US- und EU-Delegation in Tigray zur Umsetzung des Pretoria-Abkommens

Eine hochrangige Delegation aus den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Deutschland, Frankreich, Italien, dem Vereinigten Königreich und Dänemark ist am 11. Februar 2025 in Mekelle, der Hauptstadt der äthiopischen Region Tigray, eingetroffen. Ihr Besuch steht im Zeichen der internationalen Bemühungen zur Stabilisierung der Region und der Umsetzung des Pretoria-Abkommens, das den bewaffneten Konflikt zwischen der äthiopischen Zentralregierung und den Tigray-Kräften beenden sollte.

Hintergrund des Besuchs: Das Pretoria-Abkommen und die anhaltenden Herausforderungen in Tigray

Das am 2. November 2022 unterzeichnete Pretoria-Abkommen legte den Grundstein für ein Ende der Feindseligkeiten in Tigray. Es sah die Entwaffnung der Tigray-Truppen, die Wiedereingliederung der Region in den äthiopischen Staatsverband sowie die Wiederherstellung grundlegender Dienstleistungen wie Telekommunikation, Bankenwesen und Stromversorgung vor. Doch die Umsetzung des Abkommens bleibt bis heute eine Herausforderung. Die Präsenz ausländischer Truppen, insbesondere aus Eritrea, sowie anhaltende politische Spannungen innerhalb der Tigray-Führung erschweren den Friedensprozess erheblich.

Schwerpunkte der Gespräche in Mekelle

Die internationalen Gesandten wurden am Flughafen Alula Aba Nega von Getachew Reda, dem Präsidenten der Tigray-Interimsverwaltung, empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Umsetzung des Pretoria-Abkommens, die aktuellen politischen Spannungen innerhalb der TPLF (Tigray People’s Liberation Front) und die humanitäre Lage in der Region.

Die Delegation traf sowohl mit Getachew Reda als auch mit Debretsion Gebremichael zusammen, der eine rivalisierende Fraktion innerhalb der TPLF anführt. Die Spannungen zwischen diesen beiden Lagern haben sich seit dem 14. Parteikongress der TPLF verschärft und drohen, den ohnehin fragilen Friedensprozess weiter zu destabilisieren. Der Konflikt eskalierte zuletzt, als hochrangige Mitglieder der Tigray-Streitkräfte öffentlich die Auflösung der Interimsverwaltung forderten und sich offen auf die Seite einer der politischen Fraktionen stellten – ein Bruch mit ihrer bisherigen neutralen Haltung.

Neben der politischen Krise spielte auch die Sicherheitslage eine zentrale Rolle in den Gesprächen. Internationale Beobachter haben wiederholt auf die anhaltende Präsenz eritreischer Truppen hingewiesen, die trotz des Friedensabkommens nicht vollständig aus Tigray abgezogen wurden. Dies erschwert nicht nur die Umsetzung des Abkommens, sondern sorgt auch für anhaltende Spannungen zwischen Tigray und der Zentralregierung in Addis Abeba.

Internationale Reaktionen und diplomatische Signale

Die Ankunft der hochrangigen Delegation unterstreicht das anhaltende Engagement der internationalen Gemeinschaft für den Friedensprozess in Äthiopien. In den vergangenen Monaten haben bereits mehrere ausländische Gesandte, darunter der US-Botschafter in Äthiopien, Ervin Massinga, Tigray besucht, um die Einhaltung des Abkommens zu überwachen und die Konfliktparteien zu einem Dialog zu bewegen.

Die Gespräche in Mekelle signalisieren eine erneute diplomatische Initiative, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Die internationale Gemeinschaft fordert verstärkte Anstrengungen zur Umsetzung der Vereinbarungen, insbesondere in Bezug auf den Truppenabzug, die wirtschaftliche Erholung Tigrays und die politische Stabilität der Region.

Implikationen für die Zukunft des Friedensprozesses in Tigray

Die Anwesenheit von Vertretern aus den USA und Europa setzt die äthiopische Regierung sowie die Tigray-Führung unter Druck, die Verpflichtungen des Pretoria-Abkommens zügig umzusetzen. Die langsame Implementierung hat bereits zu wachsender Frustration innerhalb der internationalen Gemeinschaft geführt, die eine nachhaltige Lösung für den Konflikt anstrebt.

Die politische Spaltung innerhalb der TPLF stellt jedoch eine ernsthafte Bedrohung für den Friedensprozess dar. Wenn keine Einigung innerhalb der politischen Führung von Tigray erzielt wird, könnte dies nicht nur das Abkommen gefährden, sondern auch neue Spannungen mit der Zentralregierung in Addis Abeba hervorrufen.

Ein weiteres zentrales Thema ist die humanitäre Lage. Trotz des Waffenstillstands leiden Millionen von Menschen in Tigray weiterhin unter Versorgungsengpässen. Die Delegation dürfte daher auch die Notwendigkeit einer ungehinderten Bereitstellung humanitärer Hilfe betont haben, insbesondere in Anbetracht der unsicheren wirtschaftlichen Zukunft und der stockenden Wiederherstellung wesentlicher Infrastrukturen.

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