Zentralafrika im Sicherheitsrat: Wahlen trotzen Risiken durch Terrorismus und Klimaschocks

In Zentralafrika sind in den vergangenen Monaten politische Fortschritte und punktuelle Sicherheitsgewinne erzielt worden, während gleichzeitig bewaffnete Gewalt, Klimaschocks und regionale Konflikte die humanitäre Lage weiter verschärfen. Das erklärte der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Zentralafrika, Abdou Abarry, bei einer Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen am 11. Dezember 2025. Die Beratungen stützten sich auf aktuelle Lageberichte des UN-Regionalkommissariats UNOCA sowie auf Einschätzungen von humanitären Organisationen.

Wahlen und politische Entwicklungen in mehreren Staaten

Abarry stellte fest, dass die Region trotz anhaltender struktureller Herausforderungen in mehreren Staaten politische Prozesse vorangebracht habe. „In den vergangenen sechs Monaten hat Zentralafrika beträchtliche Fortschritte erzielt, auch wenn die Region weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert ist“, sagte er vor dem Sicherheitsrat. Zugleich betonte er: „Die Region hat ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, bestehende Problemlagen anzugehen.“

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in mehreren Ländern Zentralafrikas Wahlen durchgeführt oder politische Reformprozesse eingeleitet. In Gabun fanden laut UNOCA friedliche Wahlen statt. Auch in Kamerun sei eine Präsidentschaftswahl „in einer Atmosphäre relativer Ruhe“ abgehalten worden, wobei Abarry zugleich auf zunehmende Spannungen nach dem Urnengang hinwies. In Tschad verwies er auf den Start eines ambitionierten nationalen Entwicklungsprogramms, das mit institutionellen Reformen verbunden sei.

Vertreter mehrerer Sicherheitsratsmitglieder griffen diese Einschätzung auf, äußerten jedoch zugleich Sorge über die langfristige Stabilität politischer Übergangsprozesse. Insbesondere die Entwicklung des zivilgesellschaftlichen Raums und die Legitimität staatlicher Institutionen wurden in mehreren Wortmeldungen thematisiert.

Terroristische Gewalt im Tschadsee-Becken

Ein zentrales Thema der Sitzung war die Sicherheitslage im Tschadsee-Becken. Abarry warnte vor der anhaltenden Anpassungsfähigkeit bewaffneter Gruppen. „Mit Boko-Haram verbundenen Gruppen zeigen weiterhin ihre Fähigkeit, sich an die von den Sicherheitskräften der vier betroffenen Länder durchgeführten Operationen anzupassen“, erklärte er. Betroffen seien insbesondere Kamerun, Tschad, Niger und Nigeria.

Mehrere Delegationen verwiesen auf die wachsende Zahl von Angriffen mit improvisierten Sprengsätzen sowie auf den zunehmenden Einsatz von Drohnen durch nichtstaatliche Akteure. Vertreter aus Afrika und Europa unterstrichen die Bedeutung der Multinational Joint Task Force, die in der Region gegen terroristische Gruppen operiert, und wiesen auf deren Finanzierungs- und Ausstattungsprobleme hin.

Humanitäre Lage und Bildungskrise

Die humanitäre Situation war ein weiterer Schwerpunkt der Debatte. Christelle Hurè, Regionalleiterin Advocacy beim Norwegian Refugee Council, schilderte insbesondere die Lage im Bildungsbereich. Nach ihren Angaben waren im August 2025 in Zentralafrika rund 5.800 Schulen geschlossen, wodurch mehr als 1,2 Millionen Kinder keinen Zugang zu Bildung hatten.

Hurè warnte vor den langfristigen Folgen dieser Entwicklung: „Wenn Schultüren geschlossen werden, steigen die Schutzrisiken erheblich, insbesondere für Mädchen, die einer erhöhten Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt, Kinderheirat, früher Schwangerschaft, Kinderarbeit und der Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen ausgesetzt sind.“ In Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik seien strukturelle Schwächen des Bildungssystems seit Jahren nicht überwunden worden. Genannt wurden unter anderem Lehrermangel, überfüllte Klassen und anhaltende geschlechtsspezifische Ungleichheiten.

