Internationaler Strafgerichtshof verurteilt Janjaweed-Anführer Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat den sudanesischen Milizenführer Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman, auch bekannt als Ali Kushayb, schuldig gesprochen. Die Richter der Ersten Kammer befanden ihn in 27 Anklagepunktenfür Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig, die zwischen August 2003 und April 2004 in Darfur, Sudan, verübt wurden.

Schuldspruch in 27 Fällen

Laut Urteil des IStGH wurde Abd-Al-Rahman in mehreren Funktionen für schuldig befunden:

  • Als unmittelbarer Täter für Mord, Folter und Verletzung der persönlichen Würde als Kriegsverbrechen sowie für Verfolgung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
  • Als Mittäter gemeinsam mit den Janjaweed-Milizen und den Streitkräften der sudanesischen Regierung für die Ermordung, Folterung und Misshandlung von mindestens 200 Zivilisten während der sogenannten Mukjar- und Deleig-Operationen.
  • Als Befehlshaber für den Angriff auf Zivilisten in den Kodoom- und Bindisi-Operationen, bei denen Mord, Vergewaltigung, Vertreibung, Plünderung und Zerstörung von Eigentum begangen wurden.

Die Richter erklärten ihn in allen Punkten für schuldig, die über jeden vernünftigen Zweifel hinaus nachgewiesen wurden. Vier weitere Anklagepunkte wurden nicht gesondert verurteilt, da sie durch die bestehenden Schuldsprüche abgedeckt seien.

Prozess und Beweisaufnahme

Der Prozess gegen Abd-Al-Rahman begann am 5. April 2022. In mehr als zwei Jahren Verfahrensdauer hörte die Kammer 74 Zeugen, darunter 54 der Anklage, 17 der Verteidigung und 1 Vertreter der Opfer. Insgesamt wurden 1.861 Beweisstücke als Beweismittel zugelassen.

1.591 Opfer waren als Nebenkläger zugelassen und wurden durch ein gemeinsames Team unter Leitung der Rechtsanwältin Natalie von Wistinghausen vertreten. Das Urteil wurde von den Richterinnen Joanna Korner (Vorsitz)Reine Alapini-Gansou und Althea Violet Alexis-Windsor verkündet.

Erste Verurteilung im Darfur-Verfahren

Die Anklage bezeichnete das Urteil als „historisch“ – es handelt sich um die erste Verurteilung in der Situation Darfurund zugleich um die erste Entscheidung des IStGH zu geschlechtsspezifischer Verfolgung.

Nach Angaben der Anklage stützte sich das Urteil auf Beweise für systematische Angriffe der Janjaweed-Miliz und der sudanesischen Regierungstruppen gegen die Zivilbevölkerung in West-Darfur. Dabei wurden Dörfer niedergebrannt, Zivilisten hingerichtet und Frauen vergewaltigt.

Stellvertretende Chefanklägerin Nazhat Shameem Khan erklärte:

„Dieses Urteil ist ein entscheidender Schritt, um die Straflosigkeit in Darfur zu beenden. Es sendet eine klare Botschaft an die Täter von Gräueltaten in Sudan, dass Gerechtigkeit sie erreichen wird.“

Die Richter stellten fest, dass Abd-Al-Rahman persönlich für Vergewaltigungen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich war. Zudem wurde er der Verfolgung von Männern der Fur-Ethnie auf politischer, ethnischer und geschlechtlicher Grundlage schuldig gesprochen – eine juristische Anerkennung mehrfacher Diskriminierung.

Nächste Schritte und mögliche Strafe

Nach dem Schuldspruch wird die Kammer über das Strafmaß beraten. Gemäß dem Römischen Statut drohen Abd-Al-Rahman bis zu 30 Jahre Haft, in besonders schweren Fällen auch lebenslange Freiheitsstrafe.

Das Gericht wird in einer gesonderten Anhörung über die Strafzumessung entscheiden. Abd-Al-Rahman bleibt bis dahin in Haft. In einer späteren Phase soll auch über Entschädigungen für die Opfer entschieden werden.

Bedeutung für Sudan und internationale Strafjustiz

Die Verurteilung gilt als wichtiger Meilenstein für die internationale Rechenschaftspflicht im Sudan. Das Verfahren geht auf die Überweisung der Situation in Darfur durch den UN-Sicherheitsrat im Jahr 2005 zurück.

Das Büro des Anklägers kündigte an, weiterhin auf die Festnahme weiterer gesuchter Personen hinzuwirken, darunter Omar Hassan Ahmad al-BashirAhmad Harun und Abdel Raheem Muhammad Hussein, deren Fälle eng mit den Handlungen Abd-Al-Rahmans verbunden sind.

„Dieses Urteil ist ein Sieg für die Opfer und ein Beweis dafür, was durch internationale Zusammenarbeit möglich ist“, erklärte Anklägerin Khan.

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