil deutscher Gewalt- und Unrechtsgeschichte an. Genannt werden unter anderem der Völkermord an den OvaHerero und Nama sowie koloniale Kriege in Ostafrika und China. Die Bundesregierung verweist auf Forschungsprojekte, Publikationen und bilaterale Dialogformate, insbesondere mit Namibia.
Zugleich zeigt der Bericht strukturelle Grenzen dieser Anerkennung. Kolonialismus-Erinnerung ist nicht als eigenständiger Förderbereich in der Gedenkstättenkonzeption des Bundes verankert. Stattdessen beschränkt sich das Engagement auf projektbezogene Maßnahmen wie Provenienzforschung, Rückgaben von Kulturgütern und die Repatriierung menschlicher Gebeine. Ein übergreifendes Förderinstrument oder eine dauerhafte Trägerstruktur für koloniale Erinnerungspolitik fehlt weiterhin.
Rückgaben und internationale Abstimmung
Im Kontext kolonialer Aufarbeitung hebt der Bericht die Rückgabe von Kulturgütern und menschlichen Überresten an afrikanische Herkunftsgesellschaften hervor. Kooperationen mit Staaten wie Ghana, Kamerun und Tansania werden als Beispiele genannt. Das sogenannte Stuttgarter Communiqué dient dabei als Referenz für multilaterale Abstimmungsprozesse zwischen Museen, Herkunftsländern und politischen Akteuren.
Diese Maßnahmen werden als Teil einer internationalen Verantwortung verstanden, bleiben jedoch eng an einzelne Institutionen und Projekte gebunden. Eine systematische Bundesförderung für Lern- und Erinnerungsorte mit Afrika-Bezug ist im Bericht nicht vorgesehen.
Bildungs-, Wissenschafts- und Mediendiplomatie

Auch in der Bildungs- und Wissenschaftsdiplomatie taucht Afrika vor allem indirekt auf. Austauschprogramme des DAAD, archäologische Projekte des Deutschen Archäologischen Instituts und internationale Forschungskooperationen beziehen afrikanische Partner ein, ohne dass eine eigenständige Afrika-Strategie formuliert wird.
Im Bereich der Mediendiplomatie wird Afrika im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Desinformation und der Förderung von Medienkompetenz erwähnt. Programme der Deutschen Welle und weiterer Akteure richten sich auch an afrikanische Gesellschaften, insbesondere in Phasen politischer Wahlen und gesellschaftlicher Spannungen.
Politische Einordnung und offene Fragen
Der Bericht macht deutlich, dass Afrika in der Auswärtigen Kultur- und Gesellschaftspolitik Deutschlands an Bedeutung gewinnt, jedoch überwiegend programmatisch eingebettet bleibt. Die Anerkennung kolonialen Unrechts und der Ausbau zivilgesellschaftlicher Kooperationen stehen einer fehlenden strukturellen Verankerung gegenüber. Afrika ist präsent, aber nicht priorisiert als eigenständiger kulturpolitischer Schwerpunkt.
Laut Angaben der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache zur Auswärtigen Kultur- und Gesellschaftspolitik 2024 wird dieser Ansatz als Ausdruck eines dialogorientierten Multilateralismus verstanden, der auf Kooperation statt auf regionale Sonderstrategien setzt.