Die Debatte zwischen den Befürwortern („OUI“) und Gegnern („NON“) des Reformprojekts nimmt an Intensität zu, da prominente Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft ihre Standpunkte zum Verfassungsreferendum in Gabun auf verschiedenen Plattformen und in öffentlichen Versammlungen energisch darlegen.
Inhalte der neuen Verfassung: Mehr Befugnisse für das Präsidentenamt
Der Verfassungsentwurf, über den die Bevölkerung abstimmen soll, sieht eine stärkere Konzentration der Macht beim Präsidentenamt vor. So könnte der Präsident in Zukunft das Parlament auflösen und wesentliche Entscheidungen der Legislative anfechten. Die Legislaturperiode des Präsidenten beträgt sieben Jahre. Der Präsident hätte zudem das Recht, fünf von neun Verfassungsrichtern direkt oder indirekt zu ernennen, was die Unabhängigkeit der Justiz beeinflussen könnte. Auch sieben von dreizehn Mitgliedern der Hohen Gerichtsbarkeit sollen vom Präsidenten ernannt werden dürfen, darunter drei durch direkte Ernennung und zwei über das Oberste Justizrat, dem der Präsident vorsitzt.
Unabhängige Positionierung zum Verfassungsreferendum innerhalb der Plattform Vision 2025
Hervé-Patrick Opiangah, der Koordinator der politischen Plattform Vision 2025, die von 40 Parteien getragen wird, rief alle Mitgliederparteien dazu auf, in dieser Abstimmung unabhängig zu handeln. „Aufgrund des außergewöhnlichen Charakters dieser Wahl ist es allen freigestellt, ihre Positionen gemäß der Ausrichtung ihrer jeweiligen Partei zu bestimmen“, erklärte Opiangah in einer Mitteilung an die Parteivorsitzenden. Diese Aufforderung kommt in einer Zeit, in der innerhalb der Plattform intensive Debatten über die Verfassung stattfinden, jedoch noch keine einheitliche Position erzielt wurde.
Die „OUI“-Kampagne: Einheit und Zukunftssicherung im Fokus
Auf der Seite der Befürworter der neuen Verfassung stehen zahlreiche führende Politiker, die sich für die Annahme des Verfassungsentwurfs starkmachen. Raymond Ndong Sima, Premierminister der Übergangsregierung und nationaler Koordinator der „OUI“-Kampagne, appellierte an die Bürger, die Verfassung zu unterstützen, um das Land auf eine stabile Grundlage zu stellen. „Diese Verfassung soll Regeln für ein geordnetes Miteinander schaffen, die unser Land dringend benötigt“, erklärte Ndong Sima in einer Rede in Mouila. Er betonte, dass diese Reform notwendig sei, um die Herausforderungen, die in den letzten Jahren zur Instabilität führten, zu überwinden.
Jean François Ndongou, Präsident der Nationalversammlung und Unterstützer des „OUI“, ergänzte: „Diese Verfassung gehört den Gabunern und ist ein Schritt in Richtung eines stabilen und geeinten Staates.“
Diese Haltung wird von weiteren führenden Politikern geteilt, darunter Guy Bertrand Mapangou, der Koordinator der „OUI“-Kampagne in der Region Ngounié. Mapangou rief die Wähler auf, ihre Differenzen beiseitezulegen und im Sinne einer gemeinsamen Zukunft zu stimmen: „Die Einheit ist unsere Stärke, und nur gemeinsam können wir eine stabile Zukunft aufbauen.“
Das Lager des „NON“: Kritischer Blick auf die Machtverteilung
Die Gegner des Verfassungsentwurfs, angeführt vom „Front du NON Objectif“, sehen die geplanten Verfassungsänderungen mit Sorge. Am 10. November hielt der „Front du NON Objectif“ eine Pressekonferenz ab, um seine Einwände ausführlich darzulegen. Jean Romain Moro Mbina, Sprecher des Bündnisses, erklärte: „Unser ‚NON‘ richtet sich objektiv gegen die Inhalte der Verfassung und nicht gegen parteipolitische Interessen oder persönliche Differenzen.“
Jean-Rémy Yama, Präsident des „Front du NON Objectif“ und Senator, erklärte in einer Erklärung: „Diese Verfassung gibt dem Präsidenten unverhältnismäßig viel Macht. Der Präsident könnte das Parlament auflösen und hat Einfluss auf die Ernennung von Richtern. Dadurch entsteht ein präsidentielles System, das die Gewaltenteilung gefährdet.“ Die Gegner argumentieren, dass ein solches System den Missbrauch von Macht fördern könnte und das politische Gleichgewicht in Gabun destabilisiert. „Für die Zukunft Gabuns sagen wir entschieden ‚Nein‘ zu einem Modell, das zu Machtkonzentration führen könnte“, betonte Yama.
