Russland im Kontakt mit neuem Präsidenten Madagaskars Michael Randrianirina

Drei Tage nach der Machtübernahme durch die Streitkräfte ist der 51-jährige Colonel Michael Randrianirina in Antananarivo offiziell als Präsident eingesetzt worden. Bei einer Zeremonie vor der Haute Cour Constitutionnelle legte er den Amtseid ab und kündigte eine „radikale Veränderung der Regierungsführung“ an. Die Vereidigung markiert den formalen Übergang der Staatsführung nach der Entmachtung des bisherigen Präsidenten Andry Rajoelina, der kurz nach Beginn der militärischen Intervention das Land verlassen hatte.

Machtübernahme durch das Militär

Der Machtwechsel erfolgte, nachdem eine vom Parlament eingebrachte und verabschiedete Misstrauensabstimmung gegen Rajoelina die politische Lage eskalieren ließ. Ein Eliteverband der Armee, bekannt als CAPSAT und unter dem Kommando Randrianirinas stehend, sicherte die Kontrolle über zentrale Institutionen und gab die Bildung einer Übergangsführung bekannt. Laut den Streitkräften sei die Intervention eine Reaktion auf den „Druck der Straße“ gewesen. In den Wochen zuvor hatten vor allem junge Demonstrierende den Rücktritt der Regierung gefordert und Zugang zu Grundversorgungsleistungen wie Wasser und Strom verlangt.

Michael Randrianirina mit Programmansagen

Während seiner Ansprache vor der Verfassungsgerichtsbarkeit betonte Randrianirina die Absicht, „mit dem alten System zu brechen“. Er sprach von einer „Refondation de la République“ und erklärte, die neue Führung wolle die Grundlagen für ein erneuertes institutionelles Gefüge legen. Seine Rede griff zentrale Forderungen der Demonstrierenden auf und bezog sich ausdrücklich auf soziale Ungleichheit, Korruption und das Fehlen staatlicher Grundversorgung.

Randrianirina bezeichnete die vorherige Führung als „autoritäres Regime“, das die Bevölkerung „in die Dunkelheit geführt“ habe. Er sprach von „Pillage“ öffentlicher Ressourcen und kritisierte den Umgang mit den Protesten, bei denen zahlreiche junge Menschen festgenommen worden seien. Nach seinen Worten habe das Militär „die Verantwortung übernommen“, um die öffentliche Ordnung neu zu strukturieren.

Strukturelle Schwerpunkte der neuen Führung

Randrianirina kündigte Prioritäten in den Bereichen Energie, Gesundheit und Bildung an. Zudem stellte er die Einberufung eines nationalen Forums in Aussicht, das neue verfassungsrechtliche Grundlagen und Wahltexte vorbereiten solle. Auch die Finanzpolitik wurde angesprochen: Der neue Präsident forderte eine Ausgabenkontrolle und kündigte an, „verschwenderische Staatsausgaben“ zu untersagen. Er sprach von „Null Toleranz“ gegenüber Korruption und definierte „gute Regierungsführung“ und „Rechenschaftspflicht“ als Leitbegriffe seiner Amtsführung.

Die neue Führung positioniert sich dabei ausdrücklich als „Refondation“, also als umfassende Neuordnung des Staates. Sie spricht sich für eine stärkere Einbindung gesellschaftlicher Akteure aus und betont nationale Einigkeit als zentrales Element der Übergangsphase.

Aussetzung Madagaskars durch die Afrikanische Union

Unmittelbar nach dem Machtwechsel hat die Afrikanische Union (AU) Madagaskar „mit sofortiger Wirkung“ von allen Gremien suspendiert. Laut einem offiziellen Kommuniqué erfolgte die Entscheidung aufgrund der „verfassungswidrigen Machtübernahme“ durch die Streitkräfte. Die AU betonte, dass nur eine zivile und verfassungsmäßig legitimierte Regierung zur Teilnahme an kontinentalen Entscheidungsprozessen berechtigt sei.

