Sicherheitsrat berät im Hintergrund über Ostkongo: Vermittlungsinitiativen vor nächster MONUSCO-Entscheidung

Am 26. November kommt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einem informellen interaktiven Dialog zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) zusammen. Das nicht öffentliche Treffen soll den Mitgliedern ein aktuelles Bild über die verschiedenen Vermittlungsprozesse im Osten des Landes vermitteln und Optionen für die weitere Rolle der UN-Organisation für Stabilisierungsmission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) ausloten.

Informelles Dialogformat zum Osten der Demokratischen Republik Kongo

Eingeladen haben Frankreich als sogenannter Penholder für das DRC-Dossier sowie Sierra Leone. Neben Ratsmitgliedern nehmen regionale Akteure und Staaten teil, die unmittelbar in die Vermittlung eingebunden sind, darunter die DR Kongo und Ruanda.

Vorgesehen sind Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern der Vereinigten Staaten und Katars, die zentral an den Washington- beziehungsweise Doha-Prozessen beteiligt sind, sowie Togos als Vermittler der Afrikanischen Union. Auf UN-Seite berichten der Sondergesandte für die Region der Großen Seen, Huang Xia, die beigeordnete Generalsekretärin für Afrika, Martha Ama Akyaa Pobee, und die stellvertretende MONUSCO-Leiterin Vivian van de Perre.

Washington-Prozess: Umsetzung des Friedensabkommens DRC–Ruanda

Ein Schwerpunkt ist der sogenannte Washington-Prozess, der auf dem am 27. Juni unterzeichneten Friedensabkommen zwischen der DR Kongo und Ruanda aufbaut. In Washington wurden Mechanismen etabliert, die die Umsetzung dieses Abkommens begleiten. Im Zentrum steht der Gemeinsame Sicherheitskoordinationsmechanismus, der am 20. November zu seiner vierten Sitzung zusammentrat.

Dieser Mechanismus überwacht die Umsetzung eines Operationskonzepts zur Harmonisierung der Sicherheitsmaßnahmen. Ziel ist die Neutralisierung der Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR), einer bewaffneten Hutu-Gruppe mit Wurzeln im Genozid von 1994, und die schrittweise Entflechtung ruandischer Kräfte aus dem Ostkongo. Parallel dazu geht es um den Abbau ruandischer Verteidigungsmaßnahmen entlang der Grenze.

Nach Angaben aus New York finden in Washington fortlaufend Folgetreffen statt, um die Umsetzung zu überprüfen und Absprachen zu vertiefen. Im Raum steht zudem ein Gipfeltreffen zwischen dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi und dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame in der US-Hauptstadt, dessen Termin allerdings mehrfach verschoben wurde.

Goma und die humanitäre Dimension

Frankreich versucht, innerhalb dieses Rahmens den Fokus stärker auf humanitäre Zugänge zu lenken. Im Mittelpunkt steht die Wiedereröffnung des internationalen Flughafens von Goma, der seit Januar für den zivilen Luftverkehr geschlossen ist, nachdem die M23-Rebellengruppe die Provinzhauptstadt von Nord-Kivu eingenommen hatte. Paris argumentiert, der Flughafen sei für die Versorgung der Zivilbevölkerung und für humanitäre Luftbrücken zentral.

M23 in Goma

Die M23 lehnt dies bislang ab und beansprucht die alleinige Entscheidungsbefugnis über eine Wiederöffnung. Ruanda verwies zuletzt bei einer von Frankreich und Togo organisierten Konferenz am Rande des Pariser Friedensforums auf fehlenden Konsens. Wie das Analysenformat What’s in Blue berichtet, wird der Umgang mit Goma als Testfall für die Handlungsfähigkeit der verschiedenen Vermittlungsformate betrachtet.

Doha-Prozess und der „Doha Framework for Peace“

Parallel verhandelt Katar in Doha mit der kongolesischen Regierung und der M23. Zunächst hatten beide Seiten am 23. April eine gemeinsame Erklärung angenommen, in der sie sich zu einem sofortigen Ende der Feindseligkeiten bekannten und jede Form von Hassrede und Einschüchterung zurückwiesen. Am 19. Juli folgte eine Grundsatzerklärung, die eine Waffenruhe vorsah.

Auf dieser Grundlage wurde am 15. November der „Doha Framework for Peace“ zwischen der Regierung in Kinshasa und der Alliance Fleuve Congo (AFC) vereinbart, einem politisch-militärischen Bündnis, in dem die M23 eine zentrale Rolle spielt. Das Rahmenwerk zielt auf einen strukturierten Dialog über die Ursachen des Konflikts, vertrauensbildende Maßnahmen und eine schrittweise Deeskalation.

