Präsident Sassou N’Guesso hält Rede zur Lage der Republik Kongo

Präsident Denis Sassou N’Guesso hat in seiner Rede zur Lage der Nation am 28. November in Brazzaville ein kompromissloses Vorgehen gegen gewalttätige Banden angekündigt, die im öffentlichen Diskurs als „koulounas“ bezeichnet werden. Er bekräftigte, vor Verfassung und Volk die Verpflichtung eingegangen zu sein, die Sicherheit „aller und eines jeden“ zu garantieren, und erklärte sich auf diesem Feld „kompromisslos“.

Unnachgiebige „Traque“ gegen kriminelle Banden

Er bestätigte, „dass die Verfolgung und das Demontieren dieser Gruppen ohne Glauben und Gesetz in allen Ecken und Winkeln aufrechterhalten werden, bis zur Ergreifung des letzten Banditen“. Ziel sei es, dass die Bevölkerung wieder „die Ruhe der Herzen und die Gelassenheit der Geister“ in allen Landesteilen erlebe. Dies gelte sowohl für die politische Hauptstadt Brazzaville als auch für die Wirtschaftsmetropole Pointe-Noire, deren Anziehungskraft nicht durch Unsicherheit beeinträchtigt werden solle.

Sassou N’Guesso stellte das Vorgehen gegen die Banden in einen umfassenden sicherheitspolitischen Rahmen. Er sprach von „organisierten Banden“, die in strukturierter und vorsätzlicher Weise Terror verbreiteten, Vergewaltigungen und „beispiellose Grausamkeit“ verübten und damit ein Klima der Angst im Land erzeugten. Der Staat als „Schutzmacht“ ziehe den Kreis um die Täter enger und werde deren Verfolgung ohne Unterbrechung fortsetzen.

Bedrohung für Städte, Nachtökonomie und Bildung

In seiner Ansprache ging der Präsident ausführlich auf die sozioökonomischen Folgen des organisierten Banditentums ein. Betroffen sei vor allem die sogenannte „Nachtwirtschaft“, also wirtschaftliche Aktivitäten in Hotellerie, Gastronomie, Unterhaltung, Kultur und nächtlichem Tourismus. Diese Bereiche würden „tief“ von einem Umfeld der Angst geprägt und gerieten „unter die Fänge der Unsicherheit“.

Besonders hervorgehoben wurden die Risiken für den informellen Sektor, „gehalten von unschuldigen Müttern“, die früh aufstünden und bis spät in die Nacht arbeiteten, um den Grundbedarf zahlreicher Familien zu decken. Ohne effektive Eindämmung könnten ihre Aktivitäten „schwer destabilisiert“ werden. Sassou N’Guesso verwies zudem auf wiederholte Übergriffe in Schulen, Collèges und Lycées, die als „Ort der Vorbereitung auf das Leben in der Gesellschaft“ besonders verletzlich seien. Regelmäßige „Überfälle“ solcher Gruppen könnten Bildungseinrichtungen „unter dem Gewicht dieser beispiellosen Inhumanität“ zusammenbrechen lassen und dem internationalen Bild des Landes schaden.

Vor diesem Hintergrund formulierte der Präsident eine deutliche Warnung: Angesichts der „Gefahr der Instabilität“ könne die öffentliche Gewalt nicht dauerhaft herausgefordert werden, ohne das Risiko einzugehen, „sich zur öffentlichen Ohnmacht zu reduzieren“. Die Bevölkerung rief er auf, die Bemühungen der Sicherheitskräfte bei der „Eradikation“ der kriminellen Gruppen zu unterstützen. Zugleich sprach er den Überlebenden der Gewalttaten und ihren Familien „tiefe nationale Anteilnahme“ aus.

Wie die Agence Congolaise d’Information berichtet, nahm der sicherheitspolitische Teil der Rede einen zentralen Platz in der Ansprache ein und wurde bewusst mit langfristigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leitlinien verknüpft.

