Interpol-Generalversammlung: BKA-Chef Münch in Marokko

In Marrakesch hat die 93. Generalversammlung von Interpol begonnen. Delegationen aus 196 Mitgliedstaaten, darunter 82 Polizeichefs, beraten bis zum 27. November über Entwicklungen der internationalen Kriminalitätsbekämpfung. Zu den Teilnehmern zählen hochrangige Vertreter aus Justiz und Innerer Sicherheit wie der BKA-Chef Holger Münch sowie der Generalsekretär von Interpol, Jürgen Stock.

Marokkos Rolle bei der Ausrichtung des Gipfels

Die Eröffnung wurde durch Reden des Direktors der marokkanischen Sicherheitsbehörden, Abdellatif Hammouchi, und des Interpol-Präsidenten Ahmed Naser Al-Raisi geprägt. Die Versammlung gilt als das wichtigste Entscheidungsgremium der Organisation. Der erneute Zuschlag an Marrakesch – nach 2007 – wird als Ausdruck des internationalen Vertrauens in die marokkanischen Sicherheitsinstitutionen gewertet.

Al-Raisi bezeichnete das Königreich als einen Staat, der aufgrund seiner geostrategischen Lage zwischen Afrika, dem arabischen Raum und Europa eine besondere Bedeutung für die internationale Polizeikooperation habe. Das Land verfüge über stabile Sicherheitsstrukturen und langjährige Erfahrung in der Bekämpfung transnationaler Kriminalität.

Themen und Schwerpunkte der Interpol-Generalversammlung

Die Tagesordnung deckt ein breites Spektrum globaler Sicherheitsrisiken ab. Dazu gehören die Bekämpfung organisierter Kriminalität, die Zerschlagung internationaler Betrugszentren, der Ausbau digitaler Ermittlungsfähigkeiten und die Stärkung der Rolle von Frauen in Polizeiorganisationen. Darüber hinaus beraten die Delegierten über die Weiterentwicklung des Projekts „Silver Notice“ sowie über die Förderung der Ratifizierung des VN-Übereinkommens zur Cyberkriminalität. Im Verlauf der Sitzung wird zudem eine neue Exekutivkommission gewählt.

Marokkos sicherheitspolitische Strategie im internationalen Kontext

Hammouchi stellte bei der Eröffnung die Grundzüge der marokkanischen Sicherheitsstrategie vor. Diese verbinde Gefahrenabwehr, Strafverfolgung und die Achtung der Menschenrechte. Er betonte die Notwendigkeit, angesichts digital vernetzter krimineller Strukturen gemeinsame Sicherheitsmechanismen zu entwickeln.

Laut Hammouchi setzt das Königreich darauf, nationale Fähigkeiten zu modernisieren und gleichzeitig über Interpol eng mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten. Die marokkanischen Dienste verfolgen einen integrativen Ansatz, in dem operative Polizeiarbeit und sicherheitspolitische Kommunikation zusammengedacht werden.

Bedeutung für Afrika und regionale Kooperation

Al-Raisi betonte, dass Marokko als Vizepräsident für Afrika eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung regionaler Sicherheitsarchitektur spiele. Das Land beteilige sich regelmäßig an multilateralen Operationen und bringe Fachwissen in digitale Ermittlungen, Grenzsicherung und die Bekämpfung von Terrorismusnetzwerken ein. Die marokkanische Beteiligung an Operationen wie „Neptune“ zeigt, dass das Land in globale Ermittlungsprozesse eingebunden ist.

Nach Abschluss der Generalversammlung soll in Ifrane ein internationales Ausbildungszentrum eröffnet werden. Der Standort wird als globaler Trainingshub für Cybersicherheit, digitale Ermittlungen und multilaterale Polizeikooperation aufgebaut. Ziel ist es, Fachkräfte aus allen Interpol-Mitgliedsländern auszubilden und gemeinsame Standards zu entwickeln.

Der Vizepräsident für Afrika, Mohammed Dkhissi, hob hervor, dass marokkanische Fachkräfte in internationalen Missionen zunehmend führende Rollen übernehmen. Schwerpunkte sind digitale Forensik, cyberpolizeiliche Operationen und der Austausch sicherheitsrelevanter Daten.

Deutsch-marokkanische Zusammenarbeit: Vertiefte sicherheitspolitische Partnerschaft

Am Rande der Generalversammlung betonte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, die „sehr gute“ Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Marokko. Beide Länder kooperieren seit Jahren in zentralen sicherheitspolitischen Bereichen, insbesondere in der Terrorismusbekämpfung, der Bekämpfung irregulärer Migration, im Informationsaustausch und bei operativen Ermittlungen gegen transnationale Netzwerke.

Die marokkanischen Sicherheitsdienste gelten in deutschen Behörden als leistungsstarker Partner, vor allem aufgrund ihrer technischen Fähigkeiten, ihrer verlässlichen Analysekapazitäten und ihrer schnellen operativen Reaktionsfähigkeit. Münch hob hervor, dass Deutschland „auf diese Zusammenarbeit angewiesen“ sei und diese in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut wurde.

Regelmäßige Expertentreffen, gemeinsame Schulungsprogramme, Austauschformate zu Cybercrime und organisierter Kriminalität sowie operative Unterstützungsersuchen gehören zum festen Instrumentarium der Kooperation. Dabei spielt Marokko eine zentrale Rolle bei Ermittlungen mit Bezug zur westlichen Mittelmeerregion, etwa bei Fällen von Schleusungskriminalität, Dokumentenfälschung, Drogenhandel oder grenzüberschreitender Finanzkriminalität.

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