AU-EU-Gipfel in Luanda: 25 Jahre Partnerschaft und neue Zusagen für Handel, Klima und Sicherheit

In Luanda, der Hauptstadt Angolas, haben sich Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union (AU) und der Europäischen Union (EU) zum 7. AU-EU-Gipfel versammelt. Der Gipfel markiert 25 Jahre seit dem ersten Treffen in Kairo und steht unter dem Motto „Promoting Peace and Prosperity through Effective Multilateralism“. Im Mittelpunkt stehen die Weiterentwicklung der strategischen Partnerschaft, neue Investitionszusagen sowie die Rolle Afrikas in einer sich wandelnden internationalen Ordnung.

25 Jahre strategische Partnerschaft: Gipfel in Luanda

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, verwies auf die Veränderungen seit dem letzten Gipfel im Februar 2022. Sie beschrieb eine Welt, in der Handel stärker politisiert sei und Zölle, Exportkontrollen und Überkapazitäten als machtpolitische Instrumente eingesetzt würden. Vor diesem Hintergrund stellte sie die Frage, wie Afrika und Europa gute Arbeitsplätze schaffen, wirtschaftliche Risiken minimieren und sich aus schädlichen Abhängigkeiten lösen können.

Global Gateway und Investitionsbilanz der EU

Die EU hebt in Luanda die bisherige Bilanz ihrer Investitionsinitiative Global Gateway hervor. Nach eigenen Angaben wurden bereits rund 120 Milliarden Euro für Projekte in Afrika mobilisiert. Insgesamt 138 Vorhaben in Bereichen wie grüne Energie, Verkehrskorridore, Digitalisierung, Gesundheitssysteme, Bildung und Qualifizierung werden als „Flaggschiffprojekte“ geführt. Die EU sieht sich auf Kurs, das Ziel von 150 Milliarden Euro an mobilisierten Mitteln bis 2027 zu übertreffen.

Zu den genannten Beispielen gehören der Lobito-Korridor zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Sambia und Angola sowie die Initiative „Manufacturing and Access to Vaccines, Medicines and Health Technologies“ (MAV+), über die rund zwei Milliarden Euro für lokale Produktionskapazitäten im Gesundheitssektor bereitgestellt wurden.

Handel, AfCFTA und wirtschaftliche Integration

Ein zentrales Thema des Gipfels ist die stärkere wirtschaftliche Verflechtung der beiden Kontinente. Die Europäische Kommission unterzeichnete ein Memorandum of Understanding mit dem Sekretariat der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) und sagte zusätzliche 25,5 Millionen Euro für die Zusammenarbeit zu. Ziel ist es, die afrikanische Binnenintegration zu stärken und gleichzeitig die Verbindungen zwischen dem europäischen Binnenmarkt und dem künftig voll funktionsfähigen afrikanischen Binnenmarkt auszubauen.

Die EU verweist darauf, bereits 1,2 Milliarden Euro in Programme zur wirtschaftlichen Integration in Afrika zu investieren. Von der Leyen betonte, Europa sei schon heute wichtigster Handelspartner Afrikas und verwies auf die bestehende weitgehende Zoll- und Quotefreiheit im Warenhandel. Zugleich sieht die Kommission weiteren Spielraum, Handelsvolumen und Wertschöpfung zu erhöhen.

Der Vorsitzende der AU-Kommission, Mahmoud Ali Youssouf, stellte die wirtschaftliche Dimension in einen breiteren politischen Kontext. Er forderte eine stärkere Beteiligung Afrikas an globalen Wertschöpfungsketten und erklärte, die Rolle Afrikas als reiner Rohstofflieferant müsse beendet werden. Er rief zu europäischen Investitionen in die Verarbeitung von Rohstoffen auf dem Kontinent auf und verlangte den Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse für afrikanische Produkte auf dem EU-Markt.