Sicherheit im Kontext einer langen Konfliktgeschichte

Sassou N’Guesso rahmte die aktuelle Sicherheitslage in eine historische Rückschau seit der Ausrufung der Republik am 28. November 1958 ein. Er erinnerte an „gefährliche Zonen der Turbulenzen“ in Form von Aufständen, Unruhen, Putschversuchen und bewaffneten Auseinandersetzungen. Erwähnt wurden unter anderem die Konflikte von 1959 in Brazzaville, die „Trois Glorieuses“ von 1963, die Gründung und inneren Spannungen des Nationale Revolutionsbewegung sowie Putschversuche Anfang der 1970er Jahre.

Die politischen und gesellschaftlichen Krisen der 1990er Jahre – inklusive der Übergang zum Mehrparteiensystem und die gewaltsamen Konflikte von 1993, 1997, 1998 und 1999 – bezeichnete er als „die tragischsten Seiten der modernen Geschichte des Landes“. Diese Rückschau sei notwendig, um jüngeren Generationen die Konturen der Vergangenheit zu vermitteln und einer Verzerrung oder Verdrängung der historischen Erfahrungen vorzubeugen.

Dabei zitierte Sassou N’Guesso frühere eigene Aussagen zur Demokratisierung und stellte fest, dass ein pluralistisches System allein keine Tugend garantiere. Er betonte, die „Frieden der Herzen und die Gelassenheit der Geister“ seien seit langem Leitmotive seiner politischen Kultur. Frieden sei nicht nur Abwesenheit von Krieg, sondern auch die „Eradikation jeder Erscheinung, die Sicherheit und Ruhe der Bevölkerung angreift“ – ausdrücklich einschließlich schwerer Kriminalität.

Jugend, Bildung und Beschäftigung als innenpolitische Schwerpunkte

Ein weiterer Schwerpunkt der Rede lag auf der Jugendpolitik. Das Jahr 2024 war zur „Jahr der Jugend“ erklärt worden. Nach Darstellung des Präsidenten ging es dabei weniger um kurzfristige Lösungen als um eine „kollektive Bewusstseinsbildung“ für den Ausbau von Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven. Die Bildung der Jugend bezeichnete er als Fundament jedes Staates.

Sassou N’Guesso stellte eine Reihe neu errichteter oder eröffneter Bildungseinrichtungen vor, darunter Schulkomplexe in Tchiminzi und Brazzaville sowie Lycées in Oyo, Vindoulou und Dolisie. Zwei weitere große Schulkomplexe in Brazzaville sind in Planung. Im Hochschulbereich verwies er auf den Bau der Universität von Loango im Département Kouilou, die Projektplanung für eine Universität in Oyo sowie die jüngste Einweihung der katholischen Universität des Kongo.

Für die berufliche Ausbildung nannte er das im Bau befindliche Ausbildungszentrum für Bergbauberufe in Souanké in der Sangha. Diese Initiativen sollen mittelfristig in Beschäftigung übergehen. Im Jahr 2025 wurden nach Regierungsangaben 10.000 neue Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen. Gleichzeitig stellte Sassou N’Guesso klar, dass weder die nationale noch die territoriale Verwaltung „auf Dauer die einzige wirksame Lösung gegen Jugendarbeitslosigkeit“ sein könnten. Er betonte die Bedeutung von Unternehmertum und Selbstständigkeit und verwies auf den Fonds national d’appui à l’employabilité et à l’apprentissage (FONEA) sowie den Fonds d’impulsion, de garantie et d’accompagnement (FIGA), die Projekte, Qualifizierung und Formalisierung von Kleinstunternehmen unterstützen.

