Die jüngsten Aussagen des AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Sichert haben eine Welle der Empörung ausgelöst. Während einer Debatte zur Cannabislegalisierung stellte Sichert pauschale Verbindungen zwischen Marokkanern, Arbeitslosigkeit und Kriminalität her.
Diese Äußerungen wurden von Organisationen der marokkanischen Diaspora sowie politischen Vertreterinnen entschieden zurückgewiesen. Die entfachte Diskussion beleuchtet nicht nur die Problematik populistischer Rhetorik, sondern auch die wertvolle Rolle der marokkanischen Gemeinschaft in Deutschland für die deutsch-marokkanischen Beziehungen.
Die umstrittenen Aussagen von Martin Sichert: Pauschale Vorwürfe gegen Marokkaner
In seiner Rede im Bundestag behauptete Martin Sichert, die sogenannte „Mocro-Mafia“, eine organisierte kriminelle Gruppe aus den Niederlanden, bestehe überwiegend aus Marokkanern und dass arbeitslose Marokkaner abgeschoben werden sollten. Diese Äußerungen fielen im Kontext einer Debatte über die Cannabislegalisierung, wobei Sichert die Legalisierung mit einer vermeintlich steigenden Bedrohung für die innere Sicherheit verband.
Seine Rhetorik, die Zuwanderung mit Kriminalität gleichsetzt, spiegelt laut Kritikerinnen und Kritikern eine rassistische und diskriminierende Haltung wider, die das gesellschaftliche Klima vergiftet und gezielt gegen Minderheiten hetzt.
Marokkanische Diaspora: Scharfe Ablehnung und Prüfung rechtlicher Schritte
13 Organisationen der marokkanischen Diaspora aus Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hessen, Saarland, Baden-Württemberg und Bremen veröffentlichten eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie Sicherts Aussagen entschieden zurückweisen.
Sie betonten, dass seine Aussagen nicht nur falsch und pauschalisierend seien, sondern gezielt darauf abzielten, Ängste zu schüren und Vorurteile zu verstärken.
„Seit über 60 Jahren leisten Marokkanerinnen und Marokkaner wertvolle Beiträge in Deutschland – ob in der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur oder der Gesellschaft. Sicherts Aussagen verkennen diese Realität und diffamieren eine ganze Gemeinschaft auf Grundlage falscher und unverantwortlicher Unterstellungen“, hieß es in der Stellungnahme.
Zudem kündigten sie rechtliche Schritte an, um gegen solche diskriminierenden Aussagen vorzugehen. Die Erklärung unterstrich auch die möglichen außenpolitischen Folgen solcher Rhetorik: „Die Äußerungen des Abgeordneten im Plenum des Bundestags nehmen Schäden an den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko billigend in Kauf.“
Politische Stimmen: Parteiübergreifende Kritik an Martin Sichert
Auch Politikerinnen und Politiker aus demokratischen Parteien zeigten sich empört über die Aussagen des AfD-Abgeordneten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sanae Abdi, selbst Deutsch-Marokkanerin und entwicklungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, verurteilte Sicherts Aussagen scharf: „Die Aussagen des AfD-Abgeordneten Martin Sichert zeigen wieder einmal den rassistischen Kern der Partei. Ohne jeglichen Anspruch auf Anstand und Wahrhaftigkeit werden Zusammenhänge konstruiert, Sündenböcke erfunden und Menschen gegeneinander aufgehetzt.“
Auch die Grünen-Politikerin Dr. Julia Höller, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, äußerte sich gegenüber FOKUS AFRIKA kritisch zu Sicherts Rede: „Die AfD verbreitet mal wieder absichtlich rassistische und menschenfeindliche Falschbehauptungen. Die Serie von Gewalttaten und Explosionen in NRW ist nicht hinnehmbar und zeigt, dass wir uns sehr ernsthaft mit den verschiedenen Formen der organisierten Kriminalität befassen müssen.“
Sie betonte auch, dass der Begriff „Mocro-Mafia“ weder hilfreich noch korrekt sei: „Dabei ist der Begriff ‚Mocro-Mafia‘ nicht nur wenig hilfreich, sondern auch inhaltlich falsch, wie die Polizei NRW mehrfach auch öffentlich festgestellt hat. Die pauschale Vorverurteilung von Marokkanerinnen und Marokkanern und die von der AfD geäußerten Vorurteile lehne ich entschieden ab.“
An der deutsch-marokkanischen Freundschaft wird festgehalten
Sanae Abdi unterstrich die Bedeutung der deutsch-marokkanischen Beziehungen, die auf Respekt und gegenseitiger Anerkennung beruhen. Marokko ist ein zentraler Partner auf multidimensionalen Ebenen.
„Deutschland pflegt sehr gute Beziehungen zu Marokko und profitiert enorm von wechselseitigen Beziehungen. Von der Einwanderung hochqualifizierter Fachkräfte bis zur Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien ist unsere Partnerschaft geprägt von einem Austausch, der auf gegenseitiger Anerkennung und Respekt beruht,“ erklärte Abdi diesem Medium.
Sie warnte, dass die populistische Hetze der AfD diese Partnerschaft gefährden könnte: „Mit ihren haltlosen Unterstellungen hetzt die AfD Menschen gegeneinander auf, zerstört die jahrelange zwischenstaatliche Arbeit und schadet Deutschland massiv.“
Gefahr durch populistische Rhetorik: Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Die breite Kritik an Sicherts Rede verdeutlicht die wachsende Sensibilität gegenüber populistischen und rassistischen Aussagen. Sie zeigt aber auch die Notwendigkeit, solchen Äußerungen mit Fakten, gesellschaftlicher Solidarität und rechtlichen Mitteln entgegenzutreten, um Beschädigungen des internationalen Ansehens zu minimieren.
Die marokkanische Diaspora erklärt, dass sie weiterhin für ihre Werte und ihren Beitrag zur deutschen Gesellschaft einstehen werde. „Unsere Werte beruhen auf Einigkeit, Recht und Freiheit für ein friedliches, erfolgreiches Miteinander in Deutschland,“ erklärten die Organisationen. Politische Vertreterinnen und Vertreter nehmen dieses Angebot auf, gesellschaftliche Herausforderungen durch faktenbasierte und differenzierte Ansätze anzugehen. Der Einsatz für Solidarität und ein respektvolles Miteinander sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.