Die Demokratische Republik Kongo (DRK) befindet sich an einem entscheidenden Wendepunkt. Der schrittweise Rückzug der UN-Friedensmission MONUSCO stellt das Land vor die Herausforderung, die Sicherheit in den konfliktreichen östlichen Provinzen selbstständig zu gewährleisten.
Gleichzeitig strebt Präsident Félix Tshisekedi internationale Allianzen an, um die geopolitische Position seines Landes zu stärken. Dazu gehört die Kandidatur für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat sowie Bemühungen, die Ursachen der Konflikte im Osten des Landes anzugehen. Inmitten dieser Entwicklungen verschärfen sich die Spannungen zwischen der DRK und Ruanda, was die Stabilität in der Region der Großen Seen weiter belastet.
Der Rückzug der MONUSCO: Sicherheit in nationaler Verantwortung
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist die MONUSCO in der DRK tätig, um die Stabilität in einem von wiederkehrender Gewalt geprägten Land zu fördern. Doch der schrittweise Rückzug der Mission, der mit der UN-Resolution 2666 beschlossen wurde, signalisiert eine neue Phase. Besonders in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri bleibt die Sicherheitslage prekär. Deswegen hat der UN-Sicherheitsrat beschlossen, die MONUSCO-Mission bis Dezember 2025 mit einem maximalen Einsatz von 11.500 Soldaten und weiteren Hilfskräften fortzusetzen.
Präsident Tshisekedi hat wiederholt betont, dass der Rückzug der MONUSCO im Einklang mit dem Wunsch der Bevölkerung stehe, die staatliche Souveränität wiederherzustellen:
„Unser Volk hat den legitimen Wunsch, dass der Staat seine volle Verantwortung übernimmt. Wir setzen alles daran, einen geordneten Übergang zu gewährleisten.“
Um Sicherheitsvakuums zu vermeiden, hat die Regierung verstärkte Anstrengungen unternommen, die nationalen Streitkräfte (FARDC) und Sicherheitsbehörden zu stärken. Parallel dazu wurde das Programm für Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung (P-DDRCS) intensiviert. Ziel ist es, ehemaligen Kämpfern Alternativen zu bieten und den Zyklus der Gewalt zu durchbrechen.
🔴#RDC La province de l’#Ituri vers sa paix et la restauration de l’autorité de l’état.
La milice autodéfense #Zaïre dépose les armes. La cérémonie a été lancée à #Mabanga (Djugu) par le commandant de la 32ème région militaire #FARDC en présence de plus de 600 combattants. pic.twitter.com/uPcXWn2VGu
— Serge Sindani (@sergesindani01) January 16, 2025
Internationale Ambitionen der DRK: Ein Sitz im UN-Sicherheitsrat
Während die DRK interne Herausforderungen bewältigt, richtet sie ihren Blick auf die internationale Bühne. Präsident Tshisekedi hat die Bewerbung seines Landes für einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Periode 2026–2027 offiziell angekündigt.
„Unsere Kandidatur ist nicht nur ein nationales Anliegen, sondern ein Ausdruck der legitimen Aspirationen Afrikas, eine stärkere Stimme in der globalen Governance zu erhalten,“ erklärte Tshisekedi.
Mit Unterstützung der Afrikanischen Union (AU) will die DRK die Interessen des Kontinents vertreten und eine Reform des Sicherheitsrats vorantreiben. Tshisekedi betonte, dass Afrika, als Region mit den meisten globalen Herausforderungen, eine angemessene und starke Repräsentation benötige.
[Vidéo ] Ce samedi au Palais de la nation, à #Kinshasa, le Chef de l’État a présidé la cérémonie solennelle de présentation des vœux au corps diplomatique accrédité en #RDC🇨🇩.
Retour en images 👇🏾 pic.twitter.com/BB5EuyfPRb— Présidence RDC 🇨🇩 (@Presidence_RDC) January 18, 2025
DRK und die Spannungen mit Ruanda: Ein eskalierender Konflikt
Die Beziehungen zwischen der DRK und Ruanda sind von tiefen Spannungen geprägt. Im Zentrum des Konflikts steht die wiederauflebende M23-Rebellion. Die DRK beschuldigt Ruanda, die Rebellengruppe zu unterstützen, während Ruanda die DRK der Zusammenarbeit mit den FDLR beschuldigt – einer Gruppierung, die für den Völkermord an den Tutsi in Ruanda 1994 verantwortlich ist.
Präsident Tshisekedi nutzte eine diplomatische Rede, um das politische System Ruandas zu kritisieren:
„Während andere Länder auf vorgeplante Wahlergebnisse setzen, haben wir in der DRK eine echte Demokratie geschaffen, in der jede Stimme zählt.“
Die DRK hat als Reaktion auf die Spannungen bilaterale Abkommen mit Ruanda gekündigt. Die gegenseitigen Vorwürfe haben jedoch nicht nur den Konflikt verschärft, sondern auch den Dialog zwischen den beiden Ländern praktisch zum Erliegen gebracht.
“People tell us they want democracy everywhere, they encourage elections, [yet] the person who is causing problems in this situation I am talking about between Rwanda and DRC, has never twice been elected. And you know it. This is why I was saying it doesn’t matter evidence,… pic.twitter.com/wafckQaAh5
— Presidency | Rwanda (@UrugwiroVillage) January 16, 2025
Internationale Stimmen und Vermittlungsbemühungen
Angolas Vermittlungsrolle
Angola, unter der Führung von Präsident João Lourenço, hat sich als zentraler Vermittler im Konflikt zwischen der DRK und Ruanda positioniert. Im Rahmen des „Luanda-Prozesses“ wurde versucht, den Dialog zwischen den beiden Staaten wieder aufzunehmen. Lourenço rief beide Seiten dazu auf, die Spannungen zu deeskalieren:
„Die Stabilität in der Region der Großen Seen kann nur durch Dialog und gegenseitiges Verständnis erreicht werden.“
Frankreichs Appell
Der französische Präsident Emmanuel Macron unterstützte die Bemühungen Angolas und betonte die Bedeutung eines respektvollen Umgangs zwischen den Konfliktparteien:
„Die territoriale Integrität der DRK muss gewahrt bleiben. Alle Beteiligten müssen gemeinsam an einer nachhaltigen Lösung arbeiten.“
Die USA: Kritik an beiden Konfliktparteien
Die Vereinigten Staaten haben sowohl die M23 als auch die FDLR als Bedrohungen für die Stabilität in der Region bezeichnet. Diese Position stieß jedoch auf scharfe Kritik aus Ruanda. Der ruandische Außenminister Olivier Nduhungirehe wies darauf hin, dass es inakzeptabel sei, eine genozidale Gruppe wie die FDLR mit der M23 gleichzusetzen:
„Es ist beleidigend, eine Bewegung, die ihre Gemeinschaft verteidigt, mit einer genozidalen Kraft zu vergleichen.“