Till Mansmann: “Afrika braucht uns nicht. Wir brauchen Afrika!”

Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, Innovationsförderung und wertebasierte Partnerschaften – das sind zentrale Aspekte der deutschen Entwicklungspolitik, die Till Mansmann als Bundestagsabgeordneter der FDP aktiv mitgestaltet. Seit 2017 im Deutschen Bundestag, ist er Sprecher der FDP-Fraktion für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Westafrika.

Mansmann setzt sich für eine pragmatische, ideologiefreie Entwicklungspolitik ein, die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Diplomatie und Außenwirtschaft miteinander verknüpft. Besonders im Bereich der Innovationen sieht er großes Potenzial: Als ehemaliger Innovationsbeauftragter für Grünen Wasserstoff im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kennt er die Herausforderungen und Chancen nachhaltiger Technologien für internationale Partnerschaften.

Im Gespräch mit FOKUS AFRIKA spricht Till Mansmann über die Zukunft der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit, den Stellenwert von Innovation und Technologie in der Entwicklungspolitik und die Frage, wie Deutschland seine Rolle als verlässlicher Partner für afrikanische Staaten weiter stärken kann.

Braucht das Kanzleramt einen Afrika-Beauftragen?

FOKUS AFRIKA: Welche drei Erfolge hat die FDP einerseits und Sie als Innovationsbeauftragter für Grünen Wasserstoff andererseits in der deutsch-afrikanischen Entwicklungspolitik erreicht?

Till Mansmann: Wir Freie Demokraten setzen uns für eine starke wirtschaftliche Zusammenarbeit mit unserem Nachbarkontinent ein, die auf Partnerschaft und beiderseitigen Interessen beruht. Dabei haben wir uns mehrfach erfolgreich gegen Kürzungen der Programme in der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft stark gemacht sowie für den Ausbau von Energie- und Rohstoffpartnerschaften

Natürlich war das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in der zu Ende gehenden Legislaturperiode in SPD-Hand, aber Ministerin Svenja Schulze hat immer kollegial mit uns zusammengearbeitet. Wir konnten sehen, dass unsere Schwerpunkte von der Leitungsebene ernstgenommen und teilweise auch umgesetzt wurden. Was wir leider nicht erreicht haben, ist, erfolgreich für die Position eines Afrika-Beauftragten im Kanzleramt zu werben. 

Während der etwa zwei Jahre als Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) war ich beteiligt an der Fortentwicklung von Wasserstoffpartnerschaften, beispielsweise mit Namibia und Südafrika. Im Fokus des BMBF lagen dabei die Förderung von Pilotprojekten zur Entwicklung und Anwendung von Innovationen in der Wasserstofftechnologie sowie die Kooperation bei Wissenstransfer und Ausbildung. 

Noch kurz vor dem Platzen der Ampel-Regierung habe ich gemeinsam mit Mitarbeitern des BMBF Westafrika besucht und neben der Pflege bereits bestehender Projektzusammenarbeit versucht, neue Wasserstoffkooperationen anzubahnen. Das doch etwas plötzliche Ende der Regierung hat es mir leider nicht möglich gemacht, das weiter zu verfolgen.

Till Mansmann: “China und Russland bleiben eine große Herausforderung.”

FOKUS AFRIKA: Was bleibt die zentrale Herausforderung in der Weiterentwicklung der deutsch-afrikanischen Beziehungen? Und wie wollen Sie diese in der nächsten Legislatur lösen?

Till Mansmann: Gemeinsam die großen Herausforderungen der Menschheit zu lösen, bleibt die zentrale Herausforderung. Im Kampf gegen den Klimawandel und für zukünftige Energiesicherheit spielt der afrikanische Kontinent eine Schlüsselrolle. Wir müssen stärker zusammenarbeiten bei Forschung und Innovation und in Energiepartnerschaften. Wenn die globale Transformation kein europäisches Wolkenkuckucksheim bleiben soll, bedeutet das: Nicht Afrika braucht uns, sondern wir brauchen Afrika.

