Am Sonntag, den 17. November 2024, fanden im Senegal vorgezogene Parlamentswahlen statt. Mehr als sieben Millionen wahlberechtigte Bürger waren dazu aufgerufen, die 165 Sitze der Nationalversammlung neu zu besetzen. Diese Wahlen sind nicht nur ein Test für die Regierung unter Präsident Bassirou Diomaye Faye, sondern auch ein Indikator für die politische Stimmung im Land nach acht Monaten Amtszeit des neuen Präsidenten.
Die Abstimmung könnte die politische Landschaft des Landes nachhaltig verändern und klären, ob die Regierungspartei PASTEF ihre Reformpläne umsetzen kann oder mit einer erstarkten Opposition konfrontiert wird.
Der Wahlmodus:
Das Wahlsystem im Senegal kombiniert ein Mehrheits- und ein Proportionalwahlrecht.
- Mehrheitswahl: 112 Sitze werden direkt in den 46 Wahlkreisen des Landes vergeben. Dabei gewinnt die Liste mit den meisten Stimmen alle Mandate eines Wahlkreises. Die Sitzverteilung orientiert sich an der Bevölkerungszahl und wirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Regionen.
- Diaspora: 15 Mandate sind für Senegalesen im Ausland reserviert.
- Proportionalwahl: 53 Sitze werden auf nationaler Ebene verteilt und berücksichtigen die Gesamtstimmen aller Parteien.
Insgesamt traten 41 Listen an, wobei vier große politische Blöcke die Parlamentswahlen dominierten.
Politische Ausgangslage und Bedeutung der Parlamentswahlen:
Diese Wahlen folgen auf die Entscheidung von Präsident Faye, das Parlament im September 2024 aufzulösen – eine Maßnahme, die in seinen verfassungsmäßigen Befugnissen liegt. Fayes Reformprogramm „Sénégal 2050“, das auf wirtschaftliche Modernisierung, Korruptionsbekämpfung und eine gerechtere Verteilung der Ressourcen abzielt, wird von der neuen Zusammensetzung der Nationalversammlung abhängen.
Faye wurde im März 2024 mit einem anti-establishment-orientierten Programm gewählt, das die politischen Machtstrukturen des Landes grundlegend verändern sollte. Die Parlamentswahlen gelten daher als Referendum über seinen Regierungsstil und seine Vision.
Ein Sieg der Regierungspartei PASTEF könnte ihre Dominanz stärken, während ein Erfolg der Opposition, allen voran der Koalition Takku Wallu Sénégal unter der Führung des ehemaligen Präsidenten Macky Sall, zu einer Phase der politischen Unsicherheit führen könnte.
Sollte die Opposition die Kontrolle über das Parlament übernehmen, wäre eine Regierungsauflösung für zwei Jahre ausgeschlossen. Dies könnte eine Zwangskooperation zwischen Exekutive und Legislative erfordern, was im politischen System Senegals selten vorkommt.
Spannungen und Zwischenfälle im Wahlkampf:
Die Kampagne wurde von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Unterstützern der Regierungspartei und oppositionellen Gruppen überschattet. Besonders kritisch war ein Vorfall in Saint-Louis, bei dem Anhänger der Regierungspartei PASTEF und der Oppositionskoalition Sam Sa Kadu aneinandergerieten.
In einer angespannten Rede hatte Premierminister Ousmane Sonko zunächst zur Vergeltung aufgerufen, bevor er später um Ruhe bat. Sonko, eine zentrale Figur der Regierungspartei und maßgeblich für Fayes Wahlsieg verantwortlich, geriet selbst in den Fokus, nachdem sein Fahrzeug während eines Wahlkampfbesuchs im Zentrum des Landes attackiert wurde.
Auch die Opposition war von Gewalt betroffen. So wurde Malick Gackou, ein prominenter Politiker einer Oppositionspartei, bei einem Angriff verletzt. Der Vorfall verdeutlicht die hohe emotionale und politische Brisanz dieser Wahlen.
Erster Wahltag:
Bis zum Abend des 17. November meldeten Wahlbehörden aus Regionen wie Fatick eine Wahlbeteiligung von rund 50,7 %. Der Präfekt El Hadj Madické Dramé erklärte, dass die Auszählung in den Wahllokalen unmittelbar nach deren Schließung begonnen habe.
Erste Ergebnisse aus einzelnen Wahlkreisen wie Thiès zeigen Erfolge für die Regierungspartei PASTEF. In einem Wahlbüro gewann die Partei 19 von 35 gültigen Stimmen. Andere Parteien, darunter Sam Sa Kadu, Jamm ak Ndiarignund kleinere Listen, konnten nur wenige Stimmen erzielen.
Kontroversen um die Wahl:
Noch während die Auszählung lief, erhob die Oppositionskoalition Takku Wallu Sénégal schwere Vorwürfe. In einer Erklärung kritisierte sie Unregelmäßigkeiten wie den mutmaßlichen Missbrauch administrativer Ressourcen, fehlerhafte Organisation und Verdacht auf Wahlbetrug.
Besonders betont wurden angebliche Probleme in der Diaspora, wo Stimmen der Senegalesen im Ausland oft entscheidend für die nationale Sitzverteilung sind. Die Opposition drohte, rechtliche Schritte einzuleiten, um die Annullierung einzelner Wahlergebnisse zu erzwingen.
Mögliche politische Konsequenzen:
Das endgültige Wahlergebnis wird in den kommenden Tagen erwartet und dürfte den politischen Kurs des Senegal für die nächsten Jahre bestimmen. Der Ausgang wird klären, ob die Reformagenda der PASTEF-Partei unter Präsident Faye weitergeführt wird oder ob die Opposition eine Mehrheit erringt und eine Phase der politischen Koexistenz einleitet.