In Washington haben die Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi, und Ruandas, Paul Kagame, die „Washington Accords for Peace and Stability“ unterzeichnet. Die Unterzeichnung fand am 4. Dezember 2025 am Trump Institute for Peace in Anwesenheit des US-Präsidenten Donald Trump statt. Mehrere Staats- und Regierungschefs aus Afrika, darunter Faure Gnassingbé (Togo), João Lourenço (Angola), William Ruto (Kenia), Évariste Ndayishimiye (Burundi) und Jessica Alupo (Uganda), nahmen als Zeugen teil.
Zeremonie in Washington und Rolle der Vereinigten Staaten

Donald Trump bezeichnete die Vereinbarung als „großes Wunder“ und kündigte an, die Auswirkungen würden „sehr schnell“ sichtbar werden. Er sprach von einem Schritt, den viele zuvor für unmöglich gehalten hätten und erwartet „unmittelbare Ergebnisse“ aus der Umsetzung der Vereinbarung zwischen Kigali und Kinshasa. Zugleich stellte er die beiden Staatschefs als „Führungspersönlichkeiten“ dar, die ihre Fähigkeiten in den kommenden Monaten und Jahren unter Beweis stellen würden.
Auffällig war, dass Kagame und Tshisekedi das Abkommen vor laufenden Kameras unterschrieben, ohne sich die Hand zu geben. Beobachter vor Ort wiesen darauf hin, dass diese Szene die weiterhin bestehende Distanz zwischen beiden Seiten sichtbar machte, obwohl formal ein neuer Rahmen für die Normalisierung der Beziehungen geschaffen wurde. Wie aus dem offiziellen Text der „Washington Accords for Peace and Stability“ hervorgeht, soll die Vereinbarung einen umfassenden politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Rahmen für die Region der Großen Seen schaffen.
Positionen von Kagame und Tshisekedi zu den Washington Accords

