Verfassungsrat vertagt Verkündung der Wahlergebnisse in Kamerun

Der Verfassungsrat Kameruns hat die offizielle Verkündung der Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober 2025 auf den 27. Oktober verschoben. Die Entscheidung wurde am 22. Oktober vom Ratspräsidenten Clément Atangana bekannt gegeben, nachdem das Gremium alle Beschwerden im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren zurückgewiesen hatte.

Alle Einsprüche abgewiesen

Im Rahmen des sogenannten Wahlstreitverfahrens erklärte der Verfassungsrat sämtliche eingereichten Anträge für unzulässig. Mehrere unterlegene oder nicht zugelassene Kandidaten hatten eine teilweise oder vollständige Annullierung der Wahl beantragt – unter anderem wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten, Manipulationen oder Verletzungen individueller Freiheiten.
Die Beschwerden des PCRN-Vorsitzenden Cabral Libii und des SDF-Kandidaten Joshua Osih wurden zurückgezogen, während die Eingaben anderer Antragsteller aus formalen Gründen scheiterten.

Damit bleibt der Weg frei für die amtliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 27. Oktober um 11 Uhr im Kongresspalast von Yaoundé – dem letzten Tag, den das Wahlgesetz für die Veröffentlichung vorsieht.

Issa Tchiroma Bakary fordert Proteste

Die Ankündigung erfolgt in einem politisch aufgeladenen Klima. Der Oppositionspolitiker Issa Tchiroma Bakary, Kandidat der Front du Salut National du Cameroun (FSNC), hat sich selbst zum Sieger erklärt und fordert eine „friedliche Übergangsphase“. In einer Rede an die Nation betonte er, er habe „eine Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen“ erreicht und rief seine Anhänger auf, „ihre Stimme auf friedliche Weise zu verteidigen“.

In seiner Rede forderte er die Streitkräfte auf, sich „nicht gegen das Volk zu wenden“ und warnte, dass der Verfassungsrat durch eine Bestätigung „falsifizierter Ergebnisse“ an einer „nationalen Pflichtverletzung“ mitwirken würde.

Tchiroma, der behauptet, über eine „massive Volksunterstützung“ zu verfügen, forderte seine Anhänger auf, die Ergebnisse nicht passiv hinzunehmen und „für die Wiederherstellung der Wahrheit“ einzutreten. Er sprach von einem „Volk, das sich selbst befreien muss, wenn es den Mut und die Würde wiedergewinnen will“.

Die Regierung und das Lager des Regierungspartei RDPC unter Präsident Paul Biya reagierten scharf. Der Kommunikationssekretär des RDPC, Jacques Fame Ndongo, wies die Behauptungen zurück und bezeichnete Tchiroma als „verantwortungslos“.

Gleichzeitig verschärften die Behörden die Sicherheitsvorkehrungen in mehreren Städten. In Douala, Yaoundé, Garoua, Dschang und Maroua wurden Motorradtaxis verboten, öffentliche Versammlungen untersagt und Universitäten vorübergehend geschlossen. Ziel sei es, mögliche Proteste und Ausschreitungen vor der Ergebnisverkündung zu verhindern.

Proteste und Unruhen im Norden

Am 22. Oktober kam es in der Stadt Maroua, Hauptstadt der Region Extrême-Nord, zu Demonstrationen für die „Wahrheit der Urnen“. Teilnehmer skandierten Parolen zugunsten von Issa Tchiroma Bakary. Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Menge aufzulösen.

In einem anonymen Schreiben an den Gouverneur der Region beklagten sich junge Bewohner über Armut und politische Enttäuschung. Einige drohten, sich aus Protest bewaffneten Gruppen wie Boko Haram anzuschließen – eine islamistische Terrororganisation, die von den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft wird und seit Jahren in der Region aktiv ist.

Die Behörden reagierten umgehend mit Ausgangssperren und verstärkter Militärpräsenz, um die Lage unter Kontrolle zu halten.

Erwartung vor der Entscheidung

Analysten befürchten, dass eine Bestätigung des Sieges von Paul Biya (RDPC) – der laut inoffiziellen Zählungen rund 53,6 % der Stimmen erzielt haben soll – neue Protestwellen auslösen könnte. Die Regierung hat deshalb den Sicherheitsapparat landesweit in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Während das Land auf die Verkündung des offiziellen Ergebnisses wartet, bleibt die Atmosphäre gespannt. Internationale Beobachter und Nachbarstaaten riefen zu Ruhe und Zurückhaltung auf. Der Verfassungsrat, der als letzte Instanz in Wahlfragen gilt, hat die Aufgabe, das endgültige Resultat zu bestätigen und damit die nächste politische Phase Kameruns einzuleiten.

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