Die Afrikanische Union berief sich dabei auf die Beschlüsse ihres Friedens- und Sicherheitsrats. Auf dessen Grundlage soll eine hochrangige Delegation nach Antananarivo entsandt werden, um Gespräche mit politischen Akteuren, zivilgesellschaftlichen Gruppen und der Übergangsführung zu führen. Ziel sei es, einen politischen Prozess einzuleiten, der zu einer Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung führen könne.

Diplomatische Initiative der Afrikanischen Union

Die AU kündigte die Entsendung des sogenannten Panel of the Wise sowie eines Sondergesandten an, um einen innerstaatlichen Dialogprozess zu fördern. Der Vorsitzende der Kommission, Mahmoud Ali Youssouf, erklärte, es gehe um die Wiederherstellung institutioneller Stabilität und nationaler Kohäsion. Die AU betonte die Bedeutung einer „zivilgesellschaftlich getragenen Übergangsphase“, die nicht ausschließlich durch militärische Strukturen geprägt sein dürfe.

Die diplomatische Mission der AU soll in enger Abstimmung mit der Southern African Development Community (SADC) erfolgen, um regionale Koordination sicherzustellen. Beide Organisationen sehen sich in der Rolle, politische Gesprächskanäle offenzuhalten und einen Rahmen für Verhandlungen zu schaffen.

Reaktion der Vereinten Nationen

Auch die Vereinten Nationen reagierten auf die Ereignisse. Laut einem Statement von UN-Sprecher Stéphane Dujarric verurteile der Generalsekretär den „verfassungswidrigen Regierungswechsel“ und rufe zur Rückkehr zu rechtstaatlichen Verfahren auf. Die Vereinten Nationen erklärten ihre Bereitschaft, im Zusammenspiel mit AU und SADC nationale Bemühungen zu begleiten.

In dem Statement wird zudem auf die wiederkehrenden politischen Krisen Madagaskars verwiesen, die seit zwei Jahrzehnten zu institutionellen Instabilitäten geführt hätten. Die UN mahnten die Konfliktparteien, insbesondere auch die Jugendbewegungen, zu einem „gemeinsamen Engagement zur Bearbeitung struktureller Ursachen der Krise“.

Internationale Einbindung als strategische Variable

Die neue Führung unter Randrianirina signalisierte bereits, mit internationalen Partnern kooperieren zu wollen. In seiner Rede bat der neue Staatschef ausdrücklich um „Unterstützung im Rahmen eines gleichberechtigten Dialogs“. Er sprach von einem „Partnerschaftsangebot“ an Akteure aus dem Ausland, das jedoch an die Bedingung einer souveränen Entwicklungsausrichtung geknüpft sei.

Russland hat die Kontaktanbahnung abgeschlossen

Der erste offizielle Kontakt Randrianirinas mit russischen Vertretern fand am 16. Oktober 2025 statt, einen Tag vor seiner Vereidigung. Präsident Wladimir Putin schickte einen Sondervertreter der Russischen Föderation sowie den russischen Botschafter nach Madagaskar, um mit den neuen militärischen Führern zu sprechen. Das Treffen konzentrierte sich auf “ernsthafte” Kooperationen in Bereichen wie Energie, Sicherheit, Bildung und Transport. Berichten zufolge verliefen die Gespräche erfolgreich, und mehrere strategische Abkommen sind in Vorbereitung. Dies markiert einen schnellen Annäherungsversuch Russlands an die neue Führung, was auf wachsende Einflussnahme in Afrika hindeutet – ähnlich wie in anderen Ländern wie Mali oder dem Senegal.

Während die Anerkennung der neuen Machtverhältnisse international noch offen ist, nutzen AU und UN diplomatische Mittel, um politischen Druck aufzubauen, zugleich aber Gesprächskanäle offenzuhalten. Die Aussetzung aus den AU-Gremien dient als politisches Signal, bleibt aber mit Angeboten zu Vermittlungsgesprächen verbunden.

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