US-Operation in Somalia: AFRICOM intensiviert Luftschläge gegen ISIS

Das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) hat im Oktober 2025 mehrere Luftangriffe gegen mutmaßliche Stellungen des sogenannten „Islamischen Staates in Somalia“ (ISIS-Somalia) durchgeführt. Nach Angaben des Kommandos erfolgten die Einsätze in enger Abstimmung mit der somalischen Bundesregierung und den nationalen Streitkräften. Ziel der Operationen sei es, die Fähigkeiten der Terrororganisation zu schwächen und deren Bedrohungspotenzial für US-Interessen im In- und Ausland zu reduzieren.

Die Angriffe ereigneten sich im Gebiet der Golis-Berge, etwa 85 Kilometer südöstlich der Hafenstadt Bossaso in der Region Puntland. In allen Mitteilungen betonte AFRICOM, dass keine Details zu den beteiligten Einheiten oder eingesetzten Waffensystemen veröffentlicht werden, um die laufenden Operationen nicht zu gefährden.

Dauerhafte US-Präsenz und Zusammenarbeit mit Mogadischu

Die Serie von Luftangriffen – dokumentiert am 11., 20., 24. und 26. Oktober – unterstreicht die kontinuierliche militärische Präsenz der USA in Somalia. AFRICOM führt regelmäßig Präzisionsschläge gegen ISIS- und Al-Shabaab-Strukturen durch. Die Einsätze erfolgen mit Zustimmung der somalischen Regierung, die sich auf US-Unterstützung in Ausbildung, Aufklärung und Logistik stützt.

Neben der Luftunterstützung bilden amerikanische Truppen die DANAB-Spezialeinheiten der somalischen Armee aus. Dieses Elitebataillon gilt als zentrales Instrument in der Bekämpfung von Al-Shabaab und anderer extremistischer Gruppierungen. Die Ausbildung erfolgt durch US-amerikanische Einheiten, zuletzt durch das 10th Mountain Division Command, mit Fokus auf Logistik, operative Planung und schwere Geräte.

Strategische Bedeutung der Region Puntland

Die nordöstliche Region Puntland gilt als Rückzugsgebiet für ISIS-Somalia, das sich 2015 von Al-Shabaab abgespalten hat. Die dortigen Gebirgszüge und abgelegenen Täler bieten Unterschlupf und logistische Vorteile für bewaffnete Zellen.

Trotz wiederholter US-Schläge in den vergangenen Jahren bleibt die Gruppe aktiv und nutzt die geografischen Bedingungen, um sich den staatlichen Sicherheitskräften zu entziehen. Nach Angaben von Beobachtern kontrollieren die Kämpfer keine größeren Städte, verfügen jedoch über Schmuggelrouten zwischen der somalischen Nordküste und Jemen.

Washingtons sicherheitspolitisches Dilemma

Ein Bericht der International Crisis Group vom 24. Oktober 2025 beschreibt die US-Politik gegenüber Somalia als festgefahren. Die aktuelle US-Regierung unter Präsident Donald Trump halte an einer „niedrigintensiven Präsenz“ fest, die zwar Kosten und Risiken begrenze, aber langfristig keine politische Stabilisierung erziele.

Seit Jahren verfolgen aufeinanderfolgende US-Regierungen das Ziel, Al-Shabaab und ISIS-Somalia zu schwächen und gleichzeitig den somalischen Staat zu befähigen, selbst für Sicherheit zu sorgen. Laut Crisis Group bleibe der Fortschritt jedoch begrenzt: Trotz militärischer Unterstützung, Ausbildung und Milliardenhilfen bleibe Al-Shabaab eine existentielle Bedrohung, während die politischen Spannungen zwischen Bund und Regionen die Regierungsarbeit lähmen.

Trump hatte bereits in früheren Reden betont, er halte den Somalia-Einsatz für ein Beispiel missbräuchlicher Auslandseinsätze. Dennoch sei ein abrupter Rückzug unwahrscheinlich, da er die fragile Sicherheitslage weiter verschärfen und andere internationale Partner zu ähnlichen Schritten veranlassen könnte.

Politische Optionen und Zukunftsszenarien

Crisis Group skizziert mehrere Handlungsoptionen für die USA:

  1. Verstärkte militärische Offensive gegen Al-Shabaab und ISIS-Somalia – mit dem Risiko einer Eskalation ohne politische Lösung.
  2. Strategische Verlagerung des Engagements auf Somaliland, was jedoch Spannungen mit Mogadischu und Nachbarstaaten auslösen könnte.
  3. Kontrollierte Reduktion der Präsenz, gekoppelt an politische Reformen und Dialog zwischen Regierung, Bundesstaaten und oppositionellen Gruppen.

Empfohlen wird ein „pragmatischer Mittelweg“: gezielte politische Einflussnahme auf die somalische Führung, um einen Wahlkompromiss für 2026 zu erzielen, die föderalen Konflikte zu entschärfen und Gespräche über eine mögliche Einbindung von Al-Shabaab in einen politischen Prozess vorzubereiten.

Washingtons Ziel sei es, die militärische Präsenz langfristig zu verringern, ohne den Sicherheitskollaps im Horn von Afrika zu riskieren.

US-Militärstrategie zwischen Stabilisierung und Rückzug

Trotz zunehmender Kritik bleibt die US-Strategie in Somalia auf Terrorismusbekämpfung und Partnerschaftausgerichtet. Neben der Ausbildung nationaler Sicherheitskräfte werden humanitäre Hilfen, Infrastrukturförderung und internationale Koordination fortgeführt.

Militärisch stützt sich das Engagement auf eine Kombination aus Drohnenoperationen, Spezialkräfteeinsätzen und strategischer Beratung. Der Standort Camp Lemonnier in Dschibuti dient als logistisches Hauptzentrum für Operationen am Horn von Afrika.

Somalias Regierung begrüßt die jüngsten Luftschläge als Beitrag zur Schwächung extremistischer Gruppen. Unabhängige Analysten verweisen jedoch auf die Gefahr, dass wiederholte US-Angriffe ohne politische Fortschritte den Konflikt verlängern könnten.

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