In Ouagadougou hat eine Delegation von Menschen afrikanischer Abstammung das Thomas-Sankara-Mausoleum besucht. Der Termin ist Teil eines zweiwöchigen Programms, das vom Institut für die Entwicklung der afrikanischen Diaspora (ADDI) organisiert wird. Ziel der Reise ist es, das politische und gesellschaftliche Vermächtnis des burkinischen Revolutionsführers Thomas Sankara zu reflektieren und historische Bezüge zur Gegenwart herzustellen. Nach Angaben der Organisatoren steht der Besuch für ein erneuertes Interesse an panafrikanischen Ideen, das im öffentlichen Diskurs des Landes eine sichtbare Rolle spielt.
Wie die Agence d’Information du Burkina (AIB) berichtet, verweisen die Initiatoren auf Werte wie Integrität, Würde und Souveränität, die Sankara prägte und die im aktuellen politischen Selbstverständnis des Landes eine Referenz darstellen.
Programm und Beteiligte
Die Delegation umfasst nach Regierungsangaben mehrere Hundert Teilnehmende aus den Vereinigten Staaten und weiteren Herkunftsländern. Für den Zeitraum bis zum 8. November sind Gespräche mit staatlichen Stellen, Begegnungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, thematische Panels sowie Besuche von historischen Stätten vorgesehen. Neben dem Mausoleum zählen hierzu weitere Orte, die mit der politischen Geschichte Burkinas verknüpft sind.
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— M.PORGO (@rafayaporgo) October 26, 2025
🛑 Visite des Afro-descendants au Burkina Faso : un retour symbolique en terre ancestrale de près de 700 Afrodescendants
Ce grand retour au Burkina Faso s’inscrit dans la volonté des communautés des Afrodescendants de renouer avec les racines africaines. pic.twitter.com/cPSGrJAOUn
Das Außenministerium koordiniert einzelne Programmpunkte mit Blick auf Sicherheit, Logistik und Protokoll. Zuständig ist das Ressort für Auswärtige Angelegenheiten, regionale Kooperation und im Ausland lebende Burkinaberinnen und Burkinaber. Der Aufenthalt der Delegation wird als Anlass genutzt, um Austauschformate zwischen staatlichen Akteuren und zivilgesellschaftlichen Gruppen der Diaspora zu strukturieren.
Stimmen aus Delegation und Regierung

Aus der Delegation wurden bei dem Besuch am Mausoleum mehrere Einschätzungen öffentlich. Der US-Wissenschaftler Robert T. Jackson betonte die Symbolkraft des Ortes und verwies auf Sankaras Rolle als Revolutionär.
Ein weiterer Teilnehmer, Ade Tima, hob den nach seiner Darstellung starken Erinnerungsimpuls hervor, der mit der Auseinandersetzung am Mausoleum verbunden sei. Beide Stimmen ordnen den Besuch in einen größeren Diskurs über politische Selbstbestimmung und gesellschaftliche Verantwortung ein.
Der burkinische Außenminister Karamoko Jean Marie Traoré stellte den Empfang der Delegation in einen historischen Kontext. In seinen Ausführungen unterstrich er die Bedeutung der Diaspora für ein erneuertes panafrikanisches Denken mit dem Anspruch, überlieferte Bindungen zu reaktivieren. Die Darstellung des Ministeriums verortet die Reise als Ausdruck eines fortdauernden Bezugs auf gemeinsame Geschichte und geteilte Erinnerung. Zugleich wird auf die Linie der Staatsführung verwiesen, die Kooperation an der Schnittstelle von Kultur, Politik und Entwicklung zu betonen.
Die Präsidentin des ADDI, Arikana Chihombori, knüpfte an diese Perspektive an. Nach Angaben der Organisatoren versteht das Institut die Reise als Zeichen der Solidarität mit der Bevölkerung des Gastlandes. Formulierungen zu Selbstbehauptung, Eigenständigkeit und widerstandsfähiger Entwicklung bilden den argumentativen Rahmen, in dem die Delegation ihre Position erläutert. Damit korrespondiert der programmatische Bezug auf Sankaras politisches Erbe, das in den Ankündigungen ausdrücklich genannt wird.
