Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 1. Dezember in Schloss Bellevue 20 Persönlichkeiten mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Unter dem Motto „Deutschland in der Welt“ würdigte er elf Frauen und neun Männer für ihr ehrenamtliches Engagement in Deutschland, Europa und im Globalen Süden.
20 Auszeichnungen unter dem Motto „Deutschland in der Welt“

Steinmeier stellte in seiner Rede den verbindenden Charakter dieses Engagements heraus. Die Geehrten seien Menschen, „die nicht abwarten, sondern anpacken, die nicht jammern, sondern handeln“. Ihr Einsatz stehe für einen Dreiklang, den der Bundespräsident als unverzichtbar für die Gesellschaft bezeichnete: „Sie knüpfen Verbindungen. Sie fördern Verständnis. Sie übernehmen Verantwortung.“
Die Ausgezeichneten engagieren sich unter anderem für den europäischen Zusammenhalt, unterstützen Menschen in der Ukraine, begleiten Zugewanderte bei der Integration, fördern interreligiösen Dialog, arbeiten Kolonialgeschichte auf und verbessern Lebensbedingungen im Globalen Süden.
Aufarbeitung der Kolonialgeschichte und afrikanisch-deutsche Verständigung
Mehrere der Geehrten setzen Schwerpunkte im Bereich Afrika, Diaspora und postkoloniale Erinnerung.

Jean-Pierre Félix-Eyoum engagiert sich seit vielen Jahren für die Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft in Kamerun und für die deutsch-kamerunische Verständigung. Als Großneffe des 1914 hingerichteten Duala-Fürsten Rudolf Duala Manga Bell macht er das damalige Unrecht durch Vorträge und Workshops sichtbar. Gemeinsam mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern war er an der Umbenennung von Plätzen in Berlin, Ulm und Aalen in „Manga-Bell-Platz“ beteiligt. Zudem wirkt er im Verein „Deutschland postkolonial – erinnern und versöhnen“ und arbeitet mit dem Museum Fünf Kontinente in München zusammen.

Virginie Kamche Tebou aus Bremen hat 2010 das „Afrika Netzwerk Bremen“ mitgegründet, einen Zusammenschluss von Vereinen, die zu Afrika und Regionen des Globalen Südens arbeiten. Sie initiiert Veranstaltungen wie den Tag der Vielfalt, Formate zum Welttag der Muttersprachen und die Verleihung des Bremer Diaspora-Preises.
Ihr Engagement umfasst Bildungskooperationen, Austausch zu Fachkräftemangel, die Aufarbeitung der Bremer Kolonialgeschichte und den Aufbau von Brücken zwischen lokalen Akteuren und afrikanischen Communities.

Dr. Elisabeth Kaneza, die 1994 den Völkermord in Ruanda überlebt hat und in Deutschland Schutz fand, verbindet persönliche Erfahrung mit wissenschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Arbeit. Mit einer Dissertation über „Rassische Diskriminierung in Deutschland“ und ihrer Tätigkeit als Referentin für Antirassismus bei Amnesty International Deutschland fokussiert sie Menschenrechts- und Gleichstellungsthemen.
Als Gründerin und Vorsitzende der „Kaneza Foundation for Dialogue and Empowerment e.V.“ arbeitet sie bundesweit zu Menschenrechten, Chancengleichheit, Diversität und den Rechten von Menschen afrikanischer Herkunft.
Bildung, Gesundheit und globale Verantwortung im Globalen Süden

Einen klaren Bezug zu Afrika hat auch das Engagement von Hannah Janßen. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr in Ghana initiierte sie den Verein „Zusammen für Ghana“, der die ghanaische NGO „Kinder Zentrum International“ beim Aufbau einer Schule unterstützt.
Sie verantwortet Konzeption, Aufbau und Weiterentwicklung des Projekts, organisiert Spendenaktionen und baut Partnerschaften mit Schulen und Stiftungen in Deutschland auf. Parallel dazu leistet sie entwicklungspolitische Bildungsarbeit an deutschen Schulen, etwa in Form von Projekttagen und Videokonferenzen mit Ghana.

International ausgerichtet ist auch die Arbeit von Siegfried Thomaßen beim Medikamentenhilfswerk „Action Medeor“. Als Präsident des Vereins, der als „Notapotheke der Welt“ bekannt ist, begleitet er seit mehr als zehn Jahren die Lieferung von Medikamenten, medizinischem Material und Geräten in fast 100 Länder.
Neben Not- und Katastrophenhilfe unterstützt „Action Medeor“ den Aufbau von Krankenhausapotheken und andere fachliche Strukturen. 2014 wurde unter seiner Verantwortung eine erste afrikanische Niederlassung in Tansania gegründet, mit lokaler Leitung und Verantwortung.
Kultur, Jugend und transnationale Brücken

Die Brüder Felix und Till Neumann, als Hip-Hop-Duo „Zweierpasch“ bekannt, wurden für ihre kulturpolitische Arbeit ausgezeichnet. Ihre deutsch-französischen Texte greifen Themen wie Frieden, Demokratie und Völkerverständigung auf und beziehen sich etwa im Song „Sirenen“ auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Über internationale Projekte in Europa, Westafrika und Asien haben sie die „Ecole du Flow“ aufgebaut, in der sie Schülergruppen aus Deutschland und Frankreich mit Hip-Hop-Kreativwettbewerben zusammenbringen.
Mehrere der Geehrten arbeiten zudem im Bereich Integration, interreligiöser Dialog und Unterstützung Geflüchteter. Steinmeier hob Projekte hervor, die digitale Werkzeuge für Integration entwickeln, Geflüchtete im Alltag begleiten, Begegnungsräume schaffen und gegen Antisemitismus sowie religiöse Vorurteile wirken.
Steinmeiers Initiative „Ehrentag“ und Auftrag an die Ordensträger
In seiner Rede verband der Bundespräsident die Ordensverleihung mit einem Ausblick auf seine Initiative „Ehrentag“, die ab 2026 jährlich am 23. Mai, dem Tag des Grundgesetzes, stattfinden soll. Ziel ist es, Engagement sichtbar zu machen und zu stärken.

Steinmeier bat die Ausgezeichneten, als „Taskforce“ für diesen Tag zu wirken, die Idee in ihre Netzwerke zu tragen und weitere Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Der Ehrentag solle Engagement „für dich, für uns, für alle“ sichtbar machen und zu eigenen Aktivitäten motivieren – von Nachbarschaftsaktionen bis zu Projekten mit Schulen, Vereinen oder Initiativen.
Am Ende der Veranstaltung stellte der Bundespräsident die Geehrten in den Mittelpunkt. Er betonte, dass ihr Einsatz den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärke und ihnen zugleich selbst neue Erfahrungen eröffne. Das Ehrenamt sei „ein Geschenk – für beide Seiten“.