Burkinische Diaspora wächst auf über 16 Millionen Menschen weltweit

Mehr als 16 Millionen Menschen burkinischer Herkunft leben inzwischen außerhalb des Burkina Faso. Diese Zahl stellte das Außenministerium des Landes im Rahmen der „Journée presse-diplomatie“ am 12. Dezember 2025 in Ouagadougou vor. Die Diaspora gewinnt damit nicht nur demografisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich weiter an Bedeutung und rückt zunehmend in den Fokus staatlicher Strategien zur nationalen Entwicklung.

Historische Wurzeln der burkinischen Emigration

Die Emigration aus dem heutigen Burkina Faso ist kein Phänomen der Gegenwart. Wie Wendegoudi Jacqueline Ouédraogo, Direktorin für wirtschaftliche Förderung und Diaspora-Investitionen im Außenministerium, darlegte, reichen die Migrationsbewegungen zeitlich weit vor die Kolonialzeit zurück. Bereits damals verließen Bevölkerungsgruppen ihre Herkunftsregionen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen.

Ökonomische, soziale und politische Faktoren prägten diese frühen Wanderungen. Viele Burkinabè suchten fruchtbarere Böden für die Landwirtschaft oder bezahlte Arbeit in benachbarten Regionen. In der Kolonialzeit verstärkten zusätzliche Zwänge wie die Kopfsteuerpflicht diese Mobilität. Migration war in vielen Fällen eine Überlebensstrategie und entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem dauerhaften strukturellen Element der Gesellschaft.

Sicherheitslage als neuer Migrationsfaktor

Neben den klassischen wirtschaftlichen und sozialen Motiven treten in jüngerer Zeit zunehmend sicherheitspolitische Faktoren hinzu. Die anhaltende Instabilität in Teilen des Landes hat neue Migrationsdynamiken ausgelöst und bestehende Netzwerke der Diaspora weiter wachsen lassen. Die burkinische Diaspora ist heute vielfältig, generationenübergreifend und in zahlreichen Aufnahmeländern organisatorisch verankert.

Diese Entwicklung hat dazu beigetragen, dass Migration nicht mehr ausschließlich als individuelle Entscheidung betrachtet wird, sondern als langfristiger Bestandteil nationaler und regionaler Realität.

Eine weit gefasste Definition der Diaspora

Zentraler Bestandteil der Präsentation von Ouédraogo war die Definition der burkinischen Diaspora. Grundlage bildet die nationale Diasporastrategie des Burkina Faso. Danach umfasst die Diaspora nicht nur Staatsangehörige, die außerhalb des Landes leben, sondern auch Personen burkinischer Herkunft im weiteren Sinne.

Als Teil der Diaspora gelten demnach auch Menschen, deren Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern aus Burkina Faso stammen. Der formale Besitz eines burkinischen Ausweisdokuments ist dafür nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist die historische Herkunft und die Identifikation mit dem Land.

Ouédraogo formulierte dies mit den Worten, dass selbst Nachfahren von Ausgewanderten, deren Migration mehrere Jahrzehnte zurückliege, weiterhin als Teil der burkinischen Diaspora betrachtet würden.

Identität und emotionale Bindung als Schlüssel

Ein besonderes Augenmerk legte die Direktorin auf den emotionalen und identitären Bezug zum Herkunftsland. Zugehörigkeit zur Diaspora definiere sich nicht allein über juristische Kriterien, sondern über die bewusste Verbundenheit mit Burkina Faso.

Auch Personen ohne formalen Nachweis der Staatsangehörigkeit könnten zur Diaspora gezählt werden, sofern sie diese Zugehörigkeit für sich beanspruchen und aktiv pflegen. Diese Sichtweise trägt der historischen Realität von Migration Rechnung und erweitert den Handlungsspielraum staatlicher Diasporapolitik.

Rasantes demografisches Wachstum

Die vorgelegten Zahlen verdeutlichen die Dynamik der Entwicklung. Im Jahr 2014 wurde die Zahl der Burkinabè im Ausland auf rund 10 Millionen geschätzt. 2021 lag sie bereits bei etwa 14 Millionen. Aktuell beläuft sich die Zahl auf mehr als 16 Millionen Menschen burkinischer Herkunft weltweit.

Damit übersteigt die Diaspora zahlenmäßig inzwischen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, die innerhalb des Landes lebt. Diese demografische Dimension unterstreicht das strategische Gewicht der Diaspora für Wirtschaft, Politik und gesellschaftliche Entwicklung.

Schwerpunkt Afrika: Regionale Migration dominiert

Geografisch ist die burkinische Diaspora weltweit präsent, mit einer klaren Konzentration auf den afrikanischen Kontinent. Mehr als 75 Prozent der im Ausland lebenden Burkinabè halten sich in afrikanischen Staaten auf, insbesondere im Raum der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Die Côte d’Ivoire ist dabei das wichtigste Zielland, gefolgt von Ghana und Mali. Auch Länder wie der Sudan spielen eine Rolle. Historische Arbeitsmigration, kulturelle Nähe und vergleichsweise niedrige Mobilitätshürden erklären diese regionale Konzentration.

Europa als zweiter Schwerpunkt

Europa stellt den zweitwichtigsten geografischen Raum der burkinischen Diaspora dar. Frankreich nimmt aufgrund kolonialgeschichtlicher Verbindungen eine zentrale Stellung ein. Weitere bedeutende Aufnahmeländer sind Belgien, Deutschland und Italien.

In Europa sind viele burkinische Migrantinnen und Migranten in Vereinen und Netzwerken organisiert. Diese Strukturen erleichtern nicht nur die soziale Integration, sondern auch den Wissenstransfer und die Mobilisierung von Kompetenzen zugunsten des Herkunftslandes.

Nordamerika und Asien mit speziellem Potenzial

In den Amerikas, vor allem in den Vereinigten Staaten und Kanada, lebt eine vergleichsweise kleinere, häufig jedoch hochqualifizierte burkinische Gemeinschaft. Diese Gruppe verfügt über ein besonderes Potenzial für Investitionen, Know-how-Transfer und institutionelle Kooperationen.

Asien spielt bislang eine untergeordnete Rolle als Zielland. Dennoch wurden in der Präsentation auch dort bestehende, bislang wenig genutzte wirtschaftliche und technologische Möglichkeiten angesprochen.

Grundlage für staatliche Diasporapolitik

Die Analyse der historischen, demografischen und geografischen Entwicklung der burkinischen Diaspora bildet eine zentrale Grundlage für staatliche Strategien. Ziel ist es, die Diaspora stärker in nationale Entwicklungsprozesse einzubinden und ihre ökonomischen, sozialen und kulturellen Ressourcen systematisch zu nutzen.

Wie das Außenministerium im Rahmen der Veranstaltung erläuterte, soll ein vertieftes Verständnis der Migrationsdynamiken dazu beitragen, kohärente und realitätsnahe Politiken gegenüber den Burkinabè im Ausland zu entwickeln.

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