Algeriens Ex-Geheimdienstchef Abdelkader Haddad flieht nach Spanien

In Algerien sorgt der Fall des ehemaligen Chefs des Inlandsgeheimdienstes, Abdelkader Haddad – besser bekannt unter seinem Decknamen Nacer El Djinn – für Aufsehen. Nach offiziellen Angaben war der hochrangige Funktionär seit dem 19. September 2025 verschwunden. Nun berichten spanische Medien, er habe die Überfahrt über das Mittelmeer in einem Boot von Migranten gewagt und sei in der Hafenstadt Alicante angekommen. Die spanische El Confidencial bestätigte, dass Haddad sich unter den Passagieren einer improvisierten Überfahrt befand.

Flucht über das Mittelmeer – mit dem Boot

Haddad galt lange Zeit als Schlüsselfigur innerhalb des algerischen Sicherheitsapparates. Bis Mai 2025 leitete er den Inlandsgeheimdienst, der in Algerien maßgeblich für die politische Überwachung zuständig war. Dass er wenige Monate nach seiner Entlassung das Land unter denselben Bedingungen verlassen musste, wie viele junge Algerier auf der Suche nach Perspektiven, gilt als außergewöhnlicher Vorgang. Laut El Confidencial traf er in Spanien unter dem Status eines „Harrag“ ein, der ein Begriff in der Region für irreguläre Migranten verwendet wird.

Die Umstände seiner Flucht werfen ein Schlaglicht auf die Schwächen des algerischen Sicherheitsapparates. In den Tagen nach seinem Verschwinden hatte die Regierung landesweite Fahndungsmaßnahmen eingeleitet, darunter Straßensperren, Hubschraubereinsätze und umfangreiche Personenkontrollen. Trotz dieser Maßnahmen gelang es Haddad, die Grenze unbemerkt zu überschreiten und nach Europa zu gelangen.

Machtkämpfe im algerischen System

Die Flucht des ehemaligen Geheimdienstchefs ist nicht nur ein persönlicher Vorgang, sondern auch Ausdruck einer politischen Krise. Beobachter weisen auf tiefe Spaltungen innerhalb der algerischen Machtstrukturen hin. Rivalitäten zwischen Militärs, politischen Fraktionen und Sicherheitsbehörden haben in den vergangenen Jahren mehrfach zu internen Säuberungen geführt. Haddad war Teil dieses Systems und verfügte über detaillierte Kenntnisse sensibler Vorgänge, insbesondere im Bereich der Korruptionsbekämpfung sowie der geheimdienstlichen Operationen.

Die Tatsache, dass er nun in Spanien Zuflucht sucht, könnte für die algerische Führung schwerwiegende Folgen haben. Nach Einschätzung von El Confidencial besitzt Haddad umfangreiche Informationen über die finanziellen Netzwerke und mutmaßliche Korruptionsfälle innerhalb der algerischen Elite. Dieses Wissen könnte im Ausland politischen Druck erzeugen und die Regierung in Algier zusätzlich belasten.

Abdelkader Haddad Flucht ein Symbol für den Zustand Algeriens

Der Fall wird in Algerien als Sinnbild eines tiefergehenden Zerfalls gedeutet. Während die politische Führung den Anspruch erhebt, Stabilität zu sichern, wird durch die Flucht eines ehemaligen Spitzenbeamten das Bild eines Staates vermittelt, der selbst in den höchsten Rängen keine Sicherheit gewährleisten kann. Besonders brisant ist die Tatsache, dass Haddad jahrelang für die Bekämpfung politischer Gegner verantwortlich war. Dass er selbst als Flüchtiger in einem Migrantenboot endete, wird als Spiegelbild der Widersprüche im algerischen Machtapparat gesehen.

Die Ankunft Haddads in Spanien eröffnet zudem eine internationale Dimension. Sollte er dort Schutz erhalten, könnten interne Geheimnisse Algeriens in europäische Medien oder Institutionen gelangen. Für Algier bedeutet dies ein potenzielles Risiko diplomatischer Spannungen, da bislang enge Partnerstaaten wie Spanien oder Frankreich sensibel auf Informationen reagieren, die sicherheitsrelevante Aspekte Nordafrikas betreffen.

Für viele Medien ist der Fall damit mehr als ein persönliches Schicksal: Er zeigt, wie sehr Korruption, interne Machtkämpfe und der Verlust an Kontrolle selbst höchste Ebenen des Staates erfassen. Die Flucht eines Mannes, der über Jahre an der Spitze des Geheimdienstes stand, symbolisiert einen Wendepunkt in der Wahrnehmung der algerischen Staatsführung – im In- wie im Ausland.

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