Saber Chouchane nach Facebook-Post zu Todesstrafe verurteilt

Das Strafgericht Nabeul verurteilte am 1. Oktober 2025 den Arbeiter Saber Chouchane wegen Facebook-Äußerungen zum Tode. Die Verteidigung legte Berufung ein. Parteien und Verbände kritisieren die Anwendung von Dekret-Gesetz 54 sowie der Artikel 67 und 72.

Anklagepunkte gegen Saber Chouchane

Sicherheitskräfte nahmen Saber Chouchane nach einem Facebook-Beitrag fest, der den Präsidenten kritisierte. Die Behörden überwiesen den Fall zunächst an den Anti-Terror-Pole des Gerichts erster Instanz in Tunis. Die Stelle gab das Dossier mangels terroristischen Charakters ab. Die Staatsanwaltschaft Nabeul erhob danach Anklage vor der dortigen Strafkammer. Eine aus fünf Richtern bestehende Kammer sprach am 1. Oktober 2025 die Todesstrafe aus. Das Berufungsverfahren läuft und hemmt die Vollstreckung.

Die Anklage stützte sich auf drei Tatbestände. Erstens Beleidigung des Staatsoberhaupts nach Artikel 67 des Strafgesetzbuchs. Zweitens Verbreitung falscher Informationen nach Artikel 24 des Dekret-Gesetzes 54 aus dem Jahr 2022. Drittens ein Anschlag mit dem Ziel, die Staatsform zu verändern, nach Artikel 72 des Strafgesetzbuchs. Der Angeklagte ist Tagelöhner und Vater von drei Kindern.

Politische und zivilgesellschaftliche Reaktionen

Mehrere Parteien verurteilten das Urteil und forderten eine Untersuchung. Das betraf den Mouvement Tunisie en Avant sowie den Parti des Patriotes Démocrates Unifié. Beide Gruppierungen bezeichneten das Urteil als gefährlichen Präzedenzfall. Die Association Tunisienne des Jeunes Avocats kritisierte einen unverhältnismäßigen Rückgriff auf repressive Normen. Der Verband kündigte ein freiwilliges Verteidigungskomitee an. Der Vorsitzende der regionalen Anwaltskammer, Abdelkader Bensouissi, nannte die drei Anklagepunkte. Der Präsident der Ligue tunisienne des droits de l’Homme, Bassem Trifi, bewertete die Entscheidung als völlig unverhältnismäßig. Er verwies auf die geringe Reichweite der Facebook-Seite des Angeklagten.

Richterliche Maßnahmen und juristischer Kontext

Nach dem Urteil traf die Aufsicht eine disziplinarische Entscheidung gegen den vorsitzenden Richter. Nach Angaben von Bassem Trifi wurde der Magistrat im Anschluss an das Urteil von seinen Funktionen entbunden.

Das Verfahren rückt Dekret-Gesetz 54 und die einschlägigen Strafnormen in den Fokus. Artikel 24 des Dekrets adressiert die Verbreitung falscher Informationen. Der Artikel 67 schützt den Präsidenten vor Beleidigungen. Zuletzt steht der Artikel 72 im Raum. Diese Norm stellt Eingriffe gegen die Staatsform unter schwere Strafe. Die Akteure diskutieren die Reichweite dieser Normen im digitalen Kontext. Der Fall betrifft Äußerungen in sozialen Netzwerken und damit Fragen der Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und strafbarer Kommunikation.

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