Paul Kagame eröffnete seine Rede mit ausführlichen Dankesworten an die anwesenden afrikanischen Staats- und Regierungschefs sowie an Katar, das in den parallel laufenden Verhandlungen zwischen der Regierung der Demokratischen Republik Kongo und der Rebellengruppe AFC/M23 eine Vermittlerrolle übernommen hat.
Besonders hob er die Rolle der Vereinigten Staaten und Donald Trumps hervor. Niemand habe den US-Präsidenten aufgefordert, sich mit diesem Konflikt zu befassen, so Kagame, doch habe er die Gelegenheit erkannt, einen Beitrag zur Befriedung der Region zu leisten.
Kagame erinnerte daran, dass der Konflikt in der Region seit rund drei Jahrzehnten andauere und zahlreiche Vermittlungsinitiativen ohne nachhaltige Lösung geblieben seien. Die US-Vermittlung beschrieb er als „impartial“ und „pragmatisch“, ausgerichtet auf Zukunft, wirtschaftliche Entwicklung und Investitionen, auch aus den Vereinigten Staaten. Die unterzeichneten Texte bezeichnete er als „klarste und wertvollste Roadmap“, über die die Region bisher verfügt habe. Die Vereinbarungen enthielten aus seiner Sicht „alles, was nötig ist, um diesen Konflikt ein für alle Mal zu beenden“. Zugleich machte er deutlich, dass ein mögliches Scheitern nicht der US-Seite angelastet werden solle, sondern den regionalen Akteuren selbst. Es liege an den Staaten Afrikas, gemeinsam mit ihren Partnern an der Konsolidierung des Friedens zu arbeiten.
Félix Tshisekedi stellte in seiner Rede die strukturelle Breite der Washington Accords heraus. Die Vereinbarung umfasse eine Grundsatzerklärung, ein detailliertes Friedensabkommen sowie einen Rahmen für regionale wirtschaftliche Integration. Dies solle den Menschen in der Region eine neue Perspektive eröffnen und helfen, wiederkehrende Zyklen von Gewalt, Vertreibung, Misstrauen und gegenseitiger Beschuldigung zu durchbrechen. Tshisekedi kündigte einen „feierlichen“ Verpflichtungswillen der Demokratischen Republik Kongo an, sämtliche Verpflichtungen „mit Ernsthaftigkeit, Strenge und einem beständigen Fokus auf Frieden und Sicherheit“ umzusetzen.
Der kongolesische Präsident betonte, er setze darauf, dass Ruanda „vollständig den Wortlaut und den Geist“ der in Washington eingegangenen Verpflichtungen respektiere. Kinshasa strebe eine „friedliche Zusammenarbeit“ auf Grundlage gegenseitigen Respekts, Nicht-Einmischung und gemeinsamer Bekämpfung bewaffneter Gruppen an. Er verband dies mit der Forderung nach einem Ende jeglicher Unterstützung für sogenannte „negative Kräfte“ und der Perspektive einer faireren Nutzung wirtschaftlicher Potenziale zugunsten der Bevölkerung.
Zentrale Bestimmungen des Friedensabkommens zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo
Der Friedensvertrag zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda baut auf einer bereits am 25. April 2025 unterzeichneten Erklärung von Prinzipien auf. Im Präambelteil werden zentrale völkerrechtliche Bezugspunkte benannt, darunter die Charta der Vereinten Nationen, das Gründungsdokument der Afrikanischen Union sowie Resolution 2773 des Sicherheitsrats vom 21. Februar 2025. Zudem verweist der Text auf den im Rahmen des Luanda-Prozesses entwickelten Concept of Operations (CONOPS) zur harmonisierten Neutralisierung der FDLR und zum Abbau der ruandischen Verteidigungsmaßnahmen.
Kern des Abkommens ist die gegenseitige Anerkennung der territorialen Integrität, die Verpflichtung zu friedlicher Streitbeilegung und die ausdrückliche Untersagung von Aggressionsakten. Beide Staaten sagen zu, keine militärischen oder sonstigen feindseligen Aktivitäten vom eigenen Territorium ausgehen zu lassen, die die Sicherheit des jeweils anderen Staates gefährden könnten. Ebenso verpflichten sie sich, keine nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen zu unterstützen und Maßnahmen zu ergreifen, um entsprechende Aktivitäten auf ihrem Staatsgebiet zu verhindern.
President Trump’s priority is peace. Under @POTUS's leadership, the Democratic Republic of the Congo and Rwanda signed the Washington Accords for Peace and Prosperity to end a 30-year conflict, build economic opportunity, and lay the foundation for durable peace. With peace,… pic.twitter.com/mNpCIGfAaI
— Secretary Marco Rubio (@SecRubio) December 4, 2025
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Umgang mit nichtstaatlichen bewaffneten Akteuren wie den FDLR oder der AFC/M23. Die Parteien erklären, dass sie alle staatliche Unterstützung für solche Gruppen beenden und laufende Verhandlungen – insbesondere die in Doha unter Vermittlung Katars geführten Gespräche zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der AFC/M23 – aktiv unterstützen. Mögliche Integrationen ehemaliger Kämpfer in die kongolesischen Streitkräfte (FARDC) oder die Polizei sollen individuell, an strenge Kriterien gebunden und unter Beachtung des humanitären Völkerrechts erfolgen.
Das Abkommen legt zudem besonderen Wert auf den Schutz der Zivilbevölkerung und die Gewährleistung humanitärer Zugänge. Beide Seiten sagen zu, die freie Bewegung von Zivilpersonen und humanitärem Personal zu ermöglichen und ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht einzuhalten. Die sichere Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen soll im Rahmen bestehender trilateraler Vereinbarungen mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk HCR organisiert werden.
Gemeinsamer Sicherheitsmechanismus und Rolle von MONUSCO
Für die Umsetzung der sicherheitspolitischen Bestimmungen sieht der Text die Einrichtung eines Gemeinsamen Sicherheitskoordinationsmechanismus (Joint Security Coordination Mechanism, JSCM) vor. Innerhalb von 30 Tagen nach Inkrafttreten des Abkommens soll dieser Mechanismus seine Arbeit aufnehmen. Er besteht aus ständigen Vertretern beider Staaten aus Militär, Nachrichtendiensten und Außenministerien. Aufgaben des JSCM sind unter anderem die Identifizierung, Lokalisierung und Bewertung der FDLR und verbündeter Gruppen, der Austausch von Lageinformationen sowie die Koordinierung von Maßnahmen zur Neutralisierung dieser Akteure auf Basis des CONOPS.
Die Treffen des JSCM sollen monatlich stattfinden und abwechselnd in der Demokratischen Republik Kongo und in Ruanda abgehalten werden. Nach jeder Sitzung ist ein gemeinsamer Bericht vorgesehen, der den zuständigen militärischen und zivilen Stellen beider Staaten vorgelegt wird. Die USA und Katar werden als Beobachter zu den Sitzungen eingeladen. Die Laufzeit des Mechanismus ist an den Auftrag gebunden, die im Abkommen und im CONOPS definierten Ziele zu erreichen.