Infrastruktur, Rohstoffe und digitale Vernetzung

Neben Handel und Integration werden auch Infrastrukturinvestitionen hervorgehoben. Ein zusätzliches Paket von 600 Millionen Euro soll Machbarkeitsstudien und Investitionen in strategische Korridore unterstützen, insbesondere im Bereich kritischer Rohstoffe. Die EU sieht die Kombination von Infrastruktur- und Rohstoffprojekten als Hebel zur Stärkung von Lieferketten und lokaler Wertschöpfung.

Im digitalen Bereich kündigt „Team Europe“ 43 Millionen Euro für die Initiative „Africa-Europe Digital Innovation Bridge 2.0“ an, um digitale Unternehmertätigkeit in 14 afrikanischen Staaten zu fördern. Hinzu kommt ein Beitrag von 122 Millionen Euro zum Finnfund-Programm „Global Connect“, davon 32 Millionen Euro für Unterseekabel, Glasfasernetze, Rechenzentren und mobile Bezahlsysteme in Afrika.

Klima, Energie und Anpassungsfinanzierung

Klimapolitik und Energiewende sind ein weiterer Schwerpunkt. Die EU verweist darauf, größter öffentlicher Klimafinanzierungsgeber weltweit zu sein. Im Rahmen einer Team-Europe-Initiative zur Klimaanpassung und Resilienz in Afrika soll der Beitrag auf 3,4 Milliarden Euro erhöht werden.

Gemeinsam mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa hat von der Leyen zudem die Abschlussveranstaltung der Kampagne „Scaling Up Renewables for Africa“ begleitet, bei der 15,5 Milliarden Euro für erneuerbare Energien und Stromzugang auf dem Kontinent mobilisiert wurden. Nach EU-Angaben stammen über 15,1 Milliarden Euro dieser Zusagen aus europäischen Mitteln und Hebelmechanismen.

Der Hintergrund ist eine deutliche Diskrepanz: Trotz hohen Potenzials für Solarenergie entfallen nur rund zwei Prozent der globalen Investitionen in saubere Energie auf Afrika, während zugleich Hunderte Millionen Menschen keinen Zugang zu Strom oder sauberen Kochmöglichkeiten haben. Die Afrika-Europa Green Energy Initiative verfolgt das Ziel, bis 2030 mindestens 50 Gigawatt zusätzliche erneuerbare Erzeugungskapazität aufzubauen und 100 Millionen Menschen an Stromnetze oder Off-Grid-Lösungen anzuschließen.

Unterstützung von Unternehmen und Jugend

Zur Förderung unternehmerischer Strukturen kündigt die EU neue Investitionen von 94 Millionen Euro in junge Unternehmen und Start-ups in Ghana, Gambia, Côte d’Ivoire, Mali, Senegal, Niger, Burkina Faso, Guinea, Uganda, Madagaskar, Kamerun und Sierra Leone an. Parallel dazu werden Mobilitäts- und Bildungsprogramme wie Erasmus+ und das Intra-Africa Academic Mobility Scheme fortgeführt. Seit 2022 haben nach EU-Angaben mehr als 30.000 afrikanische und 18.000 europäische Studierende und Forschende an solchen Programmen teilgenommen.

Afrikanische Positionen: Agenda 2063, G20 und globale Governance

In seiner Ansprache hob der AUC-Vorsitzende Youssouf die Agenda 2063 als langfristige strategische Leitlinie der AU hervor. Diese definiert das Ziel einer „friedlichen, integrierten und prosperierenden“ afrikanischen Zukunft. Zugleich verwies er auf die aktuellen Belastungen des Multilateralismus, die Blockaden im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die Spannungen im Welthandel. Afrika fordere eine gleichberechtigte Vertretung in internationalen Finanzinstitutionen und im Sicherheitsrat auf Basis des Konsenses von Ezulwini.

