Botschafter Christian Sedat appelliert an die Regierung ihre Verantwortung zu übernehmen

In einem exklusiven Interview mit Radio Tamazuj stellte Christian Sedat, der deutsche Botschafter in Südsudan, klar, dass Deutschland und andere Geberländer weiterhin den Menschen in Südsudan zur Seite stehen werden. Doch die Verantwortung für die Verwendung der Gelder liege bei der südsudanesischen Regierung. „Donor-Finanzierung kann nur ergänzend wirken und ersetzt nicht die Verpflichtungen der Regierung von Südsudan“, so Sedat.

Deutsch-südsudanesische Beziehungen: Langjährige Partnerschaft

Deutschland unterstützt Südsudan seit seiner Unabhängigkeit und war bereits zuvor in der Region aktiv. Christian Sedat erinnerte an die Hilfe deutscher Kirchen und Projekte von GTZ (heute GIZ), die entscheidend zur Entwicklung von Gesundheitsdiensten beitrugen. Er betonte, dass „Deutschland einer der größten bilateralen Geber für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist“. Im Jahr 2024 stellt Deutschland rund 65 Millionen US-Dollar für humanitäre Hilfe und Stabilisierung zur Verfügung.

Entwicklungshilfe und Schwerpunktprojekte

„Deutschland ist der zweitgrößte bilaterale Geber mit etwa 300 Millionen US-Dollar für laufende Entwicklungsprojekte“, erklärte Sedat. Zu den priorisierten Bereichen zählen Landwirtschaft, lokale Governance, Genderfragen und Wasserprojekte. Ein besonders wichtiges Vorhaben sei die Unterstützung des Ostafrikanischen Gemeinschaftsprojekts, das mit 64 Millionen Euro ausgestattet wurde. „Die Menschen in Südsudan werden von dieser Unterstützung profitieren, insbesondere durch 23 Millionen Euro für die Pandemievorbereitung und die Verhinderung übertragbarer Krankheiten“, so Sedat weiter.

Ein Beispiel für die Auswirkungen der deutschen Hilfe ist das Wasserprojekt in Torit, das über 40.000 Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt. „Wir haben im Rahmen dieses Projekts 24 Wasserstationen gebaut und lokale Techniker ausgebildet, um das Wasser zu filtern“, sagte der Botschafter. Solche Projekte zeigen laut Sedat, wie nachhaltige Hilfe den Alltag der Südsudanesen verbessern kann.

Ressourcenmanagement und Transparenz

Ein zentrales Thema des Interviews war die Nutzung der natürlichen Ressourcen Südsudans, insbesondere Öl und Gold. „Südsudan ist reich an natürlichen Ressourcen“, sagte Sedat. Doch die Einnahmen aus diesen Ressourcen seien bislang oft nicht transparent genutzt worden. „Es gibt eine wichtige Diskussion unter südsudanesischen Politikern und Akademikern darüber, wie die Einnahmen aus natürlichen Ressourcen besser verwendet werden können“, fügte er hinzu.

„Es ist von größter Bedeutung, die Transparenz in der Verwaltung dieser Ressourcen zu erhöhen“, erklärte Sedat, wobei er sich auf die Aussagen von Außenministerin Annalena Baerbock stützte. Bei ihrem Besuch in Juba hatte Baerbock die südsudanesische Regierung aufgefordert, die Transparenz bei der Verwendung von Ressourcen zu verbessern und das Friedensabkommen von 2018 zügig umzusetzen.

Christian Sedat zu Friedensabkommen und politische Entwicklung

Botschafter Christian Sedat äußerte sich auch zur aktuellen Situation im Friedensprozess. Die deutsche Botschaft unterstütze weiterhin die Umsetzung des 2018 unterzeichneten Friedensabkommens. „Es bleibt zu beobachten, ob die Übergangsregierung ihre Vorgehensweise ändert und die wichtigsten Punkte des Abkommens umsetzt“, sagte er. Ein besonderer Fokus liege auf der Schaffung eines vereinigten Militärs und der Finanzierung des Verfassungsüberprüfungsprozesses. „Die internationale Gemeinschaft, darunter die Max-Planck-Stiftung, unterstützt diesen Prozess, aber die Regierung muss ihre Verpflichtungen ernst nehmen“, so der Botschafter.

Verlängerung der Übergangsregierung: Enttäuschung und Ausblick

Ein weiterer kritischer Punkt ist die kürzlich erfolgte Verlängerung der Übergangsregierung und die erneute Verschiebung der Wahlen. Sedat zeigte Verständnis für die Enttäuschung der Südsudanesen: „Die Bürger wollen zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit wählen, doch die Wahlen wurden erneut verschoben.“ Die mangelnde Vorbereitung und die unzureichende Umsetzung der Friedensvereinbarungen führten zu dieser Verzögerung.

„Wir als internationale Gemeinschaft warten darauf, Ergebnisse zu sehen und hoffen, dass die Regierung die politischen Willen zeigt, das Abkommen umzusetzen“, sagte Sedat und warnte vor der Gefahr, dass sich der Friedensprozess verzögere, wenn der Umsetzungsstil nicht fundamental geändert werde.

Kulturelle Förderung und Filmprojekte

Neben der Entwicklungszusammenarbeit fördert Deutschland auch kulturelle Projekte in Südsudan. Besonders stolz ist die deutsche Botschaft auf ihre Unterstützung des Juba Film Festivals, das 2024 mit 38 südsudanesischen Filmen aufwartet. „Es geht darum, den südsudanesischen Filmemachern eine Plattform zu geben, ihre Geschichten zu erzählen“, erklärte Sedat. Vier Filme aus dem Festival wurden bereits zum internationalen Zanzibar Film Festival eingeladen, was die Bedeutung dieser kulturellen Initiative unterstreicht.

Schlussfolgerung: Verantwortung der Regierung

Abschließend betonte Sedat die Rolle der südsudanesischen Regierung. „Die Verantwortung für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung liegt bei der Regierung von Südsudan. Wir als Geber können nur ergänzend unterstützen, aber wir erwarten, dass die Regierung ihre Verantwortung übernimmt und die Ressourcen besser nutzt“, erklärte der Botschafter. Diese Botschaft, die auch von Außenministerin Baerbock vermittelt wurde, sei entscheidend für die Zukunft des Landes.

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