Die südsudanesischen Behörden haben am Mittwoch eine Anordnung erlassen, die den Zugang zu sozialen Medien für mindestens 30 Tage blockiert. Diese Maßnahme, die möglicherweise auf 90 Tage verlängert wird, soll die Verbreitung grafischer Inhalte im Zusammenhang mit der Gewalt gegen südsudanesische Staatsbürger im benachbarten Sudan eindämmen. Der Direktor der National Communication Authority (NCA) begründete die Sperrung mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und dem Schutz der psychischen Gesundheit der Bevölkerung.
Hintergrund der Sperrung
Auslöser der Maßnahme waren Videoaufnahmen aus dem sudanesischen Bundesstaat Gezira, die angeblich die Tötung südsudanesischer Bürger durch Milizen zeigen. Diese Bilder lösten in Südsudan Empörung und Vergeltungsaktionen aus, darunter Plünderungen von Geschäften sudanesischer Händler. Bereits am 17. Januar hatte die Regierung eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, um die Lage zu beruhigen.
„Diese Maßnahme könnte aufgehoben werden, sobald sich die Lage stabilisiert“, erklärte die NCA. „Die Inhalte, die derzeit kursieren, verstoßen gegen unsere lokalen Gesetze und stellen eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit dar.“
Kritik aus der Zivilgesellschaft und von Rechtsexperten
Die Entscheidung wurde von verschiedenen Seiten kritisiert. Dr. Geri Raimondo Legge, ehemaliger Richter am Berufungsgericht, bezeichnete die Maßnahme als „kollektive Bestrafung“, die die Rechte der Bürger auf Zugang zu Informationen verletze. Er forderte die südsudanesische Anwaltskammer auf, rechtliche Schritte gegen die Sperrung einzuleiten.
Statement & response of the @ssbalaw to the partial social media shut down in #SouthSudan after @NCA_SSD announced a 90 day ban of FB & TikTok. Netizens have expressed outrage in the following hours, stating it violates their rights of freedom expression. pic.twitter.com/pToatballu
— Michelle D'Arcy (@mishmishjuba) January 23, 2025
„Hassrede ist ein individuelles Vergehen. Statt einer pauschalen Sperrung hätte die Regierung gezielt gegen Personen vorgehen können, die solche Inhalte verbreiten“, so Raimondo. Auch andere Juristen wie Gabriel Kuot Akok Deng und Santo Daniel äußerten verfassungsrechtliche Bedenken und betonten, dass die Maßnahme die Meinungsfreiheit unverhältnismäßig einschränke.
Reaktionen aus dem Parlament

Der stellvertretende Parlamentspräsident, Nathaniel Oyet, kritisierte, dass die Legislative in die Entscheidung nicht eingebunden wurde. Er kündigte an, dass die zuständigen Ministerien und die NCA vor den parlamentarischen Ausschüssen Rede und Antwort stehen müssten.
„Solche Maßnahmen müssen im Einklang mit der Verfassung stehen, insbesondere mit der im Bill of Rights verankerten Meinungsfreiheit“, so Oyet.
Auch internationale Organisationen wie Human Rights Watch verurteilten die Entscheidung. Nyagoah Tut Pur, Afrika-Forscherin bei Human Rights Watch, erklärte, die Maßnahme sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Bürger und eine Form der Unterdrückung kritischer Stimmen. „Die Regierung hätte andere Mittel nutzen können, um Hassrede und Falschinformationen einzudämmen, anstatt die Plattformen vollständig zu blockieren“, sagte Pur.

Die südsudanesische Medienbehörde rief derweil zu einem verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Plattformen auf. „In einer Zeit, in der unsere Stimmen mühelos Grenzen überschreiten können, müssen wir mit Bedacht kommunizieren“, erklärte der Leiter der Behörde, Elijah Alier.
Er betonte, dass die Förderung von Hassrede rechtliche Konsequenzen haben werde.