Youssouf verwies darauf, dass Afrika inzwischen Vollmitglied der G20 ist und Südafrika beim Gipfel in Johannesburg die Interessen des Kontinents vertreten habe. Er forderte Reformen der globalen Finanzarchitektur, eine tragfähige Schuldenpolitik auf Grundlage einer „Common African Position“ sowie eine angemessene Finanzierung von Anpassungsplänen an den Klimawandel. Zudem betonte er die Notwendigkeit, die digitale Kluft zu verringern, da andere Sektoren von dieser Grundvoraussetzung abhingen.

Europäische Perspektive: Handel, Investitionen und Energiewende

In ihrer Eröffnungsrede in Luanda betonte von der Leyen drei Schwerpunkte der europäischen Agenda: Handel, Investitionen und Energie. Sie verwies darauf, dass Europa und Afrika in einer global konflikthaften Wirtschaft gleichermaßen auf verlässliche Partner angewiesen seien. Handel werde als „Motor für Wachstum vor Ort“ verstanden, wenn Infrastrukturprojekte wie der Lobito-Korridor nicht nur Rohstoffe, sondern auch landwirtschaftliche Exporte – etwa angolanische Avocados – in neue Märkte bringen.

Mit Verweis auf Global Gateway unterstrich sie, dass die EU Investitionen in lokale Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze auf dem Kontinent als zentrales Unterscheidungsmerkmal zu anderen externen Akteuren betrachte.

Sie nannte Beispiele wie Investitionen in Rohstoffverarbeitung in Namibia und Sambia, den Aufbau pharmazeutischer Kapazitäten im Senegal und in Ruanda sowie Dateninfrastruktur von Nordafrika bis Ostafrika.

Frieden, Sicherheit und multilaterale Kooperation

Neben wirtschaftlichen Themen ist Frieden und Sicherheit ein weiteres Schwerpunktthema des Gipfels. Afrika und Europa wollen ihre Zusammenarbeit bei Konfliktprävention, Vermittlung, Terrorismusbekämpfung und bei afrikanisch geführten Missionen, etwa in Somalia oder im Kampf gegen Boko Haram, ausbauen. Sowohl die AU als auch die EU betonen dabei den Stellenwert afrikanischer Regionalorganisationen und Initiativen.

Der UN-Generalsekretär António Guterres verwies in Luanda darauf, dass sich die Welt zugleich in Richtung einer multipolaren Ordnung bewege und dabei die Gefahr einer Blockbildung bestehe. Er sprach sich für eine „vernetzte Multipolarität“ aus, die auf intensiven Beziehungen im Bereich Handel, Entwicklung, Finanzarchitektur und politischer Koordination beruht. Gemeinsam repräsentierten AU und EU etwa 40 Prozent der UN-Mitgliedstaaten und hätten das Potenzial, internationale Normen zu verteidigen und Vereinbarungen zu vermitteln.

Guterres forderte eine umfassende Reform der globalen Finanzarchitektur und eine stärkere Repräsentation afrikanischer Staaten in internationalen Institutionen, einschließlich des Sicherheitsrats.

Analysen zur sicherheitspolitischen Dimension der Partnerschaft

Im Vorfeld des Gipfels betont der Politikwissenschaftler Julian Bergmann in einer Analyse, dass die Zusammenarbeit in Frieden und Sicherheit traditionell eine zentrale Säule der AU-EU-Beziehungen darstellt. Er verweist auf frühere Instrumente wie die African Peace Facility und auf aktuelle Herausforderungen, darunter die Zunahme innerstaatlicher Konflikte, jihadistischer Gewalt und die Krise der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur.

Bergmann sieht Handlungsbedarf insbesondere bei der Stärkung gemeinsamer präventiver Diplomatie, beim Schutz kritischer Infrastruktur im Rahmen von Global-Gateway-Projekten sowie bei sicherheits- und verteidigungspolitischen Partnerschaften mit einzelnen afrikanischen Staaten. Aus seiner Sicht könnte der Gipfel genutzt werden, um diese Bereiche durch operative Mechanismen und neue Dialogformate weiter zu vertiefen.

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