Die marokkanische Regierung hat die Bildung einer Kommission angekündigt, die sich mit der Überarbeitung des Familienrechts („Moudawana“) befassen wird. Diese Entscheidung wurde am Donnerstag vom Ministerdelegierten für die Beziehungen zum Parlament und Regierungssprecher Mustapha Baitas nach der wöchentlichen Regierungssitzung bekannt gegeben.
Zusammensetzung und Ziele der Kommission
Die neue Kommission besteht aus Vertretern der relevanten Ministerien, darunter das Justizministerium, das Ministerium für Habous und Islamische Angelegenheiten sowie das Ministerium für Solidarität, soziale Eingliederung und Familie. Zusätzlich wird das Sekretariat der Regierung (SGG) aufgrund seiner juristischen Expertise einbezogen.
تشكيل لجنة للصياغة من القطاعات الوزارية المعنية مباشرة بمراجعة مدونة الأسرة وكذا الأمانة العامة للحكومة (بايتاس)https://t.co/16dhrSZdCo
Formation d’une Commission d’élaboration constituée des départements ministériels directement concernés par la révision du Code de… pic.twitter.com/g5KUi5DQJC
— Agence MAP (@MAP_Information) January 16, 2025
Laut Baitas umfasst die Kommission auch rechtliche und religiöse Fachkräfte, darunter Oulémas (Gelehrte), und kann bei Bedarf auf externe Expertisen zurückgreifen. Ziel ist es, eine Reform des Familienrechts zu entwickeln, die sowohl den religiösen Grundlagen als auch den sozialen und rechtlichen Veränderungen der marokkanischen Gesellschaft gerecht wird.
Hintergrund der Reform des Familienrechts
Das Familienrecht wurde zuletzt 2004 unter König Mohammed VI reformiert und gilt als Meilenstein für die Stärkung der Rechte von Frauen und Kindern. Seitdem haben jedoch gesellschaftliche und rechtliche Entwicklungen den Bedarf für weitere Anpassungen deutlich gemacht. Forderungen nach Reformen konzentrieren sich unter anderem auf Themen wie Sorgerecht, Erbschaftsrecht und den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt.
Die aktuelle Initiative steht unter der direkten Schirmherrschaft von König Mohammed VI, der wiederholt seine Unterstützung für eine Reform des Familienrechts im Einklang mit den Grundsätzen der Scharia und den universellen Menschenrechten betont hat.
Reaktion der Regierung und gesellschaftlicher Dialog
Die Regierung betont, dass sie den öffentlichen Diskurs und die Vorschläge der politischen Parteien, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft aufmerksam verfolgt. Mustapha Baitas erklärte, dass die Arbeiten der Kommission auf den Vorschlägen der zuständigen Ministerien und der Stellungnahme des Obersten Rates der Oulémas basieren werden.
Zudem wies Baitas darauf hin, dass Kritik an den religiösen Institutionen, insbesondere am Obersten Rat der Oulémas, zurückgewiesen wird. Der Rat sei gemäß Artikel 41 der Verfassung die einzige Instanz, die autorisierte religiöse Gutachten (Fatwas) ausstellen dürfe.
„Die Regierung begrüßt die Vorschläge aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die zur Verbesserung des Gesetzestextes beitragen können, solange sie die religiösen Grundlagen und die Stabilität der Familie respektieren“, fügte Baitas hinzu.
Nächste Schritte und Herausforderungen
Der Reformprozess ist noch in der Anfangsphase, weshalb keine endgültigen Schlüsse über die Vorschläge oder deren Umsetzung gezogen werden können. Die Regierung betont, dass sie weiterhin transparent über den Fortschritt informiert und die Öffentlichkeit einbindet.
Die Überarbeitung des Familienrechts ist ein heikler Balanceakt zwischen Modernisierung und den traditionellen Werten des Landes. Sie könnte wegweisend für den gesellschaftlichen Wandel in Marokko und ein Vorbild für andere Länder in der Region sein.