Bei der Eröffnung der Ausstellung „Geschichte(n) Tansanias“ im Humboldt Forum in Berlin wurde ein eindringlicher Appell an afrikanische Länder gerichtet, ihre eigenen Geschichten zu erzählen und historische Wahrheiten aus der Kolonialzeit aufzuarbeiten. Die deutsche Staatsministerin für Medien und Kultur, Claudia Roth, betonte die Bedeutung dieser Aufgabe, um kulturelle Identität und kollektives Gedächtnis zu bewahren.
Aufarbeitung kolonialer Narrative
Claudia Roth kritisierte, dass viele der während der Kolonialzeit entstandenen Narrative bis heute die Wahrnehmung afrikanischer Geschichte prägen und deren Wunden vertiefen. „Viele Helden der Vergangenheit, die unter kolonialer Herrschaft litten, bleiben bis heute ungehört. Ihre Geschichten werden weiterhin unterdrückt,“ erklärte sie.
Die Ministerin betonte, dass das Erzählen der eigenen Geschichte wesentlich für die kulturelle Identität sei. „Ohne die Möglichkeit, die eigene Geschichte zu erzählen, verliert eine Gemeinschaft ihre Stimme und damit einen Teil ihrer Existenz,“ sagte Roth.
Partnerschaft zwischen Deutschland und Tansania
Tansanias Ministerin für natürliche Ressourcen und Tourismus, Botschafterin Pindi Chana, würdigte die Ausstellung als einen wichtigen Schritt zur Beleuchtung bislang unbekannter Geschichten ihres Landes. Sie hob hervor, dass die Kooperation zwischen tansanischen und deutschen Experten das Ergebnis der starken Beziehungen zwischen Präsidentin Dr. Samia Suluhu Hassan und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sei.
„Diese Ausstellung sollte Touristen ermutigen, Tansania zu besuchen und die Schönheit unseres Landes zu erleben,“ erklärte sie per Videotelefonie. Zudem kündigte die Ministerin an, dass Tansania bereit sei, Verhandlungen über die Rückgabe von Kulturgütern und menschlichen Überresten aus der Kolonialzeit aufzunehmen. Ein entsprechendes Verhandlungskomitee sei bereits eingerichtet worden.
Ein Perspektivenwechsel in der Museumslandschaft
Dr. Noel Lwoga, Generaldirektor des Nationalmuseums von Tansania, erläuterte, dass die Ausstellung darauf abzielt, die tansanische Geschichte aus einer tansanischen Perspektive zu präsentieren. Von der Konzeption bis zur Installation sei darauf geachtet worden, die Gemeinschaften des Landes authentisch darzustellen.
Professor Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor des Humboldt Forums, betonte, dass die Ausstellung als Plattform für unterschiedliche Narrative diene und einen Wandel in der Darstellung kolonialer Geschichte vorantreibe. „Es geht nicht um eine einzige Geschichte, sondern um einen Raum, in dem verschiedene Kulturen und ihre Erzählungen gefeiert werden,“ sagte Dorgerloh.
Ein Zeichen für die Zukunft
Die Ausstellung, die von hochrangigen Vertretern Tansanias, darunter Botschafter Hassan Iddi Mwamweta, sowie von tansanischen Häuptlingen und Gemeinschaftsvertretern besucht wurde, symbolisiert eine wachsende Bereitschaft, die Vergangenheit gemeinsam aufzuarbeiten. Sie zeigt, wie kulturelle Zusammenarbeit zur Heilung historischer Wunden und zur Förderung gegenseitigen Respekts beitragen kann.