Regionale Stimmen und Bürgerinitiativen für das „NON“
Marcel Libama, Abgeordneter der Übergangsregierung und führende Figur der CONASYSED, appellierte in Port-Gentil an die Bürger, sich gegen die Verfassungsreform zu stellen. „Diese Verfassung respektiert nicht die Grundrechte der Bevölkerung und schützt nicht unsere lokalen Gemeinschaften“, sagte Libama bei einem Treffen mit Bürgern.
Er kritisierte, dass die Verfassung keine ausreichenden Vorkehrungen für die Verteilung natürlicher Ressourcen treffe, insbesondere in ressourcenreichen Regionen wie Ogooué-Maritime. „Die neue Verfassung sollte garantieren, dass unsere Gemeinschaften vom Reichtum unserer Region profitieren“, fügte er hinzu und forderte die Wähler auf, sich für die Rechte der einheimischen Bevölkerung einzusetzen.
Ein Appell zur nationalen Einheit und einem gemeinsamen Ziel
In der Region Ngounié riefen die Führer der „OUI“-Kampagne die Bürger zur Einheit auf. „Diese Verfassung wird uns auf den Weg zu einem gemeinsamen Schicksal führen“, erklärte Guy Bertrand Mapangou. „Egal, ob es um unsere Kinder oder Enkel geht – wir alle profitieren davon, wenn wir zusammen für die Stabilität unseres Landes einstehen.“ Mapangou sprach sich dafür aus, dass die Bürger sich in dieser historischen Entscheidung von patriotischen Gefühlen leiten lassen sollten. „Auch wenn es immer wieder Kritiker gibt, die im Verborgenen agieren, so steht doch die Notwendigkeit, unser Land stabil zu halten, über allen persönlichen Interessen“, schloss Mapangou.
EU beobachtet das Verfassungsreferendum
Im Vorfeld des Verfassungsreferendums hat sich die Europäische Union bereit erklärt, die Wahl in Gabun durch die Entsendung einer Expertengruppe zu beobachten.
Am 6. November traf der Präsident der Übergangsregierung, General Brice Clotaire Oligui Nguema, die EU-Botschafterin in Gabun, Cécile Abadie, um die Rahmenbedingungen und Herausforderungen des Referendums zu besprechen.
General Nguema informierte die EU-Delegation über den aktuellen Stand der Wahlvorbereitungen und betonte die Bedeutung internationaler Unterstützung, um die Wahlprozesse transparent und fair zu gestalten.
Die Europäische Union hat angekündigt, ihre Beobachtermission mit Empfehlungen für die Durchführung des Referendums zu unterstützen. Die EU-Delegation soll insbesondere auf die Einhaltung internationaler Standards bei der Wahlüberwachung achten und sicherstellen, dass das Verfassungsreferendum friedlich und transparent abläuft. „Unser Ziel ist es, Gabun dabei zu unterstützen, ein offenes und gerechtes Wahlverfahren zu gewährleisten“, sagte Cécile Abadie. Diese Unterstützung betont die internationale Bedeutung des Referendums und unterstreicht die Verantwortung der gabunischen Regierung, für faire und transparente Bedingungen zu sorgen.
Das Verfassungsreferendum am 16. November stellt einen entscheidenden Moment für Gabun dar. Die Verfassungsreform birgt das Potenzial, das politische System des Landes langfristig zu verändern, sei es durch eine stärkere Konzentration der Macht oder durch die Schaffung eines stabilen politischen Rahmens. Der Wahlkampf bleibt spannend, da beide Seiten – „OUI“ und „NON“ – bis zur letzten Minute um die Zustimmung der Bevölkerung werben und ihre Argumente intensiv vorbringen.