Bei der vierten Sitzung des Gemeinsamen Aufsichtskomitees (Joint Oversight Committee) zum Washington-Friedensabkommen haben die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) und Ruanda in Washington am 7. November 2025 entscheidende Fortschritte erzielt. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung der beteiligten Staaten – darunter die USA, Katar, Togo (als Vermittler der Afrikanischen Union) und die Afrikanische Union selbst – hervorgeht, initialisierten beide Nachbarländer das vollständige Dokument des neuen Regional Economic Integration Framework (REIF).
Joint Statement on the Fourth Joint Oversight Committee for the Peace Agreement between the Democratic Republic of the Congo and the Republic of Rwanda and the Initialing of the Regional Economic Integration Framework
— Ministry of Foreign Affairs & Int'l Cooperation (@RwandaMFA) November 8, 2025
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Das Abkommen soll wirtschaftliche Zusammenarbeit, Infrastrukturprojekte und Investitionen fördern und die Verbindung zwischen Frieden, Stabilität und wirtschaftlicher Entwicklung festigen. Die Umsetzung des REIF hängt jedoch von der vollständigen Einhaltung der militärischen und sicherheitspolitischen Bestimmungen des Washington-Abkommens ab, insbesondere des Concept of Operations (CONOPS) und des Operational Order (OPORD), die den Fahrplan für das Vorgehen gegen bewaffnete Gruppen festlegen.
Verpflichtung zu Deeskalation und Abrüstung
Beide Regierungen betonten in der gemeinsamen Erklärung ihre Verpflichtung, feindliche Rhetorik und politische Provokationen zu unterlassen. Diese Zusage wird insbesondere als Signal an Kinshasa gewertet, wo Präsident Félix Tshisekedi in der Vergangenheit wiederholt die ruandische Regierung für die Eskalation im Osten des Landes verantwortlich gemacht hatte.
Laut dem US-Außenministerium vereinbarten die Parteien außerdem, konkrete Schritte zur Neutralisierung der FDLR und anderer bewaffneter Gruppen einzuleiten. Diese Maßnahmen gelten als Schlüssel zur Stabilisierung der Grenzregion und zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen beiden Staaten.

Der Beschluss markiert den ersten offiziellen Moment, in dem die DR Kongo ausdrücklich ihre Verantwortung für den Umgang mit der FDLR – einer Miliz ruandischer Herkunft – anerkennt. Damit folgt Kinshasa einer zentralen Forderung der internationalen Partner.
Fortschritte im Doha-Prozess
Parallel zu den Gesprächen in Washington informierte der Staat Katar über den Stand der Doha-Verhandlungenzwischen der kongolesischen Regierung und der Rebellengruppe AFC/M23. Laut dem gemeinsamen Bericht wurden Fortschritte bei Gefangenenaustauschen erzielt, und am 5. November fand die erste Sitzung des Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands statt.

Das Komitee betonte die Bedeutung des Doha-Prozesses als ergänzenden Bestandteil der Washington-Vereinbarungen. Beide Initiativen sollen künftig in einer koordinierten politischen und militärischen Struktur zusammengeführt werden.
Tshisekedis Ankündigung in Brasilien
Zeitgleich erklärte Präsident Félix Tshisekedi während eines Treffens mit der kongolesischen Diaspora am Rande der COP30 in Belém (Brasilien), dass sowohl der Doha- als auch der Washington-Prozess „in den kommenden Tagen erfolgreich abgeschlossen“ würden.
Er kündigte an, dass „die Einladung der US-Regierung zur offiziellen Unterzeichnung des Friedensabkommens in den nächsten Tagen eintreffen“ werde. Zugleich mahnte er zur Vorsicht und betonte, dass der Friedensprozess „Schritt für Schritt und mit Geduld“ vorangebracht werden müsse.
Au terme de son séjour de 48 heures à Belém do Para dans le cadre du sommet climatique de la COP 30, le Président de la République Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo a échangé avec la diaspora congolaise du Brésil.
— Présidence RDC 🇨🇩 (@Presidence_RDC) November 7, 2025
Dans une brève allocution, le Chef de l'État a annoncé la fin… pic.twitter.com/O3OZKGq2ZR
In Belém führte Tshisekedi außerdem Gespräche mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, in denen beide Seiten den Ausbau der Süd-Süd-Kooperation in den Bereichen Sicherheit, Landwirtschaft und Handelvereinbarten.
Lage vor Ort bleibt angespannt
Während in Washington und Doha verhandelt wird, dauern im Osten des Kongo die Kämpfe an. Nach Berichten von Actualité.cd kam es zwischen dem 28. Oktober und dem 2. November in mehreren Gebieten der Provinz Nord-Kivu zu schweren Gefechten zwischen der AFC/M23 und den regierungstreuen Wazalendo-Milizen.

In Kalembe wurden zwei Zivilistinnen bei nächtlichen Auseinandersetzungen getötet, in Masisi und Walikale setzten beide Seiten schwere Waffen ein. Trotz lokaler Rückzüge bleiben die Rebellen in strategischen Positionen präsent.
Die kongolesische Armee (FARDC) startete am 31. Oktober eine Kampagne zur freiwilligen Entwaffnung der FDLR. Ziel sei es laut dem für die Region zuständigen Offizier Lt.-Col. Tassy, Kämpfer zur Rückkehr in ziviles Leben zu bewegen. In Makungurano und Banarukisa halten jedoch weiterhin bewaffnete Zellen ihre Stellungen.
Internationale Bedeutung
Mit dem Treffen in Washington und den parallelen Fortschritten in Doha rückt eine umfassende Friedensarchitektur für die Region der Großen Seen näher. Das Engagement der USA, Katars und der Afrikanischen Union wird von Beobachtern als Versuch gewertet, den diplomatischen Stillstand zu durchbrechen und das Vertrauen zwischen Kinshasa und Kigali wiederherzustellen.
Beide Seiten stehen nun unter wachsendem internationalen Druck, ihre Verpflichtungen umzusetzen und Feindseligkeiten einzustellen. Der Erfolg der Wirtschaftsinitiative REIF hängt dabei entscheidend vom tatsächlichen Fortschritt bei der Demobilisierung bewaffneter Gruppen und der Stabilisierung Ostkongos ab.