Außerdem muss Entwicklungspolitik die wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder in den Fokus rücken. Mit öffentlichen Geldern allein lassen sich die vielen Herausforderungen niemals lösen.

Für die stärkere Einbeziehung der Privatwirtschaft essenziell ist die Zusammenarbeit mit unseren Partnerländern in den Bereichen gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit als Grundvoraussetzung für Investitionen, Wachstum und Entwicklung. Für uns Europäer bleiben die Versuche der Einflussnahme durch autoritäre Mächte wie China und Russland eine große Herausforderung. 

Diaspora als Investoren stärken

FOKUS AFRIKA: Wie können afrikanische Diaspora-Gemeinschaften in Zukunft stärker als Brückenbauer in die Arbeit des BMZs eingebunden werden?

Till Mansmann: Genau dies war Thema in der Sitzung des Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 18. Dezember 2024. Menschen mit Migrationsgeschichte, die wirtschaftlich erfolgreich sind, engagieren sich zunehmend als Investoren oder als Unternehmerinnen in ihren Herkunftsländern. 

Geldüberweisungen aus Europa stellen die mit Abstand größte Finanzierungsquelle für Schwellen- und Entwicklungsländer dar. Dabei erfolgt der Großteil dieser Diaspora-Investitionen ohne staatliche Unterstützung und nutzt bestehende Finanzmarktangebote.

Zwar erkennt Entwicklungsministerium diese herausragende Bedeutung der Diaspora bereits an und fördert deren Engagement in einigen Ländern mit den Programmen „Geschäftsideen für Entwicklung“ und „Widu Africa“. Unserer Ansicht nach müsste hier – wie in der Privatsektorförderung insgesamt – aber noch viel mehr geschehen. 

Nigeria, Namibia und Marokko als wichtige Partner für Deutschland

FOKUS AFRIKA: Nennen Sie die aus Ihrer Sicht drei wichtigsten afrikanischen Staaten, zu der Deutschland privilegierte Partnerschaften aufnehmen sollte.

Till Mansmann: Das ist eine Frage, die man als Diplomat auf keinen Fall beantworten sollte! Wir haben mehr als drei Partnerländer auf dem afrikanischen Kontinent, mit denen wir eng und gut zusammenarbeiten. 

Wenn ich auf meine drei letzten Reisen blicke, waren das jeweils sehr wichtige Partner: im bevölkerungsreichen Nigeria konzentrieren sich viele Herausforderungen des Kontinents in einem Land, in Namibia entsteht eines der vielversprechendsten Wasserstoffexportprojekte des Kontinents und Marokko spielt als Mittelmeeranrainer und Partner in Energie- und Migrationsfragen eine große Rolle für uns. 

Entwicklungspolitik muss wirtschaftsorientierter werden

FOKUS AFRIKA: Wie schauen Sie rückblickend auf Ihre letzte Legislaturperiode und was wünschen Sie sich für die nächsten vier Jahre?

Till Mansmann: Ich wünsche mir, dass wir in Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit auf neue Füße stellen und effizienter gestalten. Allein mehr Geld reicht nicht. Entwicklungs-, Außen- und Außenwirtschaftspolitik müssen enger verzahnt werden – das erwarten auch unsere Partnerländer. 

Der Widerstand gegen wirtschaftsorientierte Ansätze in weiten Teilen der deutschen Entwicklungspolitik ist nicht nur unproduktiv, sondern er bremst nachhaltigen Fortschritt. Leider herrscht in vielen NGOs eine Haltung, die wirtschaftliches Engagement von Unternehmen grundsätzlich negativ sieht. Auf dieser Basis können wir die ehrgeizigen Ziele, die wir uns beim Klimaschutz und bei den SDGs gesetzt haben, nie erreichen.

Verwandte Beiträge
Total
0
Share