Vorgesehen ist ein gestuftes Verfahren mit Zusatzprotokollen, Anhängen und technischen Vereinbarungen. Diese sollen unter anderem die Konsolidierung und Verifizierung eines Waffenstillstands, Modalitäten für den Rückzug von Truppen, den Zugang humanitärer Akteure, Reintegration und Unterstützung nationaler Dialogprozesse regeln. Der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, hatte kurz nach der Unterzeichnung Kinshasa und Kigali besucht, um den Prozess politisch zu flankieren.

Der Sicherheitsrat begrüßte den Doha-Rahmen in einer Erklärung vom 22. November als wichtigen Schritt und rief die Unterzeichner dazu auf, ihn in einen dauerhaften, überprüfbaren Waffenstillstand zu überführen.

Afrikanische Vermittlung und Rolle Togos

Neben Washington und Doha laufen afrikanische Vermittlungsbemühungen, koordiniert durch die Afrikanische Union und regionale Organisationen. Togo übernimmt hierbei eine zentrale Rolle und agiert als von der AU mandatierter Vermittler zur DR Kongo. Das Land war bereits Mitveranstalter der Pariser Ministerkonferenz zur Region der Großen Seen.

Für den 17. Januar 2026 ist in Togo ein hochrangiges Treffen geplant, das die verschiedenen Prozesse in Ostkongo zusammenführen soll. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich die unterschiedlichen Formate kohärent aufeinander abstimmen lassen. Seit drei Jahren betonen Ratsmitglieder die Notwendigkeit einer solchen Harmonisierung.

Der UN-Sondergesandte für die Region der Großen Seen, Huang Xia, unterstützt diese Bemühungen mit seinen guten Diensten. Ziel ist, Überschneidungen zu vermeiden, Widersprüche in Mandaten zu klären und die Akzeptanz bei den Konfliktparteien zu erhöhen.

MONUSCO zwischen Mandatsdiskussion und Waffenstillstandsüberwachung

Der informelle Dialog hat auch eine innenpolitische Dimension für den Sicherheitsrat. Im Dezember steht die Verlängerung des MONUSCO-Mandats an. Die Ratsmitglieder hatten den Generalsekretär gebeten, Empfehlungen für die Mandatsanpassung vorzulegen, die die Sicherheitsentwicklung und die Vermittlungsprozesse berücksichtigen. Der nächste Quartalsbericht zu MONUSCO wird bis Ende November erwartet.

Im Gespräch ist eine stärkere Rolle der Mission bei der Überwachung einer möglichen Waffenruhe im Osten der DR Kongo. Die stellvertretende Missionsleiterin Vivian van de Perre soll im Dialog die aktuelle Sicherheitslage und die Handlungsspielräume der Mission erläutern. Diskutiert werden Optionen, wie MONUSCO in Abstimmung mit regionalen Mechanismen zur Verifizierung eines Waffenstillstands, zur Berichterstattung über Verstöße und zur Absicherung humanitärer Korridore beitragen könnte.

Verschärfte Kämpfe im Ostkongo trotz diplomatischer Fortschritte

Trotz der institutionellen Fortschritte in den Vermittlungsprozessen verschlechtert sich die Sicherheitslage im Osten der DR Kongo weiter. Berichte verweisen auf neue Gefechte zwischen den kongolesischen Streitkräften FARDC und der M23 in mehreren Gebieten Nord-Kivus. In den Territorien Walikale und Masisi sollen die Rebellen unter anderem Katoyi und Mahanga eingenommen haben, weitere Auseinandersetzungen werden aus Lubero gemeldet. Auch in der Provinz Süd-Kivu kam es zu Kämpfen, in deren Folge die M23 zusätzliche Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht haben soll.

Die kongolesische Regierung wirft der M23 vor, gegen Verpflichtungen aus Doha zu verstoßen. Die Gruppe wiederum beschuldigt die FARDC und verbündete Milizen, koordinierte Angriffe zu führen und Luftfahrzeuge, einschließlich Drohnen, einzusetzen. In Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen sollen die kongolesischen Streitkräfte die Vermittler im Washington- und im Doha-Prozess aufgefordert haben, auf die von ihnen wahrgenommenen Vertragsverletzungen zu reagieren.

Für die anstehende Diskussion im Sicherheitsrat bedeutet dies, dass diplomatische Formate und Sicherheitslage deutlich auseinanderfallen. Die Ratsmitglieder stehen vor der Aufgabe, die unterschiedlichen Vermittlungsansätze, die Erwartungen der kongolesischen Regierung und die laufenden Operationen der M23 in einer Mandatsformel für MONUSCO zusammenzuführen, die sowohl regionale Prozesse stützt als auch den Schutz der Zivilbevölkerung in den Konfliktregionen des Ostkongo berücksichtigt.

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