Burkina Faso, Mali und Niger haben ihren sofortigen Austritt aus dem Römischen Statut und damit aus der Mitgliedschaft beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) erklärt. Die drei Länder der Allianz der Sahelstaaten (AES) begründen den Schritt mit dem Vorwurf, die Institution sei zu einem „Instrument neokolonialer Repression“ geworden und vertrete eine „selektive Gerechtigkeit“.
Gemeinsame Entscheidung der AES-Staaten
Die Ankündigung erfolgte am Montag zeitgleich in Bamako, Niamey und Ouagadougou. In einem gemeinsamen Kommuniqué bezeichneten die Regierungen den Austritt als „souveräne Entscheidung“. Nach Angaben der Agence Nigérienne de Presse erklärte der burkinische Regierungssprecher Gilbert Pingdwendé Ouédraogo in einer Fernsehansprache, die drei Staaten würden künftig auf „endogene Mechanismen“ zur Sicherung von Frieden, Gerechtigkeit und Menschenrechten setzen.
Je n’aurai jamais assez de reconnaissance envers les États qui concrétisent nos aspirations! Bravo et merci au Burkina Faso, au Mali et au Niger qui se retirent du Statut de Rome et refusent de continuer à prendre part à la farce appelée CPI. pic.twitter.com/sKI2wH6WwQ
— Nathalie Yamb (@Nath_Yamb) September 23, 2025
Kritik am Internationalen Strafgerichtshof
Die Regierungen von Burkina Faso, Mali und Niger werfen dem Gericht vor, zentrale Aufgaben nicht erfüllt zu haben. Es sei nicht in der Lage gewesen, schwere Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord konsequent zu verfolgen. Stattdessen habe sich die Institution „gegen Akteure gewandt, die nicht zum privilegierten Kreis internationaler Straflosigkeit gehören“, wie es im malischen Kommuniqué heißt. Präsident Assimi Goïta, Vorsitzender der malischen Übergangsregierung und amtierender Präsident der AES, kündigte den Austritt in Bamako offiziell an.
Burkina Faso, Niger, and Mali have exited the ICC with immediate effect, after unveiling the framework for a Sahelian Criminal Court.
— David Hundeyin (@DavidHundeyin) September 22, 2025
A historic decision that establishes once and for all that African sovereignty is the core of what the AES stands for.pic.twitter.com/PuZjQIxZAQ
Kontext und geplante Alternativen
Die Entscheidung folgt einer längeren Entwicklung innerhalb der AES. Bereits im März 2025 hatten Justizminister der drei Staaten über die Einrichtung einer eigenen Gerichtsbarkeit beraten. Zwischen dem 15. und 17. September schlugen sie in Niamey die Schaffung einer „Sahélischen Straf- und Menschenrechtskammer“ vor. Diese soll künftig für internationale Verbrechen, Terrorismus und organisierte Kriminalität zuständig sein. Damit bekräftigen die Staaten ihre Absicht, regionale Mechanismen der Rechtsprechung aufzubauen.
Die Austrittserklärung betont den Anspruch auf staatliche Souveränität. Die drei Regierungen unterstreichen zugleich ihre Bereitschaft, mit den Vereinten Nationen und deren Mitgliedsstaaten weiterhin in anderen Formaten zusammenzuarbeiten. In ihren Stellungnahmen danken sie der UNO für bisherige Unterstützung, machen aber klar, dass neue Strukturen stärker an „gesellschaftlichen Werten“ der Region ausgerichtet werden sollen.
Einordnung im diplomatischen Kurs der AES
Der Rückzug vom IStGH reiht sich in eine Serie von Austritten ein. In den vergangenen Jahren hatten Burkina Faso, Mali und Niger bereits ihre Mitgliedschaft in der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, im G5-Sahel-Bündnis sowie in der Organisation Internationale de la Francophonie beendet. Mit dem Schritt markieren die drei Regierungen eine weitere Etappe ihres institutionellen und außenpolitischen Neupositionierungsprozesses.