Auswirkungen der Krise im Sudan

Die Lage im Sudan wurde von mehreren Rednern als eines der größten regionalen Risiken bezeichnet. Seit dem Fall der Stadt El Fasher im November 2025 seien mehr als 12.000 weitere Menschen nach Tschad geflohen, zusätzlich zu den bereits rund 1,2 Millionen sudanesischen Flüchtlingen in den Nachbarstaaten. Abarry sagte dazu: „Die Sicherheits- und humanitäre Krise im Sudan hält leider weiter an.“ Er fügte hinzu: „Dieser Konflikt hat Auswirkungen auf die gesamte Region.“

Vertreter Frankreichs, des Vereinigten Königreichs und Dänemarks warnten vor einer Destabilisierung angrenzender Staaten, insbesondere des Tschad und der Zentralafrikanischen Republik. Die Aufnahmekapazitäten der betroffenen Länder seien stark belastet, während der humanitäre Hilfsplan für 2025 bislang nur zu 26 Prozent finanziert sei.

Klimaschocks als Sicherheitsfaktor

Mehrere Sicherheitsratsmitglieder stellten einen direkten Zusammenhang zwischen Klimaschocks und Sicherheitsrisiken her. Überschwemmungen in Kamerun, Dürreperioden in Angola und veränderte Niederschlagsmuster im Sahelraum verschärften demnach bestehende Konflikte um Land und Ressourcen. Der Vertreter Griechenlands erklärte: „Frauen und Mädchen zahlen den höchsten Preis für Konflikte und Naturkatastrophen.“

Auch Südkorea und Frankreich betonten, dass Umweltveränderungen zunehmend als Konflikttreiber wirkten, etwa durch verstärkte Spannungen zwischen sesshaften Gemeinschaften und nomadischen Viehhaltern. In diesem Zusammenhang wurde die Rolle von UNOCA hervorgehoben, Risiken im Bereich Klima, Frieden und Sicherheit frühzeitig zu analysieren.

Positionen im Sicherheitsrat

Die Debatte zeigte zugleich unterschiedliche politische Akzente innerhalb des Sicherheitsrats. Während westliche Staaten die Verknüpfung von Klima- und Sicherheitsfragen unterstützten, wies die Russische Föderation diesen Ansatz zurück. Moskau lehnte es ab, den Klimawandel als Thema des Sicherheitsrats zu behandeln.

Die Vereinigten Staaten betonten dagegen wirtschaftliche Perspektiven für die Region. Der US-Vertreter erklärte: „Die Vereinigten Staaten erkennen das Potenzial Afrikas an und betrachten afrikanische Länder als gleichwertige und leistungsfähige wirtschaftliche Partner.“ Zugleich forderte er die Staaten Zentralafrikas auf, eine stärkere Eigenverantwortung bei der Bewältigung ihrer Sicherheitsprobleme zu übernehmen.

Rolle von UNOCA

Mehrere Delegationen unterstrichen die Bedeutung des UN-Regionalbüros für Zentralafrika. Slowenien, das im Dezember den Vorsitz des Sicherheitsrats innehatte, verwies auf die präventiv-diplomatische Rolle von UNOCA und sprach sich gegen eine Kürzung der finanziellen Mittel aus. Auch afrikanische Staaten warnten davor, die Kapazitäten des Büros angesichts der komplexen Lage zu schwächen.

Die Beratungen im Sicherheitsrat machten deutlich, dass Zentralafrika derzeit von parallel verlaufenden Entwicklungen geprägt ist. Politische Fortschritte und institutionelle Prozesse stehen einer anhaltenden Gewalt, humanitären Krisen und strukturellen Risiken gegenüber, die nach Einschätzung der Vereinten Nationen weiterhin erhebliche internationale Aufmerksamkeit erfordern.

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