Parallel dazu bestätigt das Abkommen die Rolle der UN-Mission MONUSCO. Die Konfliktparteien sagen zu, die Bewegungsfreiheit der Mission zu gewährleisten, die Sicherheit des eingesetzten Personals zu respektieren und die Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats zu unterstützen. MONUSCO wird als wichtiger Akteur für den Schutz der Zivilbevölkerung und die Stabilisierung im Osten der Demokratischen Republik Kongo beschrieben.
Wirtschaftliche Integration und Kontrolle von Rohstoffketten
Ein eigenständiger Abschnitt der Washington Accords widmet sich der wirtschaftlichen Dimension. Innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten wollen die Parteien einen „Rahmen für regionale wirtschaftliche Integration“ schaffen, der in einem separaten Abkommen ausgeführt werden soll. Der Rahmen soll auf bestehende Initiativen wie die Afrikanische Freihandelszone (ZLECAf), die Internationale Konferenz der Region der Großen Seen (CIRGL) und regionale Wirtschaftsgemeinschaften aufbauen.
Auf bilateraler Ebene planen Kinshasa und Kigali eine vertiefte Zusammenarbeit in Bereichen wie Management von Nationalparks, gemeinsame Nutzung von Wasserressourcen im Kivu-See, Entwicklung von Wasserkraftprojekten, Absicherung von Lieferketten für kritische Mineralien sowie Schaffung transparenter, formal organisierter Wertschöpfungsketten von der Mine bis zum verarbeiteten Metall. Dabei sind Partnerschaften mit Drittstaaten, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, ausdrücklich vorgesehen.

Zur Kontrolle der wirtschaftlichen Prozesse sollen unabhängige Mechanismen für Wirtschaftsprüfung und Korruptionsbekämpfung geschaffen oder genutzt werden. Diese sollen Lieferketten für Mineralien, Infrastrukturprojekte und künftige Wirtschaftsabkommen überwachen. Ziel ist es, illegale wirtschaftliche Kanäle zurückzudrängen und die Erträge aus natürlichen Ressourcen stärker in den Herkunftsregionen wirksam werden zu lassen.
Militärische Umsetzung: Neutralisierung der FDLR und Abbau ruandischer Verteidigungsmaßnahmen
Ein dem Abkommen beigefügtes Concept of Operations konkretisiert die militärische Umsetzung. Es stützt sich auf den Luanda-Prozess und legt fest, wie die kongolesischen Streitkräfte die FDLR neutralisieren und wie Ruanda schrittweise seine Verteidigungsmaßnahmen entlang der Grenze zurücknehmen soll. Die Operation ist in vier Phasen gegliedert: Vorbereitung, Durchführung, Bewertung und Stabilisierung.
In der Vorbereitungsphase geht es um Lageanalyse, Informationsaustausch, Lokalisierung der FDLR und Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung. In der Durchführungsphase werden gezielte Operationen gegen FDLR-Strukturen beschrieben, während Ruanda parallel dazu seine Verteidigungsmaßnahmen zurückfährt und grenzüberschreitende Einsätze einstellt. Es folgen gemeinsame Bewertungen der erreichten Fortschritte.

Die Stabilisierung umfasst Demobilisierung, Rückführung und Reintegration ehemaliger Kämpfer, die Wiederherstellung staatlicher Autorität, die Sicherung von Verkehrsachsen und Rückkehrbedingungen für Binnenvertriebene. Das Concept of Operations nennt als gewünschtes Endergebnis die vollständige Beseitigung der FDLR-Bedrohung auf kongolesischem Territorium, den Abbau ruandischer Verteidigungsmaßnahmen und eine deutliche Senkung der Spannungen zwischen beiden Staaten.