Gesundheit, soziale Sicherung und Ernährungssicherheit

Im Gesundheitssektor wurden 2025 zwei neue Allgemeinkrankenhäuser mit moderner technischer Ausstattung in Sibiti und Ouesso eingeweiht. In Pointe-Noire wurde ein Nationales Institut für Biologie und Gesundheitliche Überwachung geschaffen, das insbesondere bei der Diagnostik von Infektionskrankheiten eine Schlüsselrolle übernehmen soll.

Zudem wurde der Aufbau eines Systems der allgemeinen Krankenversicherung vorangetrieben. Die Führungsstrukturen der Allgemeinen Krankenkasse sind installiert, die Informatik ist abgeschlossen, wodurch nun Verträge mit Gesundheitseinrichtungen und die Registrierung der Zielgruppen möglich werden. Ergänzend verwies der Präsident auf nationale Programme sozialer Sicherung wie die sog. „Soziale Netze“, die Haushalte in prekären Lebenslagen mit Transferleistungen unterstützen.

Eng verknüpft mit Gesundheit ist die Ernährungssicherheit. Sassou N’Guesso argumentierte, ein Volk, das nicht produziere, was es konsumiere, sei nicht frei. Er stellte die Zonen geschützter Landwirtschaft als positives Beispiel vor. Hier sind nach seinen Angaben 28.000 Hektar in Nutzung, rund 4.000 Kooperativen aktiv und zahlreiche junge Menschen in unterschiedlichen Kulturen tätig.

Diversifizierung der Wirtschaft und Ausbau der Infrastruktur

Im Industriesektor verwies der Präsident auf mehrere Projekte im Rahmen der wirtschaftlichen Diversifizierung. Dazu gehören eine Ethanolfabrik in Nkayi mit einer geplanten Jahresproduktion von 6 Millionen Litern Alkohol und 25.000 Tonnen Melasse für Tierfutter sowie eine Biokraftstoffanlage in Loudima auf Basis von Soja, Rizinus und Sonnenblumen. Hinzu kommt der Bau einer Zementfabrik in Tao-Tao im Département Niari mit einer vorgesehenen Produktionskapazität von 600 Tonnen pro Tag.

In der Sonderwirtschaftszone von Pointe-Noire sollen oder werden unter anderem eine Holzdreheinheit, eine Fabrik für Generika, eine Streichholz- und Zahnstocherproduktion, eine Anlage zur Herstellung von Fliesen, Glasfassaden und Solarpaneelen sowie eine Zuckerproduktion aufgebaut.

Im Energiesektor erinnerte Sassou N’Guesso daran, dass der Kongo seit 2024 Flüssiggas exportiert. Die zweite Phase eines Projekts mit ENI sieht ab 2026 einen Ausbau auf 3 Millionen Tonnen pro Jahr vor. Ein weiteres Gasprojekt mit WING WAH soll bis zu 5 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verarbeiten. Mit Blick auf wiederholte Störungen in der Kraftstoffversorgung verwies er auf den Bau einer zweiten Raffinerie in der Sonderwirtschaftszone von Pointe-Noire durch Atlantique Pétrochimie mit einer geplanten Kapazität von 1,5 bis 5 Millionen Tonnen pro Jahr.

Energie, Wasser und Verkehrswege

Elektrizität bezeichnete er als unverzichtbare Voraussetzung für Entwicklung. Die Stadt Ewo wurde jüngst über eine neue Hochspannungsleitung an das nationale Netz angeschlossen. Gleichzeitig werden weitere Orte im Département Pool an das Netz angebunden und ein Umspannwerk in der Industriezone von Maloukou in Betrieb genommen. Der Präsident verwies jedoch auf den weiterhin großen Bedarf an Investitionen in Transport- und Verteilnetze, deren Leistungsfähigkeit durch veraltete Infrastruktur und das Wachstum der Städte beeinträchtigt ist.

Im Bereich der Wasserversorgung wird auf zusätzliche Maßnahmen verwiesen, darunter der Bau von zehn neuen Stationen in Brazzaville und fünf in Pointe-Noire im Rahmen des Projekts „Praktische Wasserstation“. Ergänzend erhofft sich die Regierung Unterstützung durch den italienischen „Plan Mattei“ für Afrika.

