Während einige Parteien ihre politischen Aktivitäten intensivieren, ruft ein bedeutender Teil der Opposition zum Boykott der Wahlen im Tschad auf. Die ersten kombinierten Wahlen auf legislativer, provinzieller und kommunaler Ebene scheinen bereits im Vorfeld Spannungen und Unzufriedenheit innerhalb der politischen Landschaft des Landes zu schüren.
Die politische Landschaft vor den Wahlen im Tschad
Der politische Diskurs im Tschad war in den letzten Monaten von der Vorbereitungsphase für die bevorstehenden Wahlen geprägt. Diese Wahlen gelten als entscheidend für die weitere politische Zukunft des Landes, da sie als Test für den demokratischen Wandel und die Stabilität der 5. Republik unter der Führung von Präsident Mahamat Idriss Déby Itno gelten. Doch die Vorbereitungen sind von weit verbreiteter Kritik überschattet, insbesondere von Seiten der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft.
Max Kemkoye und die UDP: Kritik an den Wahlen
Am 19. Oktober 2024 stellte der Oppositionsführer Max Kemkoye, Vorsitzender der Union des démocrates pour le développement et le progrès (UDP), bei einer Veranstaltung in N’Djamena infrage, ob die notwendigen Bedingungen für faire und transparente Wahlen überhaupt gegeben seien. Bei einer Zeremonie zur Amtseinführung des neuen Exekutivkomitees seiner Partei äußerte Kemkoye scharfe Kritik an der aktuellen Regierung. Er prangerte die Sicherheitslage im Land an und stellte fest, dass die Regierung die Voraussetzungen für eine faire Wahl nicht geschaffen habe.
„Die Sicherheitslage im Land und die mangelnde Vorbereitung lassen keine freien Wahlen zu“, erklärte er. In Anbetracht der angespannten Situation rief Kemkoye sogar dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Durchführung der Wahlen zu verhindern.
UDT und Les Transformateurs: Differenzierte Ansätze zur Wahlbeteiligung
Der Parteivorsitzende der Union Démocratique Tchadienne (UDT), Abderaman Koulamallah, rief seine Anhänger auf, sich aktiv an den Wahlen zu beteiligen, und betonte die Notwendigkeit der Einheit, um bei den Wahlen erfolgreich zu sein.
„Wir müssen uns vereinen und eine starke Präsenz bei den Wahlen zeigen“, sagte Koulamallah in seiner Ansprache vor den Delegierten. „Unsere Differenzen dürfen uns nicht davon abhalten, gemeinsam für die Zukunft des Tschad zu kämpfen.“
Während die UDT bei ihrem außerordentlichen Parteitag am 20. Oktober eine stärkere Mobilisierung ihrer Anhänger für die Wahlen ankündigte, erklärte die Oppositionspartei Les Transformateurs unter Führung von Dr. Masra Succès, dass sie sich nicht an den Wahlen beteiligen werde. Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Proteste vom 20. Oktober 2022 gegen die Verlängerung der Übergangsregierung machte Dr. Succès deutlich, dass es unter den derzeitigen Bedingungen und ohne wesentliche Reformen nicht vertretbar sei, an den Wahlen teilzunehmen.
Masra Succès stellte mehrere Forderungen, darunter die Reform der Agence nationale de gestion des élections (ANGE), die Überarbeitung der Wählerlisten und eine Verschiebung der Wahlen auf das Jahr 2025, bedingt durch die schweren Überschwemmungen im Land.
Er betonte, dass er bereit sei, alle möglichen Mittel zu mobilisieren, um die Ideale seiner Partei durchzusetzen, sollte es keine wesentlichen Veränderungen im politischen System geben.
Kritik an der Regierung und Aufruf zum Boykott
Ein großer Teil der Opposition schloss sich dem Boykottaufruf von Les Transformateurs an. Laut der Zeitung N’Djamena Hebdo haben sich 13 Oppositionsparteien am 12. Oktober entschieden, die Wahlen nicht zu unterstützen. Sie begründeten ihren Boykott mit der schwierigen politischen und sicherheitspolitischen Lage im Land. Insbesondere wurde auf die Menschenrechtsverletzungen, Konflikte zwischen Landwirten und Viehzüchtern sowie auf die zunehmende Repression gegen politische Dissidenten verwiesen. Die Opposition erklärte, sie werde nicht nur den Wahlen fernbleiben, sondern auch versuchen, deren Abhaltung zu verhindern.
Hisseine Abdoulaye, Sprecher der Partei Les Patriotes, äußerte sich kritisch zur Staatsführung und sprach von einem „Missbrauch der Staatsgewalt“ durch die derzeitige Regierung. Er warf der Regierung vor, die Opfer von staatlicher Gewalt und politische Gegner systematisch zu unterdrücken.
Leichte Regierungsumbildung
Zusätzlich zu den politischen Spannungen wurden am 12. Oktober 2024 zwei neue Minister ernannt: Ali Ahmat Akhabach wurde zum Minister für öffentliche Sicherheit und Immigration ernannt, während Hassan Bakhit Djamousdas Ministerium für Umwelt, Fischerei und nachhaltige Entwicklung übernahm. Diese leichten Änderungen im Kabinett wurden laut N’Djamena Hebdo von der Regierung als Teil einer Strategie zur Sicherung der Stabilität dargestellt.
Der Zeitung Abba Garde zufolge signalisiert die Reduzierung des Einflusses der Zaghawa-Gemeinschaft, die traditionell eine starke Position in der Regierung innehatte, einen Wandel in der Regierungspolitik unter Präsident Mahamat Idriss Déby Itno. Mit dieser Veränderung soll eine Abkehr vom bisherigen patrimonialen Staatssystem erreicht werden.
Politische Konsequenzen und Reaktionen
Die Wahlen im Dezember stehen vor einer wachsenden Herausforderung, da die Boykottaufrufe der Opposition den demokratischen Prozess im Land bedrohen könnten. Der Vorwurf, dass die Regierung die Wahlen lediglich zur Machterhaltung nutzt, und die Kritik an der unzureichenden Sicherstellung demokratischer Grundrechte sind zentrale Themen, die weiterhin die politische Debatte im Tschad prägen werden.