Die burundische Kaffeeindustrie, einst das Rückgrat der nationalen Wirtschaft, steckt in einer tiefen Krise. Verzögerte Zahlungen, fehlende Pflanzenschutzmittel und mangelnde technische Unterstützung treiben viele Produzenten an den Rand der Verzweiflung. Bei einer Versammlung am 20. Oktober in Bujumbura, organisiert von der nationalen Kaffeebauernvereinigung CNAC „Murima w’Isangi“, schlugen die Anwesenden Alarm und forderten sofortige Maßnahmen zur Rettung eines Sektors, der einen Großteil der Deviseneinnahmen des Landes sichert.
Zahlungsverzögerungen lähmen die Produzenten von Kaffee

Mehrere Produzenten berichteten über monatelange Verzögerungen zwischen der Kaffeeauslieferung und der Auszahlung ihrer Einnahmen. „Warum exportieren wir den Kaffee im April, wenn wir im Oktober immer noch kein Geld erhalten haben?“, fragte Liberatte Nsabiyumva, eine Kaffeebäuerin aus Kayanza, mit sichtlicher Frustration.
Sie kritisierte zudem die ungleiche Verteilung der Gewinne: „Es ist traurig, dass diejenigen, die den Kaffee anbauen, kaum etwas bekommen, während andere, die nie eine Hacke in der Hand hatten, in Luxusautos fahren. Wir sehen die Devisen nicht, die unser Kaffee bringt – sie verschwinden in anderen Taschen.“
Die fehlenden Einnahmen hätten direkte Folgen für das Leben der Familien, so Nsabiyumva: „Ohne dieses Geld können wir unsere Kinder nicht zur Schule schicken und uns keine medizinische Versorgung leisten.“
Fehlende Mittel und technische Unterstützung
Prosper Bigirindavyi, Eigentümer unabhängiger Waschstationen, wies auf den gravierenden Mangel an Pflanzenschutzmitteln und Ausrüstung hin: „Seit fünf Jahren wird der Kaffee nicht mehr ordnungsgemäß behandelt. Eine Kuh gibt nur, was sie gefüttert bekommt – wie soll der Kaffee gute Erträge bringen, wenn er keine Pflege erhält?“
Bigirindavyi forderte eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierung, Verbänden und Privatsektor: „Mit den Devisen aus dem Kaffeeexport könnten wir nationale Engpässe, etwa bei Kraftstoffen, beheben. Aber dafür muss der Sektor funktionieren.“
Konkrete Vorschläge zur Wiederbelebung des Sektors

Emery Ndanga, Vertreter des Verbandes FOPABU, schlug die Wiederaufnahme des Programms zur Einrichtung von Kaffeebaumschulen auf Gemeindeebene vor. Zudem forderte er regelmäßige Zahlungen an die Produzenten nach jeder Lieferung: „Niemand geht auf den Markt, ohne das Geld in der Tasche zu haben.“
Er warnte vor einem weiteren Problem: „Wenn ein Produzent im April ein Konto eröffnet, aber bis Oktober kein Geld erhält, wird dieses Konto durch Bankgebühren entwertet, bevor er überhaupt bezahlt wird.“
Dieudonné Ndayisenga, Regierungsvertreter im Senat, versicherte den Produzenten, dass der Staat den Kaffeesektor nicht im Stich lassen werde: „Der Kaffee bringt mehr Devisen ein als der Tee. Es ist an der Zeit, dass andere Sektoren vom Kaffeemodell lernen.“
Neue Strategie und Digitalisierung soll helfen die Kaffeekrise zu überwinden

Der Vorsitzende der CNAC, Jean Pierre Ntabomenyereye, erklärte, das Hauptziel der Versammlung sei die Neuausrichtung des Verbandes gewesen: „Wir stehen im Dialog mit den zuständigen Ministerien, um eine bessere Entlohnung und den rechtzeitigen Zugang zu Betriebsmitteln wie Dünger zu gewährleisten.“
Er betonte die Notwendigkeit, den Kaffee als nationales Kulturgut aufzuwerten: „Kaffee ist ein Reichtum für unser Land. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass er diesen Wert wieder widerspiegelt.“
Im Rahmen der Versammlung wurden außerdem neue Satzungen verabschiedet, um die Organisation für neue Mitglieder und Partner zu öffnen. Zudem kündigte CNAC die Einführung eines digitalen Registers an, das alle Kaffeebauern erfassen soll: „Bisher wussten wir nur ungefähr, wie viele Familien Kaffee anbauen. Jetzt werden wir über genaue Daten verfügen – ein wichtiger Schritt zu Transparenz und Effizienz.“