Historischer Bezug: Sankara-Erbe und Gegenwartsbezug

Das Mausoleum erinnert an Thomas Sankara, der von 1983 bis 1987 Staatsoberhaupt war und mit reformorientierten und antikolonial ausgerichteten Programmen die politische Debatte prägte. In der kollektiven Erinnerung steht Sankara für eine Politik, die auf institutionelle Erneuerung, soziale Mobilisierung und internationale Eigenständigkeit setzte. Die Delegation knüpft an diesen Deutungsrahmen an, ohne programmatische Forderungen an die aktuelle Politik zu formulieren. Im Mittelpunkt stehen Gedenken, historische Einordnung und die Auseinandersetzung mit Symbolen nationaler Identität.
Die Regierung wiederum verortet die Reise in einer außenpolitischen Erzählung, die das Verhältnis von Staat, Bevölkerung und Diaspora neu akzentuieren soll. Dieser Ansatz spiegelt sich in der Ansprache des Außenministers, der die Anwesenheit von Menschen afrikanischer Abstammung als Rückbindung an eine geteilte Geschichte interpretiert. Die offizielle Darstellung verbindet Erinnerungspolitik mit der Erwartung, dass kulturelle und soziale Netzwerke der Diaspora Impulse für Wissenstransfer, Austausch und internationale Sichtbarkeit liefern.
Struktur des Aufenthalts
Das Programm der Delegation kombiniert symbolische Orte, Dialogformate und Begegnungen. Vorgesehen sind:
- thematische Konferenzen zur vorkolonialen Geschichte und zu gesellschaftlichen Transformationsprozessen
- Panels mit Vertreterinnen und Vertretern staatlicher und zivilgesellschaftlicher Institutionen
- Besuche an historischen Stätten der Hauptstadtregion
- Gespräche mit Akteuren, die die jüngere politische Entwicklung im Land aus verschiedenen Perspektiven begleitet haben
Die Auswahl der Formate zielt auf eine breite inhaltliche Abdeckung. Erinnerungskultur, politische Bildung, Rolle der Diaspora in transnationalen Netzwerken sowie Fragen kultureller Repräsentation stehen im Vordergrund. Aus Sicht der Organisatoren soll die Begegnung zwischen Delegation und lokalen Gesprächspartnern die Vielfalt dieser Themen sichtbar machen.
Einordnung im regionalen und diasporapolitischen Kontext
Reisen von Diaspora-Gruppen in westafrikanische Staaten folgen unterschiedlichen Zielsetzungen. Sie reichen von genealogisch motivierten „Return-Trips“ über historische Bildungsreisen bis zu politischen Dialogprojekten. Im vorliegenden Fall beschreibt ADDI die Reise als Kombination aus Gedenken, Wissensvermittlung und strukturierter Begegnung. Dabei ist der Bezug auf Sankaras Person zentral, da sein politisches Vermächtnis in der Region symbolhaft für Reform, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Mobilisierung steht.
Die Kommunikation staatlicher Stellen setzt den Akzent auf Anerkennung gemeinsamer Geschichte und auf die Rolle von Menschen afrikanischer Abstammung als Teil eines globalen Netzwerks. Für Burkina Faso verbinden sich damit kulturpolitische und diplomatische Aspekte, die den Austausch mit diasporischen Communities in institutionelle Bahnen lenken. Der Besuch am Mausoleum fungiert in diesem Rahmen als sichtbares Zeichen der historischen Bezugnahme, während die begleitenden Dialogformate Inhalte vermitteln, die über reine Symbolik hinausgehen.
Ausblick des Programms im Zeitplan der Reise
Der Zeitplan sieht bis Anfang November weitere Termine vor. Dazu zählen vertiefende Konferenzen und zusätzliche Besuche von Erinnerungsorten. Ergänzend sind Treffen mit staatlichen Stellen angekündigt, die organisatorische und kulturpolitische Fragen betreffen. Die Delegation plant, Eindrücke und Inhalte in eigenen Formaten zu dokumentieren. Der Fokus liegt auf der strukturierten Darstellung von Geschichte, Erinnerung und gesellschaftlicher Entwicklung in Burkina Faso.