Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) hat die erste Ausgabe ihres “Regional Economic Outlook” veröffentlicht. Der Bericht analysiert die wirtschaftlichen Herausforderungen und Chancen der Mitgliedsstaaten vor dem Hintergrund politischer Instabilität und Sicherheitsbedrohungen.
Wirtschaftliche Dynamiken und Herausforderungen im Mittelpunkt des Regional Economic Outlook Reports
Laut ECOWAS-Präsident Dr. Omar Alieu Touray betont der Bericht die zentrale Rolle von Frieden und Stabilität für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Die Analyse zeigt, dass Fortschritte in Bezug auf das Nachhaltigkeitsziel SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) bis 2030 nur bedingt erreicht werden. Eine durchgeführte SWOT-Analyse empfiehlt unter anderem die Reform des Zusatzprotokolls über Demokratie und Regierungsführung sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen. Zudem wird eine effizientere Mobilisierung von Ressourcen für die ECOWAS-Standby-Truppe vorgeschlagen.
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die globale Wirtschaftslage die wirtschaftlichen Perspektiven der Region beeinflusst. Um wirtschaftliche Ungleichheiten zu verringern, empfiehlt die Analyse eine Diversifizierung der Wirtschaft und eine Stärkung des Humankapitals.
Wirtschaftliche Entwicklung von 2010 bis 2022
Das erste Kapitel der Ausgabe befasst sich mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und des Russland-Ukraine-Konflikts auf die Weltwirtschaft. Während das weltweite Wirtschaftswachstum 2023 auf 1,7 % sank, konnte die ECOWAS-Region eine moderate Wachstumsrate von 3,9 % verzeichnen. Dennoch sind insbesondere die wirtschaftlich schwächeren Mitgliedsstaaten von Inflation betroffen, was zu steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen führt.
ECOWAS PUBLISHES THE FIRST EDITION OF ITS REGIONAL ECONOMIC OUTLOOK REPORT.
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LA CEDEAO PUBLIE LA 1ERE EDITION DE SON RAPPORT SUR LES PERSPECTIVES ÉCONOMIQUES RÉGIONALES… https://t.co/kS0146WAAW— Ecowas – Cedeao (@ecowas_cedeao) February 4, 2025
Das zweite Kapitel untersucht die wirtschaftliche Entwicklung von 2010 bis 2022. Die Region erlebte ein schwankendes Wachstum, beeinflusst durch Krisen wie Ebola und COVID-19 sowie fallende Ölpreise. Während das Wirtschaftswachstum 2011 bei 5,2 % lag, sank es 2016 auf -0,6 %, bevor es 2022 wieder auf 3,9 % anstieg. Gleichzeitig stieg die Inflation auf 17,3 %, insbesondere aufgrund der Abwertung nationaler Währungen und steigender Lebensmittelpreise. Auch die öffentlichen Finanzen gerieten unter Druck: Das Haushaltsdefizit der Region wuchs von -4,5 % im Jahr 2010 auf -5,6 % im Jahr 2022.
Prognosen und wirtschaftliche Unsicherheiten
Laut Bericht wird für 2024 ein regionales BIP-Wachstum von 4,1 % erwartet, unterstützt durch positive Entwicklungen in Ländern wie Benin, Elfenbeinküste und Senegal. Risiken bestehen jedoch aufgrund politischer Instabilität, militärischer Umstürze und damit verbundener Sanktionen. Die Inflation soll bis 2025 von 18,8 % auf 11,9 % sinken, wenngleich Länder wie Ghana voraussichtlich weiterhin hohe Inflationsraten aufweisen werden.
Internationale geopolitische Spannungen, insbesondere der Russland-Ukraine-Konflikt, könnten die Inflation weiter antreiben. Zudem stellt die Klimaanfälligkeit der Region eine zusätzliche Herausforderung dar und könnte Armut verschärfen.
Frieden, Sicherheit und regionale Stabilität
Das dritte Kapitel des Berichts behandelt sicherheitspolitische Herausforderungen. Laut ECOWAS sind wiederkehrende Konflikte und Staatsstreiche seit 2021, insbesondere in Mali, Guinea, Burkina Faso und Niger, problematisch. Die maritime Unsicherheit im Golf von Guinea, gekennzeichnet durch Piraterie, verursacht jährliche wirtschaftliche Verluste von etwa 1,94 Milliarden US-Dollar. Der regionale Friedensindex verschlechterte sich 2022 auf 2,25 (von 2,20 in 2021). Während Länder wie Gambia, Ghana und Sierra Leone als stabil gelten, sind Burkina Faso, Mali, Nigeria und Niger besonders von Terrorismus und bürgerlichen Unruhen betroffen.
Die Sicherheitskrisen führen zu erheblichen sozialen Herausforderungen. Mehr als sechs Millionen Menschen waren bis 2022 innerhalb der Region auf der Flucht. Besonders betroffen sind Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, die in Konfliktgebieten massiv beeinträchtigt sind.
ECOWAS setzt auf verbesserte Datenanalyse zur Früherkennung von Bedrohungen. Laut Gbenga Erin, Analyst der ECOWAS-Kommission, ist die Gewährleistung von Datenqualität und -verifizierung entscheidend, um belastbare Analysen zu ermöglichen. Bisher wurden elf nationale Koordinierungszentren für das Frühwarn- und Reaktionssystem eingerichtet, während vier weitere in Planung sind. Diese sollen durch gezielte Schulungen zu den Schwerpunkten Regierungsführung, Kriminalität, Sicherheit, Umwelt und Gesundheit gestärkt werden.