UN sieht Kluft zwischen diplomatischem Fortschritt und Gewalt im Ostkongo

Der Friedensprozess in der Demokratischen Republik Kongo, besonders im Ostkongo, bleibt fragil. Vor dem Sicherheitsrat erklärte MONUSCO-Leiterin Bintou Keita am 30. September, „Frieden ist weiterhin vor allem ein Versprechen“. Sie sprach von „Diskrepanzen zwischen Fortschritten auf dem Papier und der Realität mit anhaltender Gewalt“. Wie UN News berichtet, verwies Keita auf die Vereinbarungen seit dem Washington-Abkommen vom 27. Juni und die im Juli in Doha unterzeichnete Prinzipienerklärung zwischen Regierung und AFC/M23.

Über 1.000 tote Zivilisten seit Juni

Seit Juni registrierte die Mission 1.087 getötete Zivilpersonen in Ituri und Nord-Kivu. Die Resolution 2773 (2025) fordert eine sofortige Waffenruhe. „Acht Monate später bleiben zentrale Bestimmungen weitgehend un umgesetzt“, so Keita. Die AFC/M23 setze weiter auf territoriale Ausdehnung. Nach der Einnahme von Schlüsselstädten, darunter Goma und Bukavu, ersetze die Gruppe staatliche Institutionen durch eigene Strukturen. Die Mission meldete über 7.000 neu ausgebildete Rekruten der Bewegung. In Rutshuru sei der Juli der tödlichste Monat seit Ende November 2021 gewesen.

Die Gewalt beschränkt sich nicht auf einen Akteur. Die ADF verübten in Nord-Kivu und Ituri fortgesetzte Anschläge und exekutierten in drei Monaten rund 300 Zivilpersonen. Kämpfe zwischen der CRP-Miliz und den FARDC verschärften die Lage zusätzlich. In Süd-Kivu, das nicht mehr vom operativen Mandat der MONUSCO erfasst ist, berichten Quellen von schweren Übergriffen durch Wazalendo und verbündete Gruppen.

Das Umfeld behindert die Mission. In Goma und in von der AFC/M23 kontrollierten Gebieten stoßen Operationen auf Einschränkungen. Kraftstoff und Lebensmittel treffen verspätet ein. Truppenrotationen bleiben blockiert. Strom- und Wasserausfälle beeinträchtigen Stützpunkte. Der Flughafen Goma ist weiterhin geschlossen. Hilfsorganisationen verzeichnen Straßensperren, schrumpfenden Zugang und Angriffe. „Trotzdem schützt die Mission, wo möglich, Zivilpersonen“, sagte Keita. Am 16. September suchten in Drodro in Ituri mindestens 600 Menschen Schutz in Schützengräben der MONUSCO-Basis während Gefechten zwischen CODECO und Zaire.

Bemühungen für humanitäre Hilfe

Die humanitäre Lage verschärft sich. Der humanitäre Plan ist erst zu etwas über 15 Prozent finanziert. „Der Rückzug einzelner Großgeber hat die Finanzierung einbrechen lassen“, so Keita. Über 27,7 Millionen Menschen leiden unter Ernährungsunsicherheit, davon 5,7 Millionen in Ituri und Nord-Kivu. Hilfsprogramme wurden mancherorts ausgesetzt oder reduziert. Müttersterblichkeit nimmt zu. Keita warnte, dass Zivilpersonen weiter den Preis zahlen, solange diese Lücken bestehen.

Parallel laufen Ausbildungsmaßnahmen für staatliche Kräfte. In Bunia nehmen seit dem 29. September 120 FARDC-Soldaten an einer spezialisierten MONUSCO-Schulung teil. Instruktoren aus Indonesien, Nepal, Bangladesch und Marokko unterrichten bis zum 10. Oktober Telekommunikation, Drohnen- und GPS-Nutzung, IT, Erste Hilfe, Lkw-Fahren und Schießtechnik. Der Force Commander, General Ulisses De Mesquita, betonte: „Wir arbeiten eng mit FARDC, PNC und den Behörden zusammen, um Ihre Sicherheit zu gewährleisten.“ Der Militärgouverneur von Ituri, General Johnny Luboya, erklärte: „Diese Männer werden auf eine asymmetrische Kriegführung vorbereitet. In Ituri geben wir das Terrain nicht preis.“ Nach Angaben der MONUSCO wurden in gut einem Jahr rund 1.600 FARDC-Angehörige in Gefechtsführung, Menschenrechtsstandards, humanitärem Völkerrecht, Mörsern und Einsatzregeln geschult.

Zwischen Diplomatie auf dem Papier und Realität im Ostkongo

Die Diplomatie markiert zugleich zentrale Wegpunkte. Am 27. Juni unterzeichneten die Außenminister der DR Kongo und Ruandas in Washington ein Abkommen. Am 17. und 18. September einigten sich Delegationen in Washington mit Partnern aus den USA, Katar und der Afrikanischen Union auf ein „operatives Ordnungskonzept“ für den Sicherheitsstrang. Es sieht die Neutralisierung der FDLR und eine schrittweise Rücknahme „defensiver“ Maßnahmen Ruandas vor. Am 24. September kündigte der gemeinsame Sicherheitskoordinierungsmechanismus den Start der Umsetzung zum 1. Oktober an. Vorher übernahm am 22. September die AFC/M23 die Kontrolle über Nzibira im Süd-Kivu. Dann am 27. September nannte ein US-Regierungsberater die Doha-Gespräche zwischen Kinshasa und M23 „das letzte Puzzleteil“ und stellte eine Wiederaufnahme in der Woche ab dem 6. Oktober in Aussicht.

Inhaltliche Differenzen bleiben jedoch bestehen. Strittig sind die Einordnung der AFC/M23, mögliche Verbindungen nach Kigali sowie die Stärke der FDLR. Kinshasa fordert gemeinsames Vorgehen gegen die FDLR. Kigali verweist auf die Verantwortung der kongolesischen Behörden. Nach Medienangaben wurde am 3. Oktober ein in Washington diskutiertes regionales Wirtschaftsrahmenwerk von Kinshasa nicht paraphiert. Berichten zufolge knüpft die kongolesische Seite wirtschaftliche Schritte an messbare Sicherheitsfortschritte. Unterdessen halten Gefechte in Nord- und Süd-Kivu an.

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