Der Vorsitzende des Front pour le Salut National du Cameroun (FSNC) und Präsidentschaftskandidat Issa Tchiroma Bakary hat die Bevölkerung zu einer landesweiten friedlichen Demonstration am Sonntag, dem 26. Oktober 2025, aufgerufen – einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe der Wahlergebnisse durch den Verfassungsrat.
Aufruf zur „Verteidigung der Wahrheit der Urnen“
In einer Erklärung forderte Tchiroma die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, „in allen Städten, Dörfern und in der Diaspora“ auf die Straße zu gehen, um „die Wahrheit der Urnen zu verteidigen“.
„Am Sonntag, dem 26. Oktober, um 15 Uhr, rufe ich alle Kamerunerinnen und Kameruner auf, friedlich zu marschieren, um zu zeigen, dass das Volk seinen Anführer selbst wählt“, schrieb er.
„Unsere Stärke liegt in unserer Zahl, unserer Disziplin und unserer Entschlossenheit. Das Schicksal Kameruns gehört seinen Kindern.“
Der Aufruf erfolgt kurz vor der Entscheidung des Verfassungsrats, der als einziges Organ befugt ist, das endgültige Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober 2025 zu verkünden.
Streit um Wahlergebnis und abgewiesene Beschwerden

Laut dem Bericht der Nationalen Wahlkommission hat der amtierende Präsident Paul Biya die Wahl mit 53,66 Prozent der Stimmen gewonnen. Issa Tchiroma Bakary erzielte demnach 35,19 Prozent. Der Oppositionskandidat weist diese Zahlen entschieden zurück und erklärt, er habe die Wahl mit über 60 Prozent gewonnen.
Am Freitag, dem 24. Oktober, erklärte der Verfassungsrat eine Klage der Partei Héritage für unzulässig. Diese hatte eine Neuauszählung der Stimmen in mehreren Wahlkreisen beantragt. Damit wurden bislang neun Beschwerden im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl abgewiesen.
Während die Institutionen auf Rechtswege verweisen, wächst in Teilen des Landes die Unzufriedenheit. In Städten wie Garoua und Maroua im Norden wurden bereits Proteste gemeldet, bei denen Anhänger der Opposition die „Wahrheit der Urnen“ forderten.
Tchiroma prangert „systematische Manipulation“ an
In einer weiteren Erklärung vom 25. Oktober warf Tchiroma der Regierung vor, den Wahlprozess „systematisch zu manipulieren“. Er veröffentlichte eine Liste mit acht angeblichen Strategien, die seiner Ansicht nach vom regierenden Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) eingesetzt würden, um an der Macht zu bleiben.
Dazu zählen nach seinen Angaben:
- Einschränkung der Wählerregistrierung junger Menschen
- verspätete Veröffentlichung der Wählerlisten
- Nichtverteilung von Wählerkarten
- Verlegung von Wahllokalen in schwer zugängliche Gebiete
- Manipulation von Protokollen (PV)
- Nutzung der 15-tägigen Frist vor der offiziellen Ergebnisverkündung zur nachträglichen Veränderung von Dokumenten
- Militarisierung des Landes
- Einschüchterung und Inhaftierung politischer Gegner
„Ihr habt die Legitimität des Volkes durch prozedurale Legalität ersetzt“, erklärte Tchiroma. „Eure Taktiken sind altbekannt – sie zielen darauf ab, Angst zu verbreiten und Bürgerbeteiligung zu verhindern.“
Er rief die Bevölkerung auf, sich „nicht einschüchtern zu lassen“ und trotz des massiven Polizeiaufgebots friedlich, aber entschlossen zu demonstrieren.
„Wenn das Volk in großer Zahl und friedlich aufsteht, verliert das Regime jede Legitimität. Die Gefängnisse sind zu klein, um ein ganzes Volk einzusperren“, sagte Tchiroma.
Appell an Sicherheitskräfte und internationale Gemeinschaft

Der FSNC-Kandidat forderte auch „integre Mitglieder der Armee und Sicherheitskräfte“ auf, sich der Bewegung anzuschließen und „das Volk statt das System zu schützen“. Gleichzeitig warnte er, dass diejenigen, die Justiz und Polizei zur Unterdrückung der Opposition missbrauchten, „vor nationalen und internationalen Gerichten zur Rechenschaft gezogen“ würden.
Unter dem Motto „Marche pour la Libération du Cameroun“ soll die Demonstration am Sonntag friedlich verlaufen. Tchiroma appellierte an seine Anhänger, „vereint, würdevoll und diszipliniert“ zu bleiben.
Kontext: Angespannte politische Lage

Die politische Lage in Kamerun bleibt angespannt, da der 91-jährige Amtsinhaber Paul Biya nach über vier Jahrzehnten an der Macht erneut den Sieg beansprucht. Mehrere Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen sprechen von „massiven Unregelmäßigkeiten“. Internationale Beobachter haben bislang keine vollständige Einschätzung des Wahlprozesses veröffentlicht.
Sicherheitskräfte wurden landesweit in erhöhter Alarmbereitschaft versetzt, insbesondere in den nördlichen Regionen.