Beim Verkehr nannte Sassou N’Guesso unter anderem die Sanierung der Nationalstraße 2, den Ausbau der Straße Boundji–Ewo, die Arbeiten an der Strecke Ouesso–Pokola mit einem neuen Sangha-Brückenschlag sowie die fortschreitende Verbindungsachse Dolisie–Kibangou–Ndendé an der Grenze zu Gabun. Weitere Brückenprojekte über die Flüsse Noumbi, Libenga und Motaba sind in Vorbereitung oder bereits im Bau.

Makroökonomisch verwies der Präsident auf eine für 2026 erwartete Wachstumsrate von rund 3,6 Prozent, getragen vor allem vom Nichtölsektor. Die Inflation sei weiter erhöht, zeige aber Tendenzen zur Abschwächung. Die Staatsverschuldung befinde sich auf einem abnehmenden Pfad, insbesondere im Außenbereich. Der erfolgreiche Eurobond nach über zwanzigjähriger Abwesenheit von den internationalen Kapitalmärkten wurde als Ausdruck wiedergewonnener Glaubwürdigkeit dargestellt.

Panafrikanismus, regionale Integration und internationale Diplomatie

Einen großen Raum nahm der panafrikanische Bezug ein. Der Kongo versteht sich nach den Worten des Präsidenten als „am Herzen des Kontinents gelegen“ und als engagierter Träger panafrikanischer Werte. Er verwies auf die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone, deren Potenzial nach seiner Darstellung erst mit geeigneter Infrastruktur in den Bereichen Transport und Energie voll ausgeschöpft werden kann. Im Kontext der anvisierten Elektrifizierungsinitiative „Mission 300“ sollen bis 2030 300 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner Zugang zu Strom erhalten.

Sassou N’Guesso hob regionale Kooperationsprojekte hervor, darunter den Energieverbund Zentralafrika sowie das geplante Straßen- und Eisenbahnbrückenprojekt über den Kongo zwischen Brazzaville und Kinshasa. Er verwies auf gemeinsame Initiativen mit der Demokratischen Republik Kongo, etwa die Anerkennung der Rumba als immaterielles Kulturerbe, sowie ein grenzüberschreitendes Eisenprojekt am Mont Nabeba mit Kamerun.

Auf internationaler Ebene unterstrich er die Rolle des Kongo als Ko-Vorsitz des Chinesisch-Afrikanischen Kooperationsforums FOCAC und die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung zum China–Afrika-Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft mit Nullzoll auf kongolesische Exportgüter nach China. Er verwies auf seine Teilnahme an der 80. UN-Generalversammlung, auf die von Kongo initiierte UN-Dekade 2027–2036 für Aufforstung und Wiederaufforstung sowie auf seine Beiträge zur Klimapolitik auf der COP30 in Belém.

Im Bereich der Umwelt- und Sicherheitspolitik erwähnte er die mit Frankreich vereinbarte Gründung einer Internationalen Akademie zur Bekämpfung der Umweltkriminalität. Zugleich ging er auf seine Präsenz bei Gedenkzeremonien in Russland und China sowie auf seine Teilnahme am 50. Unabhängigkeitstag Angolas ein. Innenhalb der Afrikanischen Union leitet Sassou N’Guesso weiterhin den hochrangigen Ausschuss zur Libyen-Frage.

Am Ende der Rede stellte er den Bezug zwischen nationaler Symbolik, panafrikanischer Identität und Entwicklungszielen her. Die Farben der Nationalflagge und die Hymne „La Congolaise“ verknüpfte er mit dem Ziel einer „freien, solidarischen und prosperierenden“ afrikanischen Zukunft, ohne jedoch über konkrete politische Ankündigungen hinauszugehen.

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