Im Vorfeld des 7. Gipfels von Afrikanischer Union und Europäischer Union in Luanda haben sich Abgeordnete des Pan-Afrikanischen Parlaments und des Europäischen Parlaments zu einem parlamentarischen Vortreffen in Midrand, Südafrika, versammelt. Unter dem Motto „Renewing Africa-Europe Parliamentary Cooperation in a Changing Global Context“ diskutierten sie, wie die Zusammenarbeit zwischen beiden Kontinenten politisch und institutionell weiterentwickelt werden soll.
Parlamentarisches Vortreffen in Midrand
Im Zentrum stand die Frage, welche Rolle Parlamente nach 25 Jahren AU-EU-Partnerschaft in der Steuerung und Kontrolle dieser Beziehungen einnehmen sollen. Die Abgeordneten formulierten gemeinsame Botschaften und Empfehlungen, die in den Gipfelprozess der Staats- und Regierungschefs einfließen sollen. Leitplanken bilden dabei die Agenda 2063 der Afrikanischen Union und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen.
Grundprinzipien der erneuerten Zusammenarbeit

Die gemeinsame Linie der Abgeordneten beruht auf einigen zentralen Grundsätzen. Erstens wird die Partnerschaft zwischen Afrika und Europa ausdrücklich als Beziehung von gleichberechtigten Partnern beschrieben, die auf Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht basiert. Diese Grundprinzipien werden als Voraussetzung für dauerhafte Stabilität und Entwicklung verstanden.
Zweitens betonen die Parlamentarier die Bedeutung des Multilateralismus. Internationale Zusammenarbeit und parlamentarische Diplomatie sollen genutzt werden, um komplexe politische, sicherheitspolitische und sozioökonomische Herausforderungen auf beiden Kontinenten zu bearbeiten. Das gilt für Themen der Friedenssicherung ebenso wie für wirtschaftliche und soziale Fragen.
Drittens rückt die Rolle der Parlamente selbst stärker in den Vordergrund. Sie sollen nicht nur Gesetzgebung und Haushaltskontrolle in den jeweiligen Unionsstrukturen ausüben, sondern auch die Umsetzung gemeinsamer AU-EU-Beschlüsse politisch begleiten, hinterfragen und öffentlich sichtbar machen. Parlamentarische Kontrolle wird als zentrales Element verstanden, damit Partnerschaftsprogramme messbare Ergebnisse für Bürgerinnen und Bürger liefern.
Reformen von Finanzarchitektur, Handel und globalen Rahmenbedingungen
Die parlamentarische Agenda greift auch die Debatte über die internationale Finanz- und Wirtschaftsordnung auf. Die Abgeordneten plädieren für eine Reform der globalen Finanzarchitektur und der Governance-Strukturen, einschließlich einer stärkeren Vertretung Afrikas in zentralen Institutionen.
Dazu gehören unter anderem Forderungen nach veränderten Entscheidungsstrukturen in internationalen Organisationen, einer gerechteren Behandlung afrikanischer Staaten bei Schuldenfragen sowie verbesserten Zugängen zu langfristigen, planbaren Finanzierungsquellen für Infrastruktur, Klima- und Entwicklungsprojekte. Handelspolitisch zielt die Zusammenarbeit darauf, wirtschaftliche Integration in Afrika voranzubringen und gleichzeitig den Marktzugang zwischen beiden Kontinenten zu vertiefen.
Im Bereich nachhaltiger Entwicklung werden globale Gesundheit, belastbare Agrar- und Ernährungssysteme sowie Klimaanpassung genannt. Afrika-EU-Programme in diesen Bereichen sollen so gestaltet werden, dass sie auf lokalen Prioritäten beruhen und gleichzeitig in übergreifende Strategien auf kontinentaler Ebene eingebettet sind.
Frieden und Sicherheit als gemeinsames Handlungsfeld
Ein weiterer Schwerpunkt der parlamentarischen Zusammenarbeit liegt auf der Friedens- und Sicherheitspolitik. Die Abgeordneten betonen, dass Sicherheit in Afrika und Europa eng miteinander verknüpft ist und sich Konflikte, Instabilität und Terrorismus über Regionen hinweg auswirken.
