Die burundischen Behörden haben David Leyssens, Landesdirektor der belgischen Entwicklungsagentur Enabel, aufgefordert, das Land bis Samstag zu verlassen. Nach übereinstimmenden Angaben aus Agentur- und Diplomatenkreisen steht die Entscheidung im Zusammenhang mit einem Beitrag auf seinem persönlichen LinkedIn-Konto, in dem er eine Karikatur zur chronischen Treibstoffknappheit in Burundi geteilt hatte.
Hintergrund der Entscheidung
Die Karikatur begleitete einen Artikel der afrikanischen Wochenzeitung The Continent, der die seit fast fünf Jahren anhaltende Kraftstoffkrise in Burundi thematisierte. Obwohl Leyssens den Beitrag lediglich teilte, interpretierten die Behörden in Gitega dies als Angriff auf die nationale Souveränität. Ein Mitarbeiter von Enabel bestätigte gegenüber SOS Médias Burundi: „Seine Ausweisung ist direkt mit der Veröffentlichung dieser Karikatur verbunden.“
Die belgische Botschaft in Bujumbura erklärte, sie habe „Kenntnis genommen“ und enthielt sich weiterer Kommentare. Bis Freitagabend hatten die burundischen Behörden die Entscheidung nicht offiziell begründet.
Enabel als zentraler Partner
Die Ausweisung trifft einen der wichtigsten Akteure der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Belgien und Burundi. Enabel setzt einen erheblichen Teil der 75 Millionen Euro um, die Belgien für den Zeitraum 2024–2028 zugesagt hat. Rund 40 Millionen Euro sind bereits in Projekte in strategischen Bereichen gebunden:
- 4,9 Mio. € für Governance und Bürgerbeteiligung
- 15,8 Mio. € für nachhaltige Ernährungssysteme
- 11 Mio. € für berufliche Integration in einer grünen Wirtschaft
- 4,5 Mio. € für Studien- und Expertisenfonds
- 3,4 Mio. € für das lokale Multisektor-Büro

Diese Programme sind eng mit dem Nationalen Entwicklungsplan 2018–2027 sowie der Vision 2040–2060 verbunden, die Burundi zu einem Schwellenland bis 2040 und zu einem entwickelten Staat bis 2060 machen soll.
Wiederkehrendes Muster diplomatischer Konflikte
Die Entscheidung steht in einer Reihe von Spannungen zwischen Burundi und internationalen Organisationen. Bereits 2020 hatte die Regierung den damaligen WHO-Vertreter Walter Kazadi Mulombo sowie drei weitere Experten während der Covid-19-Pandemie ausgewiesen. Auch 2017 kam es zu Protesten gegen europäische Sanktionen, darunter eine von den Behörden organisierte Demonstration vor der belgischen Botschaft.
Kontext: Politische Sensibilität und strukturelle Krise
Die Ausweisung erfolgt in einer Phase, in der die Europäische Union ihre Beziehungen zu Burundi nach der politischen Krise von 2015 wieder aufgenommen hat. Beobachter verweisen darauf, dass die anhaltende Treibstoffknappheit – inzwischen seit mehr als 57 Monaten – Wirtschaft, Mobilität und Alltag stark beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund reagieren die Behörden besonders sensibel auf Kritik, die sie als Beeinträchtigung des internationalen Ansehens des Landes deuten.
Ob die Entscheidung Auswirkungen auf die belgische Entwicklungszusammenarbeit haben wird, ist offen. Die Ausweisung von David Leyssens wirft jedoch Fragen über die Stabilität der bilateralen Kooperation auf, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der langfristigen Entwicklungsagenda Burundis.