Internationaler Strafgerichtshof bestätigt Anklage gegen flüchtigen Joseph Kony

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat am 6. November 2025 die Anklagepunkte gegen Joseph Kony, Gründer und Anführer der Lord’s Resistance Army (LRA), bestätigt. Die Vorverfahrenskammer III sieht hinreichende Gründe zur Annahme, dass Kony zwischen 1. Juli 2002 und 31. Dezember 2005 schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Norduganda begangen hat.

Der Beschluss markiert einen bedeutenden Schritt in einem der ältesten offenen Verfahren des IStGH. Ein Hauptprozess kann jedoch erst beginnen, wenn Kony persönlich vor dem Gericht erscheint. Das Römische Statut, die Gründungsurkunde des IStGH, erlaubt keine Verhandlungen in Abwesenheit des Angeklagten.

Entscheidung der Vorverfahrenskammer

Die Entscheidung wurde von Richterin Althea Violet Alexis-Windsor (Vorsitz), Richterin Iulia Antoanella Motoc und Richter Haykel Ben Mahfoudh getroffen. Sie bestätigten alle 39 Anklagepunkte, die die Anklagebehörde unter Leitung des Chefanklägers erhoben hatte.

Kony wird beschuldigt, als indirekter Mit- oder unmittelbarer Täter Verantwortung für systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Norduganda zu tragen. Diese Angriffe betrafen insbesondere die Regionen Acholi, Lango und Teso. Die LRA habe dort zwischen 2002 und 2005 ein „weit verbreitetes und systematisches Vorgehen“ gegen Zivilisten verfolgt, die als Unterstützer der ugandischen Regierung galten.

Die Anklage umfasst unter anderem MordVersklavungZwangsheiratZwangsschwangerschaftVergewaltigungTorturVerfolgung aus politischen, alters- oder geschlechtsspezifischen Gründen sowie die Zwangsrekrutierung und den Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten.

Die Kammer wies den Antrag der Verteidigung auf eine Aussetzung des Verfahrens ab. Berufungen sind erst möglich, wenn Kony offiziell über die Entscheidung informiert wird, was erst nach seiner Festnahme erfolgen kann.

Hintergrund des Falls

Der Haftbefehl gegen Joseph Kony wurde am 8. Juli 2005 unter Verschluss erlassen und am 13. Oktober 2005 öffentlich gemacht. Die Anklage betrifft Verbrechen, die zwischen 2002 und 2005 im Norden Ugandas begangen worden sein sollen.

Die Bestätigung der Anklage erfolgte nach einer Anhörung am 9. und 10. September 2025 am Sitz des Gerichts in Den Haag. Kony war nicht anwesend und wurde durch einen Verteidiger vertreten.

Kony gilt als Gründer und Oberbefehlshaber der Lord’s Resistance Army, die seit den 1990er-Jahren gegen die ugandische Regierung kämpfte. Der IStGH geht davon aus, dass Kony eine führende Rolle bei Angriffen auf Zivilisten, bei der Entführung von Frauen und Kindern sowie bei der Zwangsrekrutierung Minderjähriger spielte.

Nächste Schritte im Verfahren

Mit der Entscheidung vom 6. November 2025 wird Kony formell an eine Hauptkammer des IStGH überwiesen. Ein Prozess kann jedoch erst eröffnet werden, wenn sich der Angeklagte in Gewahrsam des Gerichts befindet. Kony ist weiterhin flüchtig, und sein Aufenthaltsort ist unbekannt.

Die Entscheidung über die Bestätigung der Anklagepunkte bleibt ein juristisch bedeutsamer Schritt in einem Verfahren, das bereits seit zwei Jahrzehnten anhängig ist.

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