Der Munich Security Report 2025 analysiert die wachsenden Herausforderungen der internationalen Multipolarität. Während viele Entscheidungsträger und Beobachter eine multipolare Welt als vielversprechend ansehen, zeigen aktuelle Trends zunehmend negative Auswirkungen. Die wachsenden Spannungen zwischen Großmächten sowie die Konkurrenz unterschiedlicher Ordnungsmodelle erschweren eine koordinierte Bewältigung globaler Krisen. Der Bericht plädiert daher für eine „Depolarisierung“ und fordert substanzielle Reformen der internationalen Ordnung.
Multipolarisierung: Chancen und Risiken
Die weltpolitische Landschaft weist Elemente von Unipolarität, Bipolarität, Multipolarität und Nonpolarität auf. Die wachsende Zahl von Akteuren mit globalem Einfluss deutet jedoch auf einen klaren Trend zur Multipolarisierung hin. Dies betrifft nicht nur die Verteilung materieller Macht, sondern auch eine zunehmende ideologische Polarisierung. Der politische und wirtschaftliche Liberalismus, der die Nachkriegsordnung dominierte, wird zunehmend in Frage gestellt – sowohl durch den Aufstieg nationalistischer Strömungen in liberalen Demokratien als auch durch die wachsende ideologische Kluft zwischen Demokratien und Autokratien.
Diese Entwicklungen werden weltweit unterschiedlich bewertet. Eine optimistische Perspektive sieht in der Multipolarisierung die Möglichkeit einer inklusiveren globalen Governance und einer größeren Machtbalance. Eine pessimistische Sichtweise betont hingegen die steigenden Risiken von Unordnung, Konflikten und einer geschwächten internationalen Zusammenarbeit. Laut dem Munich Security Index 2025 sind die Bevölkerungen der G7-Staaten insgesamt skeptischer gegenüber einer multipolaren Welt als Befragte in den BICS-Staaten (BRICS ohne Russland). Die nationale Perspektive auf Multipolarität wird dabei stark von den jeweiligen Interessen an der bestehenden internationalen Ordnung und deren möglicher Zukunft beeinflusst.
Südafrika: Sinkender Einfluss trotz wirtschaftlicher Stärke
Kapitel 9 des Berichts widmet sich Südafrika, das aufgrund eines wachsenden Anti-Westernismus und einer nachlassenden multilateralen Ausrichtung an internationalem Einfluss verliert. Trotz seiner Stellung als führende Wirtschaftsmacht Afrikas sieht sich das Land wirtschaftlichen Herausforderungen und einem abnehmenden relativen Gewicht auf dem Kontinent gegenüber.
Im Jahr 2024 wird Südafrika voraussichtlich das größte nominale BIP unter den afrikanischen Staaten aufweisen und damit Ägypten und Nigeria überholen. Im Jahr 2023 entfielen rund 13 Prozent des afrikanischen BIP und 10 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen (FDI) auf Südafrika. Innerhalb des südlichen Afrikas ist Pretoria mit einem Anteil von rund 60 Prozent am regionalen BIP und an den FDI-Zuflüssen weiterhin dominant. Dennoch nimmt Südafrikas wirtschaftliche Bedeutung im Vergleich zu globalen Wirtschaftsmächten und seinen BRICS-Partnern stetig ab.
Das Land verfügt über erhebliche wirtschaftliche Stärken, insbesondere im Rohstoffsektor. Südafrika ist weltweit führend in der Produktion kritischer Mineralien wie Platin (70 Prozent der globalen Produktion) sowie Mangan und Chrom (jeweils rund 40 Prozent). Dennoch leidet die Wirtschaft unter strukturellen Problemen wie Energieengpässen, maroder Infrastruktur und weit verbreiteter Korruption. Seit der globalen Finanzkrise von 2008 stagniert das Wirtschaftswachstum. Die Arbeitslosenquote liegt bei etwa 30 Prozent, mehr als ein Fünftel der Bevölkerung lebt in extremer Armut, und die soziale Ungleichheit gehört zu den weltweit höchsten.
Einschränkungen in Diplomatie und Verteidigung
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Die wirtschaftliche Schwäche beeinträchtigt auch Südafrikas diplomatische und militärische Kapazitäten. Die Regierung kürzte jüngst die ohnehin begrenzten Mittel für Außenpolitik und Verteidigung weiter. 2023 betrugen die Verteidigungsausgaben lediglich 0,7 Prozent des BIP.
Zwar hat Südafrika das größte Verteidigungsbudget in Subsahara-Afrika, doch sein Anteil an den regionalen Militaurausgaben sank von 27 Prozent im Jahr 2011 auf 14,5 Prozent im Jahr 2023. Zwei Jahrzehnte der Unterfinanzierung haben spürbare Folgen hinterlassen: Trotz politischer Ambitionen, eine Schlüsselrolle in der regionalen Friedenssicherung zu spielen, sind Südafrikas Truppen in aktuellen Einsätzen in der Demokratischen Republik Kongo und Mosambik stark gefordert.
Demografische Herausforderungen
Südafrikas demografische Entwicklung trägt ebenfalls zu seinem relativen Einflussverlust bei. Mit 64 Millionen Einwohnern ist das Land die sechstgrößte Nation Afrikas, jedoch deutlich kleiner als Ägypten und Äthiopien und weniger als ein Drittel so groß wie Nigeria. Bis 2040 wird Nigerias Bevölkerung voraussichtlich mehr als viermal so groß sein wie die Südafrikas, was langfristig die geopolitische Gewichtung innerhalb Afrikas weiter verändern könnte.