Auf der 46. Ordentlichen Sitzung des Exekutivrats der Afrikanischen Union (AU) betonte Claver Gatete, Exekutivsekretär der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA), dass Reparationsforderungen für Afrika und Menschen afrikanischer Abstammung über finanzielle Entschädigungen hinausgehen müssen. Die Veranstaltung, die unter dem Leitthema „Gerechtigkeit für Afrikaner und Menschen afrikanischer Abstammung durch Reparationen“ stattfand, brachte afrikanische Außenminister zusammen, um zentrale Prioritäten des Kontinents zu diskutieren.
Gatete würdigte die Afrikanische Union für die Priorisierung dieses Themas und lobte AU-Kommissionsvorsitzenden Moussa Faki Mahamat für seine Führung. Zudem hob er hervor, dass zahlreiche Staats- und Regierungschefs sich verpflichtet haben, das Thema Reparationen in ihren Ländern voranzutreiben.
Historische Ungerechtigkeiten und wirtschaftliche Abhängigkeit rechtfertigen Reparationen
Gatete erinnerte an die nachhaltigen Folgen des transatlantischen Sklavenhandels und der kolonialen Ausbeutung, die Afrika seiner Bevölkerung, Ressourcen und Würde beraubt hätten. Diese historischen Ungerechtigkeiten seien auch heute noch in den globalen Finanz- und Handelssystemen sichtbar. Afrika besitze zwar 30 % der weltweiten Mineralreserven und 65 % des nutzbaren Ackerlands, trage jedoch lediglich 3 % zum weltweiten Handel und nur 1 % zur globalen industriellen Produktion bei. Diese Diskrepanz sei auf strukturelle Barrieren zurückzuführen, die wirtschaftliche Abhängigkeit verfestigten.
As African leaders gather in Addis Ababa for the 38th AU Summit, to address critical issues shaping the continent’s future, it’s important to understand the roles of the AU’s key decision-making organs driving these discussions:
Assembly of the Union: Sets the AU’s strategic… pic.twitter.com/vNa4enWbuC
— African Union (@_AfricanUnion) February 12, 2025
Auch in internationalen Finanzinstitutionen sei Afrika unterrepräsentiert. So besitze der gesamte Kontinent, bestehend aus 54 Staaten, in der Weltbank und im Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Stimmgewicht, das dem eines einzelnen Landes wie Deutschland entspricht. Zudem würden externe Ratingagenturen afrikanische Volkswirtschaften oft benachteiligen, wodurch sich die Finanzierungskosten erhöhten und Investitionen gehemmt würden.
Fünf Schwerpunkte für Reparative Gerechtigkeit
Gatete plädierte für einen ganzheitlichen Ansatz, der fünf zentrale Bereiche umfasst:
- Reform des globalen Finanzsystems: Afrika benötige eine stärkere Stimme in internationalen Finanzinstitutionen sowie fairere Kreditratings. Zudem sei eine afrikanische, unabhängige Ratingagentur notwendig.
- Stärkung der Afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA): Die wirtschaftliche Integration Afrikas sei entscheidend, um industrielle Kapazitäten auszubauen und Abhängigkeiten von externen Märkten zu reduzieren.
- Wertschöpfung innerhalb Afrikas: Die Verarbeitung von Rohstoffen solle verstärkt in Afrika erfolgen, anstatt Rohstoffe in unverarbeiteter Form zu exportieren und veredelte Produkte teuer zu importieren.
- Engere Zusammenarbeit mit der afrikanischen Diaspora: Investitions- und Kulturprogramme sollten gefördert werden, um wirtschaftliche und kulturelle Kooperationen mit Nachfahren versklavter Afrikaner zu stärken.
- Freizügigkeit innerhalb Afrikas: Die Implementierung des AU-Protokolls zur Freizügigkeit von Personen sei essenziell, um den regionalen Handel zu erleichtern und den Wissensaustausch zu intensivieren.
Trotz Forderungen nach Reparationen – Afrika muss Zukunft selbst gestalten
Gatete unterstrich, dass die Fehler der Vergangenheit nicht die Zukunft Afrikas bestimmen dürften. Afrika verfüge über die notwendigen Ressourcen, um wirtschaftliche Eigenständigkeit zu erlangen und eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Die ECA werde weiterhin eng mit afrikanischen Staaten zusammenarbeiten, um die wirtschaftliche Souveränität des Kontinents zu stärken.
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Die Sitzung des Exekutivrats fand im Vorfeld des Gipfels der Afrikanischen Union statt, bei dem in dieser Woche die Wahl des neuen AU-Kommissionsvorsitzenden ansteht. Jährlich wählt die AU ein Schwerpunktthema, das in Kooperation mit Partnern zur Umsetzung der Agenda 2063 für “Das Afrika, das wir wollen” vorangetrieben wird.