Am Mittwoch finden in Namibia Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Unter den Kandidat:innen ist Netumbo Nandi-Ndaitwah, die amtierende Vizepräsidentin und Spitzenkandidatin der regierenden SWAPO-Partei. Gelingt ihr der Wahlsieg, wird sie als erste Frau das Amt des Präsidenten in Namibia übernehmen. Rund 1,4 Millionen Bürger:innen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, sind registriert, um ihre Stimme bei dieser Wahl abzugeben.
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— Cde. Netumbo Nandi-Ndaitwah (@VPSWAPO) November 25, 2024
Herausforderung für die regierende SWAPO-Partei
Die SWAPO, die Namibia seit der Unabhängigkeit 1990 regiert, sieht sich bei dieser Wahl wachsender Konkurrenz gegenüber. Seit dem Verlust der Zweidrittelmehrheit im Parlament im Jahr 2019 steht die Partei unter Druck. Gründe für den Rückgang der Zustimmung waren unter anderem Korruptionsvorwürfe im Fischereisektor, die zur Verhaftung mehrerer Minister führten.
Laut dem politischen Analysten Henning Melber muss die SWAPO die Wahl 2019 als Warnung verstehen. „Es gibt kein Zurück zu einer dominierenden Stellung,“ so Melber. Vor allem junge Wähler:innen, die sogenannten „Born-Frees“, seien weniger von der Befreiungsgeschichte der Partei beeindruckt und bewerten vielmehr deren Regierungsführung.
Versprechen und Kritik
Netumbo Nandi-Ndaitwah, 72 Jahre alt, hat ein ehrgeiziges Wahlprogramm vorgestellt. Sie plant, 85 Milliarden Namibia-Dollar (ca. 4,7 Milliarden USD) zu investieren, um über 500.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Kritiker:innen bemängeln jedoch die Realisierbarkeit dieses Ziels angesichts eines aktuellen Jugendarbeitslosigkeitsniveaus von etwa 20 %.
Darüber hinaus sind Themen wie Gleichstellung, reproduktive Rechte und Gesundheitsversorgung zentrale Anliegen, die insbesondere für weibliche Wähler:innen von Bedeutung sind. Sollte Nandi-Ndaitwah gewählt werden, würde sie sich in die Reihe afrikanischer Spitzenpolitikerinnen wie Ellen Johnson Sirleaf (Liberia) und Joyce Banda (Malawi) einfügen.
Streit um Wahlbeobachtung und regionale Dynamiken
Die Southern African Development Community (SADC) hat eine Beobachtermission für die Wahl entsandt. Deren Glaubwürdigkeit wird jedoch von Oppositionellen wie Bernadus Swartbooi, dem Vorsitzenden der Landless People’s Movement (LPM), infrage gestellt. Besonders die führende Rolle von Simbabwe, dessen eigene Wahldemokratie kritisch bewertet wird, sorgt für Kontroversen. Swartbooi erklärte: „Wie kann ein Land, das keine freien Wahlen durchführen kann, über Demokratie in Namibia wachen?“
Lohnstreit bei Wahlhelfer:innen
Unmittelbar vor der Wahl kam es zu Unruhen unter Wahlhelfer:innen, die mit Streiks drohten. Die Wahlkommission Namibias (ECN) reagierte mit einer Anhebung der täglichen Vergütung von 436 auf 476 Namibia-Dollar. Trotz dieser Anpassungen bleiben Unstimmigkeiten bestehen, insbesondere in den Regionen Kavango Ost und West, wo Beschwerden über Diskriminierung und mangelnde Kommunikation laut wurden.
Regionale und historische Bedeutung der Wahl
Die Wahl findet in einem Jahr statt, in dem die politischen Landschaften im südlichen Afrika deutliche Veränderungen erfahren haben. In Südafrika verlor der ANC seine jahrzehntelange Mehrheit, während in Botsuana und Mauritius Oppositionsparteien historische Wahlerfolge erzielten. Namibia könnte mit einer erstmals weiblichen Präsidentin ein weiteres Signal für den Wandel in der Region setzen.