The Pre-African Union-European Union Summit Meeting kicks off in Midrand
— Pan-African Parliament (@AfrikParliament) November 14, 2025
The Pan-African Parliament (PAP) and the @Europarl_EN (EP) have commenced a two-day Parliamentary meeting under the theme: “Renewing Africa-Europe Parliamentary Cooperation in a Changing Global Context.”… pic.twitter.com/8eMIv7pSXf
Im Mittelpunkt stehen Prinzipien wie die Achtung des Völkerrechts, politische Stabilität durch demokratische Verfahren und verantwortliche Regierungsführung. Militärische Machtübernahmen und verfassungswidrige Veränderungen von Regierungen werden abgelehnt. Stattdessen wird auf politische Dialogformate, inklusive Prozesse und afrikanisch geführte Lösungen gesetzt.
Die Parlamentarier heben afrikanische Friedensinitiativen ausdrücklich hervor und verknüpfen diese mit der Frage der Finanzierung. Instrumente wie der Friedensfonds der Afrikanischen Union und europäische Finanzierungsmechanismen sollen so ausgestaltet werden, dass sie afrikanische Eigenverantwortung stärken, transparente Entscheidungsprozesse ermöglichen und gemeinsame Prioritäten abbilden.
Parlamentarische Dimension der Sicherheitspolitik
Neben der Finanzierung geht es um die Rolle der Parlamente in sicherheitspolitischen Fragen. Die Abgeordneten sehen die Notwendigkeit, Einsätze, Mandate und sicherheitspolitische Initiativen enger parlamentarisch zu begleiten. Dies betrifft sowohl nationale Parlamente als auch das Pan-Afrikanische Parlament und das Europäische Parlament in ihrer jeweiligen Funktion.
Dabei spielen Themen wie Rüstungskontrolle, der Schutz der Zivilbevölkerung, der Zugang humanitärer Hilfe und der Umgang mit neuen Bedrohungsformen eine Rolle. Sicherheits- und Friedenspolitik wird nicht als exklusives Feld der Exekutiven verstanden, sondern als Bereich, in dem Parlamente Transparenz einfordern und politische Richtungsentscheidungen mitgestalten.
25 Jahre AU-EU-Partnerschaft und die Rolle der Parlamente
Vor dem Hintergrund von 25 Jahren institutionalisierter AU-EU-Beziehungen wird die parlamentarische Ebene als Bereich mit Entwicklungspotenzial beschrieben. Während Gipfeltreffen, Kommissionsdialoge und bilaterale Regierungskanäle die Partnerschaft prägen, bleibt der Beitrag der Parlamente in vielen Feldern im Vergleich dazu weniger sichtbar.
The Pan-African Parliament (PAP) and the @Europarl_EN have issued a Joint Declaration following the @_AfricanUnion –European Union Parliamentary Pre-Summit Meeting held in Midrand, South Africa, on 14–15 November 2025.
— Pan-African Parliament (@AfrikParliament) November 24, 2025
Adopted today ahead of the 7th #AU–#EU Summit, currently… pic.twitter.com/q6BihrDygv
Die aktuelle parlamentarische Agenda knüpft daher an die bisherigen Erfahrungen an und setzt drei Schwerpunkte. Erstens sollen parlamentarische Dialoge regelmäßiger, strukturierter und thematisch fokussierter werden. Zweitens soll die Überwachung von gemeinsamen Programmen – etwa in Handel, Infrastruktur, Klima oder Sicherheit – durch parlamentarische Gremien intensiviert werden. Drittens sollen Bürgerbeteiligung, regionale Vielfalt und die Perspektiven junger Menschen stärker in die bi-regionale Debatte eingebunden werden.
Parlamentarische Kooperation als Teil einer breiteren Agenda
Die parlamentarische Zusammenarbeit wird damit zu einem Teil einer breiteren politischen Agenda zwischen Afrika und Europa. Sie reicht von wirtschaftlicher Integration über Rohstoff- und Handelspolitik bis hin zu Klima, Migration, digitalem Wandel und Sicherheitsfragen. Die Abgeordneten verknüpfen diesen breiten Themenkatalog mit der Erwartung, dass parlamentarische Gremien die Umsetzung politischer Zusagen dauerhaft begleiten und auf Kohärenz zwischen verschiedenen Politikfeldern achten.