Die Streitkräfte von Guinea-Bissau haben die Festnahme mehrerer ranghoher Offiziere bekannt gegeben. Präsident Umaro Sissoco Embaló erklärte, es habe eine „versuchte Machtübernahme“ gegeben, die darauf abgezielt habe, den Wahlprozess zu verhindern. Die Lage sei „unter Kontrolle“. Der stellvertretende Generalstabschef Mamadu Turé sagte, die Operation habe darauf abgezielt, „den Wahlprozess zu unterbrechen“.
Zahlen zu den festgenommenen Offizieren nannte er nicht. Unter den Inhaftierten ist demnach Brigadegeneral Daba Nawalna, Direktor eines militärischen Ausbildungszentrums nördlich von Bissau. Turé zufolge sind weitere Offiziere flüchtig. Falls Zivilpersonen beteiligt gewesen seien, würden diese ebenfalls festgenommen. Wie Jeune Afrique berichtet, bestätigte Präsident Embaló telefonisch, es handele sich um eine „versuchte Machtübernahme, um die Abhaltung der Wahlen zu verhindern“, und kündigte Ermittlungen an.
Verschwinden und Inhaftierungen ranghoher Militärs
Bereits in den Vortagen wurden nach übereinstimmenden Berichten Festnahmen und mutmaßliche Entführungen innerhalb der Streitkräfte gemeldet. Der stellvertretende Militärstaatsanwalt Major Domingos Nhanque wurde zu Wochenbeginn in ungeklärten Umständen inhaftiert. Am Abend des 29. Oktober sei Brigadegeneral Daba Nawalna, ehemaliger Präsident des Obersten Militärgerichts und aktuell Leiter der Militärschule von Cumeré, von bewaffneten Soldaten abgeführt worden und seitdem verschwunden.

Ebenfalls als vermisst gilt Oberst Júlio Naquidanque, Leiter der Direktion für Operationen und Ausbildung des Heeres, der nach einer Einbestellung nach Bissau nicht zurückkehrte. Familien der Betroffenen erhielten nach diesen Berichten keine offizielle Auskunft. Die Abfolge nicht mandatierter Festnahmen und ungeklärter Verschleppungen hat innerhalb der Streitkräfte und in der Zivilgesellschaft Besorgnis ausgelöst. Dies berichten portugiesischsprachige Medien wie e-Global.
Institutionelles Spannungsfeld in den Sicherheitsorganen
Offiziell betont die Regierung die Neutralität der Streitkräfte und deren Rolle bei der Sicherung der Wahlen. Die genannten Festnahmen und das Ausbleiben transparenter Informationen verstärken jedoch die Wahrnehmung politischer Einflussnahme auf militärische und justizielle Institutionen. Intern wird auf Bruchlinien innerhalb des Heeres verwiesen, unter anderem auf Kontroversen um die anhaltende Amtszeit von General Biagué Na Ntan als Generalstabschef.

Stimmen innerhalb der Truppe sehen darin ein Symbol fehlender Erneuerung und unzureichender institutioneller Distanz zum politischen Machtzentrum. Eine öffentliche Stellungnahme des Generalstabs zu diesen Vorgängen lag den genannten Berichten zufolge nicht vor.
Wahlprozess unter juristischen und politischen Vorzeichen
Die Ereignisse fallen in die unmittelbare Vorphase der Wahlkampagne, die am 1. November beginnt. Für den 23. November sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen geplant. Der Oberste Gerichtshof hatte zuvor die Teilnahme der von der historischen Unabhängigkeitspartei PAIGC getragenen Koalition PAI–Terra Ranka und ihres Vorsitzenden Domingos Simões Pereira ausgeschlossen.
Nach Angaben von e-Global sind insgesamt elf weitere Parteien für die Legislativwahlen zugelassen worden, darunter mehrere Neugründungen seit 2020. Die Plattform „Nô Kumpu Guiné“, die die Wiederwahl von Präsident Embaló unterstützt, trat in der Vorkampagne sichtbar auf, während große programmatische Debatten ausblieben.
Reaktionen politischer Akteure und Zivilgesellschaft
Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen kritisieren ein Klima der Einschüchterung, verweisen auf eine starke militärische Präsenz im öffentlichen Raum und auf begrenzte Versammlungsfreiheit. Die PAIGC kündigte an, die Legitimität des Wahlprozesses politisch und symbolisch in Frage zu stellen. Einzelne Oppositionsvertreter suchten Medienberichten zufolge die PAIGC-Spitze zu Solidaritätsbesuchen auf.
Hinweise auf breit angelegte Straßenproteste lagen demnach zunächst nicht vor. Der Koordinator der Plattform „Nô Kumpu Guiné“, Botche Candé, bezog sich in einer öffentlichen Erklärung auf die PAIGC und warf ihr mangelnde Flexibilität vor. Er erklärte sinngemäß, die Verantwortung für ein mögliches Fernbleiben bei der Wahl liege bei Domingos Simões Pereira, da er den Dialog mit dem Präsidenten suchen könne. Die PAIGC bekräftigte ihrerseits, ohne ihre Teilnahme sei der Wahlprozess nicht glaubwürdig.
Wahlbeteiligung, Zulassungen und Kräfteverhältnisse

Den vorliegenden Berichten zufolge tritt die Plattform „Nô Kumpu Guiné“ in 21 der 29 Wahlkreise an, was ihre Ausgangsposition für die Parlamentswahlen stärkt. Beobachter verweisen darauf, dass damit eine deutliche Mandatsbasis in einem Parlament mit 102 Sitzen möglich erscheint.
Auf der Präsidentschaftsebene gelten mehrere Kandidaturen als maßgeblich, darunter ehemalige Amtsinhaber und unabhängige Bewerber. Aufgrund des Ausschlusses des PAIGC-Lagers richtet sich die Aufmerksamkeit auf verbleibende Kandidaten, die die Politik des Amtsinhabers kritisch bewerten.
Sicherheitslage und Wahlkampfumfeld
Die Sicherheitskräfte wurden nach Medienangaben in Bereitschaft versetzt. In der Hauptstadt und in Provinzstädten sind verstärkte Patrouillen gemeldet worden. Einzelne Zusammenstöße und Festnahmen wurden dokumentiert.
Der Wahlkampf beginnt in einem Umfeld, das von juristischen Auseinandersetzungen, organisatorischen Herausforderungen und einer öffentlichen Debatte über die Trennlinien zwischen politischer Führung, Justiz und Verteidigungsapparat geprägt ist. Die wiederholten Unterbrechungen des verfassungsmäßigen Gleichgewichts in der jüngeren Geschichte des Landes bilden den Hintergrund, vor dem sich die aktuelle Lage entfaltet.
Guinea-Bissau verzeichnet seit der Unabhängigkeit mehrere erfolgreiche Staatsstreiche und eine hohe Zahl gescheiterter Putschversuche. Diese Chronik institutioneller Instabilität prägt die Erwartungen an Wahlprozesse und die Rolle der Sicherheitsorgane. Vor diesem Hintergrund erhalten Berichte über Festnahmen, Verschwindenlassen und interne Friktionen innerhalb der Armee besondere Relevanz, insbesondere in unmittelbarer Nähe zu einem Wahltermin.