Scheitert das Entschädigungsabkommen für den Völkermord?

Die langwierigen Verhandlungen über Entschädigungen für den Völkermord an den Herero und Nama (1904–1908) befinden sich in der entscheidenden Abschlussphase. Charles Eiseb, der Verhandlungsführer der namibischen Regierung, bestätigte, dass eine Einigung erzielt wurde und das Abkommen in den kommenden Wochen unterzeichnet werden soll.

Die langwierigen Verhandlungen über Entschädigungen für den Völkermord an den Herero und Nama (1904–1908) befinden sich in der entscheidenden Abschlussphase. Charles Eiseb, der Verhandlungsführer der namibischen Regierung, bestätigte, dass eine Einigung erzielt wurde und das Abkommen in den kommenden Wochen unterzeichnet werden soll.

„Die gemeinsame Erklärung, das Finanzierungsabkommen, das Versöhnungsabkommen und ein weiteres Dokument sind unterschriftsbereit. Beide Regierungen müssen nur noch entscheiden, wann und wie der Unterzeichnungsprozess ablaufen wird“, erklärte Eiseb gestern.

Nach der Ablehnung eines ursprünglichen Angebots über N$18 Milliarden durch die betroffenen Herero- und Nama-Gemeinschaften im Jahr 2022 hatte Namibia zusätzliche Verhandlungen mit Deutschland aufgenommen. „Wir haben bei allen Dokumenten einen Konsens erzielt“, betonte Eiseb.

Sorge um die politische Situation in Deutschland

Die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland könnten jedoch die Verhandlungen gefährden. Der Zusammenbruch der deutschen Regierungskoalition und ein bevorstehender Misstrauensantrag im Dezember könnten zur Auflösung des Bundestages führen.

„Unweigerlich wird der Zusammenbruch der Koalition negative Auswirkungen auf den Prozess haben, wenn es nicht rechtzeitig gelingt, die Verhandlungen abzuschließen“, so Eiseb. Er fügte hinzu, dass ein neuer Regierungswechsel die Dynamik der Gespräche erheblich beeinträchtigen könnte.

Laut dem Historiker Jürgen Zimmerer, Experte für den Herero-Nama-Genozid, sind vor der geplanten Neuwahl in Deutschland am 23. Februar 2025 keine bedeutenden Fortschritte zu erwarten. Er rechnet mit einem Wahlsieg der konservativen Opposition, was die Wiederaufnahme der Verhandlungen erschweren könnte.

Ungewissheit über die Zukunft der Verhandlungen zum Völkermord

Auch die Politikwissenschaftlerin Erica Thomas warnte vor möglichen Risiken durch einen Führungswechsel in Deutschland. Ein neues Kabinett könnte versuchen, die Bedingungen des Abkommens neu zu verhandeln oder weniger vorteilhafte Alternativen vorzuschlagen.

„Die gescheiterten Koalitionen in Deutschland könnten Namibia dazu zwingen, internationale Vermittlungen oder öffentliche Kampagnen für Gerechtigkeit verstärkt einzusetzen“, sagte Thomas. Gleichzeitig eröffne die Situation Namibia die Möglichkeit, direktere Entschädigungen und eine umfassendere Anerkennung der historischen Verantwortung Deutschlands zu fordern.

Im Gegensatz dazu hält der Analyst Marius Kudomo die Auswirkungen der politischen Krise in Deutschland auf die Verhandlungen für begrenzt. „Deutschland führt diese Verhandlungen nicht aus Wohltätigkeit, sondern aus strategischem Interesse“, sagte er. Der Abschluss der Verhandlungen würde Deutschlands Ansehen als verantwortungsbewusster und einflussreicher Akteur in den internationalen Beziehungen stärken.

Ein Abschluss unter Zeitdruck

Die namibische Verhandlungsdelegation hofft, den Prozess noch vor dem möglichen Regierungswechsel in Deutschland abzuschließen. Derzeit sieht der Entwurf des Abkommens Reparationszahlungen von über 1,1 Milliarden Euro vor, die bei Bedarf durch weitere Mittel aufgestockt werden können. Das Abkommen wird als wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands und zur Förderung der Versöhnung zwischen den beiden Ländern angesehen.

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