Zum Auftakt der 80. UN-Generalversammlung in New York haben führende Vertreterinnen und Vertreter zentrale Fragen zur Rolle und Zukunft der Organisation aufgeworfen. Angesichts zahlreicher internationaler Konflikte und Krisen rückten die Bedeutung des Multilateralismus und die Verteidigung der Prinzipien der UN-Charta in den Mittelpunkt der Debatten.
UN-Generalsekretär António Guterres warnte in seiner Eröffnungsrede vor einer „Epoche rücksichtsloser Störungen und unaufhörlichen menschlichen Leids“. Er bezeichnete die Vereinten Nationen als unverzichtbar und betonte, dass internationale Zusammenarbeit keine idealistische Option, sondern eine Notwendigkeit sei. „Kein Land kann eine Pandemie allein stoppen, keine Armee kann steigende Temperaturen aufhalten“, erklärte er.
Guterres’ Fünf Handlungsfelder
Der Generalsekretär stellte fünf „kritische Entscheidungen“ heraus, die über die Handlungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft entscheiden sollen:
- Frieden statt Krieg: Internationale Konflikte wie in Sudan, Ukraine und Gaza verdeutlichten den Preis von Rechtsbrüchen. „Die Charta ist nicht optional“, betonte Guterres.
- Menschenrechte und Würde: Sie seien „das Fundament des Friedens“. Einschränkungen von Freiheiten und unzureichende Entwicklungsfinanzierung untergrüben Stabilität.
- Klimagerechtigkeit: Fossile Energieträger bezeichnete er als „verlorene Wette“. Nur ambitionierte nationale Pläne und zusätzliche Finanzmittel könnten die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen.
- Technologie im Dienst der Menschheit: Der Einsatz künstlicher Intelligenz müsse global reguliert werden. „Keine Maschine darf entscheiden, wer lebt oder stirbt.“
- Stärkung der Vereinten Nationen: Eine Reform sei unabdingbar. Das Missverhältnis zwischen Investitionen in Friedenssicherung und den Ausgaben für Waffen bezeichnete er als „unvertretbar“.
Baerbocks Appell an Mitgliedstaaten

Die Präsidentin der Generalversammlung, Annalena Baerbock, rief die Mitgliedstaaten auf, die Prinzipien der UN-Charta zu verteidigen. „Die Charta ist nur so stark wie die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, sie einzuhalten“, sagte sie. Sie warnte davor, aktuelle Krisen als Beleg für die Irrelevanz der Organisation zu missbrauchen.
Baerbock betonte die Bedeutung der UN als „Kompass für Frieden, Menschlichkeit und Gerechtigkeit“. Auch wenn die Organisation nicht immer erfolgreich gewesen sei, bestehe ihre Geschichte darin, nach Rückschlägen wieder aufzustehen. Sie verwies auf die konkrete Arbeit der UN-Organisationen wie UNICEF, das weltweit Millionen Kinder bilde, und das Welternährungsprogramm (WFP), das über 100 Millionen Menschen versorge.
Debatte über Reformen und Legitimität
Unter dem Motto „Better Together: 80 Years and More for Peace, Development and Human Rights“ forderte Baerbock eine tiefgreifende Reform. Die Vereinten Nationen müssten als „Haus des Dialogs und der Diplomatie“ erneuert werden, um den globalen Herausforderungen gerecht zu werden. Der Prozess umfasse die Umsetzung des „Pact for the Future“ sowie die Beschleunigung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
Zudem verwies Baerbock auf die anstehende Wahl einer neuen Generalsekretärin oder eines neuen Generalsekretärs. Dass bislang keine Frau dieses Amt bekleidet habe, sei nicht nur eine Frage der Repräsentation, sondern auch der Glaubwürdigkeit der Organisation.
US-Präsident Trump mit scharfer Kritik
Der amerikanische Präsident Donald J. Trump nutzte seine Rede, um scharfe Kritik an der Arbeit der Vereinten Nationen zu äußern. Er bezeichnete die UN als ineffizient und warf ihr vor, „starke Worte, aber keine Taten“ zu liefern. Seine Ausführungen betrafen vor allem Themen wie Migration, Energiepolitik und internationale Sicherheit.
Trump hob wirtschaftliche Erfolge seiner Regierung hervor und sprach sich gegen eine einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates aus, die seiner Ansicht nach „Terrorismus belohnen“ würde. In Bezug auf den Krieg in der Ukraine stellte er Strafzölle als mögliches Druckmittel gegen Russland in Aussicht, während er zugleich seine persönlichen Kontakte zu Präsident Wladimir Putin betonte.

Präsident Trump unterstrich zudem seine Ablehnung internationaler Klimaschutzmaßnahmen. Er bezeichnete erneuerbare Energien als „Betrug“ und warnte, dass „Energiepolitik und offene Migration Europa zerstören“.
Die Generalversammlung fand inmitten zahlreicher internationaler Konflikte und Herausforderungen statt. Die anhaltenden Kriege in Gaza, Sudan und der Ukraine, die Klimakrise sowie technologische Umbrüche dominierten die Redebeiträge. Das 80. Jubiläum der Vereinten Nationen wurde weniger als Anlass zum Feiern, sondern vielmehr als Prüfstein für ihre Handlungsfähigkeit verstanden.