Eritrea hat seinen Austritt aus der Intergovernmental Authority on Development (IGAD) erklärt und damit die Zusammenarbeit mit einer der zentralen Regionalorganisationen am Horn von Afrika beendet. Das Außenministerium in Asmara begründete die Entscheidung mit einer grundlegenden Kritik an der Arbeitsweise, dem Mandat und der politischen Rolle der IGAD. Die Organisation bestätigte den Eingang der formellen Austrittsmitteilung und äußerte ihr Bedauern über den Schritt Eritreas.
Formelle Austrittserklärung an das IGAD-Sekretariat
Am 12. Dezember 2025 informierte Eritrea den Generalsekretär der IGAD offiziell über den Rückzug aus der Organisation. In einer Pressemitteilung des eritreischen Außenministeriums heißt es, die Entscheidung sei das Ergebnis einer längeren Entwicklung und beruhe auf „prägnanten Fakten und Ereignissen“, die aus Sicht Asmaras die Legitimität und den Nutzen der IGAD infrage stellten.
Press Release: #Eritrea has withdrawn its Membership from IGAD; Ministry of Foreign Affairs; Asmara, 12 December 2025
— Yemane G. Meskel 🇪🇷 (@hawelti) December 12, 2025
"Eritrea finds itself compelled to withdraw its membership from an organization that has forfeited its legal mandate and authority; offering no discernible…
Die Erklärung macht deutlich, dass der Austritt nicht als kurzfristige Reaktion zu verstehen ist, sondern als Konsequenz einer grundsätzlichen Neubewertung der Rolle der Regionalorganisation. Eritrea sehe sich gezwungen, die Mitgliedschaft zu beenden, da IGAD „ihr rechtliches Mandat und ihre Autorität verwirkt“ habe und keinen erkennbaren strategischen Mehrwert mehr für ihre Mitgliedstaaten biete.
Rückblick auf Eritreas Rolle bei der Neuausrichtung der IGAD
In der Stellungnahme erinnert Eritrea an seine eigene Rolle bei der Entwicklung der Organisation. Nach Angaben des Außenministeriums habe Eritrea 1993 eine zentrale Rolle bei der Wiederbelebung der IGAD gespielt. Ziel sei es damals gewesen, die Organisation zu einem wirksamen Instrument für regionale Friedenssicherung und Stabilität zu machen und damit die Grundlage für eine tragfähige wirtschaftliche Integration zu schaffen.
Eritrea habe in den Folgejahren gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten an der institutionellen Stärkung der IGAD gearbeitet. Diese Bemühungen hätten jedoch nicht zu den erhofften Ergebnissen geführt. Insbesondere seit 2005 habe sich die Organisation aus eritreischer Sicht zunehmend von ihren ursprünglichen Zielen entfernt.
Vorwurf politischer Instrumentalisierung seit 2005

Das Außenministerium in Asmara wirft der IGAD vor, seit etwa zwei Jahrzehnten nicht nur die Erwartungen der Bevölkerung in der Region verfehlt zu haben, sondern eine „schädliche Rolle“ einzunehmen. In der Erklärung heißt es, die Organisation sei zu einem Instrument gegen gezielt ausgewählte Mitgliedstaaten geworden, „insbesondere gegen Eritrea“.
Diese Entwicklung habe bereits 2007 zu Konsequenzen geführt. Damals setzte Eritrea seine Mitgliedschaft in der IGAD aus. Der Schritt sei eine Reaktion auf aus eritreischer Sicht ungerechtfertigte Maßnahmen und politische Positionierungen der Organisation gewesen.
Wiederbeitritt 2023 und erneute Enttäuschung
Im Juni 2023 kehrte Eritrea offiziell in die IGAD zurück. Nach Darstellung des Außenministeriums geschah dies in der Hoffnung, dass die Organisation auf Forderungen nach Reformen eingehen und frühere Fehlentwicklungen korrigieren würde. Eritrea habe erwartet, dass die IGAD ihre eigenen Satzungen und Verpflichtungen ernsthaft umsetze.
Diese Erwartungen seien jedoch nicht erfüllt worden. Stattdessen habe die Organisation weiterhin gegen ihre eigenen statutarischen Verpflichtungen verstoßen und damit ihre Relevanz und ihr rechtliches Mandat weiter untergraben. Vor diesem Hintergrund habe Eritrea keine andere Möglichkeit gesehen, als die Mitgliedschaft endgültig zu beenden.
IGAD reagiert mit Bedauern auf den Austritt
Die IGAD bestätigte am selben Tag den Eingang der Austrittserklärung. In einer Stellungnahme aus dem Hauptsitz in Dschibuti erklärte die Organisation, sie habe die Entscheidung der Regierung Eritreas zur Kenntnis genommen. Die Mitteilung sei dem Sekretariat in Form einer formellen Note Verbale übermittelt worden.
IGAD Regrets Eritrea’s Decision to Withdraw from the Organisation
— IGAD Secretariat (@IGADsecretariat) December 12, 2025
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IGAD erinnerte daran, dass Eritrea nach einer fast zwanzigjährigen Selbstsuspendierung im Juni 2023 wieder in die Organisation aufgenommen worden sei. Beim 14. Ordentlichen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs sei Eritrea „einstimmig und herzlich“ willkommen geheißen worden. Dies habe den gemeinsamen Willen zu regionaler Solidarität, Inklusivität und erneuerter Zusammenarbeit widergespiegelt.
Fehlende Beteiligung Eritreas seit dem Wiederbeitritt
Zugleich stellte die IGAD fest, dass Eritrea seit dem formellen Wiederbeitritt im Jahr 2023 nicht an Sitzungen, Programmen oder Aktivitäten der Organisation teilgenommen habe. Das Sekretariat habe in dieser Zeit Geduld und Entgegenkommen gezeigt und sei stets offen für konstruktiven Dialog gewesen.
In der Erklärung äußerte die IGAD ihr Bedauern darüber, dass der Austritt ohne die Vorlage konkreter Reformvorschläge oder eine inhaltliche Auseinandersetzung über institutionelle oder politische Veränderungen erfolgt sei. Die Organisation betonte, dass ihre etablierten Konsultationsmechanismen jederzeit für einen solchen Austausch zur Verfügung gestanden hätten.
Appell zur Neubewertung der Entscheidung
Trotz des formellen Austritts erklärte die IGAD, sie wolle den Kontakt zu Eritrea aufrechterhalten. Das Sekretariat kündigte an, den Dialog mit der Regierung in Asmara fortzusetzen und Eritrea zu ermutigen, seine Entscheidung zu überdenken.
Ziel bleibe es, Eritrea zu einer Rückkehr in die Organisation zu bewegen, um gemeinsame Ziele in den Bereichen Frieden, Stabilität und Entwicklung am Horn von Afrika weiterzuverfolgen. Die IGAD bekräftigte zugleich ihr eigenes Selbstverständnis als Plattform für regionale Kooperation, Dialog und kollektives Handeln im Interesse der Bevölkerung der Region.