Massaker in El Fasher: 460 Tote bei Angriff auf Krankenhaus in Darfur

In der sudanesischen Stadt El Fasher sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 460 Menschen bei einem Angriff auf das Saudi-Maternity-Hospital getötet worden. Unter den Opfern befinden sich Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen. Die WHO zeigte sich „zutiefst schockiert“ über das Massaker, das als eines der verheerendsten Angriffe auf medizinische Einrichtungen seit Beginn des Konflikts im April 2023 gilt.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus erklärte, die Organisation habe bislang 285 Angriffe auf das Gesundheitswesen in Sudan dokumentiert, bei denen über 1.200 Menschen getötet und mehr als 400 verletzt worden seien. „Alle Angriffe auf das Gesundheitswesen müssen sofort und bedingungslos aufhören“, betonte Tedros. Er forderte Schutz für medizinisches Personal und Zivilisten im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht.

El Fasher unter Kontrolle der RSF

Die Stadt El Fasher, bis vor wenigen Tagen der letzte von der Armee gehaltene Ort in Darfur, wurde nach monatelanger Belagerung von der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) eingenommen. Seitdem häufen sich Berichte über gezielte Angriffe auf Zivilisten, ethnisch motivierte Tötungen und schwere Menschenrechtsverletzungen.

Tausende Menschen flohen in Richtung Tawila, rund 60 Kilometer westlich von El Fasher. Nach Angaben des UN-Büros für humanitäre Hilfe (OCHA) treffen dort täglich Menschen „dehydriert, verletzt und traumatisiert“ ein. Hilfsorganisationen leisten Nothilfe, doch der Zugang zu den Betroffenen bleibt wegen der anhaltenden Kämpfe eingeschränkt.

Kinder besonders betroffen

Laut UNICEF sind rund 130.000 Kinder in El Fasher „akut gefährdet“. UNICEF-Direktorin Catherine Russell erklärte, es gebe Berichte über Entführungen, Tötungen, Verstümmelungen und sexualisierte Gewalt. Aufgrund von Kommunikationsausfällen sei das gesamte Ausmaß der humanitären Katastrophe noch nicht absehbar.

„Kein Kind ist in Sicherheit“, sagte Russell. UNICEF forderte eine sofortige Waffenruhe, sicheren Zugang für Hilfsorganisationen und die Freilassung aller festgehaltenen humanitären Helfer. Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Tötung von Rotkreuz-Helfern

Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bestätigte den Tod von fünf Freiwilligen in der Region Bara (Nord-Kordofan). Das IKRK sprach von einem „sinnlosen und schockierenden Verbrechen“ und verurteilte die zunehmende Gewalt gegen humanitäres Personal.

Die Organisation kündigte an, ihre Unterstützung in den von Kämpfen betroffenen Regionen fortzusetzen, um die „Würde und Sicherheit der Zivilbevölkerung“ zu wahren.

Vereinte Nationen fordern sofortiges Ende der Kämpfe

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Eskalation in El Fasher und verurteilte die Verletzungen des humanitären Völkerrechts, darunter wahllose Angriffe auf Zivilisten, sexualisierte Gewalt und ethnisch motivierte Übergriffe.

Guterres rief die sudanischen Streitkräfte und die RSF auf, umgehend eine Feuerpause einzuhalten und mit seinem Sondergesandten Ramtane Lamamra über einen politischen Ausweg zu verhandeln. Zudem warnte er vor der fortgesetzten Zufuhr von Waffen und Kämpfern in das Land, die den Konflikt weiter anheize.

Internationale Reaktionen und Hilfen

Die Europäische Union bezeichnete die Einnahme von El Fasher durch die RSF als „gefährlichen Wendepunkt im Krieg“ und forderte in einer gemeinsamen Erklärung von EU-Außenbeauftragter Kaja Kallas und EU-Kommissarin Hadja Lahbib ein sofortiges Ende der Gewalt.

Die EU betonte, die RSF trage Verantwortung für den Schutz von Zivilisten in den von ihr kontrollierten Gebieten und müsse Hilfsorganisationen freien Zugang gewähren. „Zivilisten, die die Stadt verlassen wollen, müssen dies sicher tun können“, hieß es in der Erklärung.

Mit mehr als 270 Millionen Euro humanitärer Hilfe ist Sudan das größte Empfängerland europäischer Nothilfe in Afrika. Ein Teil der Mittel fließt in Programme zur Dokumentation von Kriegsverbrechen und zur Stärkung internationaler Strafverfolgung.

Auch die deutsche Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan äußerte sich betroffen: „Die blutige Gewalt nach der Eroberung von El Fasher ist erschütternd. Leidtragende sind vor allem Frauen, Kinder und Kranke.“ Deutschland unterstütze weiterhin UNICEF und das Welternährungsprogramm (WFP) in Darfur, um Trinkwasser und medizinische Versorgung sicherzustellen.

Anhaltende humanitäre Katastrophe

Seit Beginn des Konflikts zwischen RSF und Armee im April 2023 wurden laut UN-Angaben mehr als 10.000 Menschen getötet, Millionen sind auf der Flucht. Die Kämpfe haben das Land in eine humanitäre Krise historischen Ausmaßes gestürzt – mit flächendeckender Nahrungsmittelknappheit, zerstörter Infrastruktur und kollabierenden Gesundheitsdiensten.

Beobachter warnen, dass der Angriff auf das Krankenhaus von El Fasher ein Kriegsverbrechen darstellen könnte. Die Vereinten Nationen fordern eine unabhängige Untersuchung aller Berichte über Massaker und Übergriffe, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

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